Phantastisch-lesen unterwegs Teil 2 – Ins Paradies und zurück

Neuseeland von unten und oben

“It’s a dangerous business, Frodo, going out of your door,“ he used to say. „You step into the Road, and if you don’t keep your feet, there is no knowing where you might be swept off to. Do you realize that this is the very path that goes through Mirkwood, and that if you let it, it might take you to the Lonely Mountain or even further and to worse places?”
― J.R.R. Tolkien, The Fellowship of the Ring

Unsere Reise ins Paradies liegt leider schon 3 Monate zurück, es ist also höchste Zeit für einen kleinen Rückblick. Da wir nach 2009 das zweite Mal in Neuseeland waren, haben wir dieses Jahr eine eher untypische Reise unternommen. Wir waren ab Mitte März im Süden der Südinsel unterwegs, mit dem Mietwagen, und ab Anfang April im Norden der Nordinsel im Camper. Dadurch war unsere Reise sehr kontrastreich. Im Süden war es bereits Frühherbst, im Norden noch sehr sommerlich. Zudem ist uns dieses Mal besonders aufgefallen, wie unterschiedlich die Inseln landschaftlich sind.

Köln – Christchurch

Christchurch Regent Street © Eva Bergschneider
Christchurch © Eva Bergschneider

Der ICE und zwei Singapore Airlines Flüge brachten uns von Köln nach Christchurch. Die Stadt hatten wir bereits 2009 kennen und schätzen gelernt. Schöne, viktorianische Häuser und Gebäude aus den 70er und 80er Jahren sorgten für eine ausgewogene Mischung aus Gemütlichkeit und Moderne. Seitdem haben in den Jahren 2010 und 2011 zwei Erdbeben große Teile der Stadt verwüstet und so waren wir vom ersten Anblick Christchurchs schockiert. Die viktorianischen Häuser einschließlich der Kathedrale in Trümmern, die Häuser aus dem ausgehenden 20. Jahrhundert stehen noch, allerdings leergeräumt und unbewohnt. Christchurch wirkte auf uns wie eine Geisterstadt. Auf den zweiten Blick entdeckten wir allerdings, wie viel seit den Erdbeben bereits an Aufbauarbeit geleistet wurde: neue Hochhäuser, mit Gleitlagern in verwinkelten Verstrebungen verbaut. Dazu unzählige Gapfiller, kleine Kunstwerke wie Statuen und Street Art. Die Stadt lebt wieder auf und ist in Zukunft hoffentlich besser für Erdbeben gerüstet.

Lake Tekapo – Mount Cook – Queenstown

Queenstown© Eva Bergschneider
Queenstown© Eva Bergschneider

Wir wollten eigentlich das Observatorium am Lake Tekapo besuchen, doch die bezahlbaren Führungen waren leider schon ausgebucht. So haben wir es bei einem Cappuccino im kleinen Café der Sternenwarte und einem Spaziergang belassen. Der See erstrahlt in hellem türkisblau und ist allein deswegen schon sehenswert. Unsere gemütliche Unterkunft lag im eher unscheinbaren Twizel und unser Gastgeber gab uns den Tipp, den Mount Cook zu besuchen. So stand für den nächsten Tag die Wanderung im Hooker Valley auf dem Programm und bescherte uns ein erstes Outdoor-Highlight. Abends ging es dann nach Queenstown, wo wir ein wenig durch die Stadt bummeln und Burger und Craft-Bier genießen konnten.

Te Anau – Milford Sound

Milford Sound © Eva Bergschneider
Milford Sound © Eva Bergschneider

In Te Anau wohnten wir in einer Cabin auf dem Top Ten Campingplatz. In der Nähe führt der Kepler-Track vorbei, den wir ein Stück wanderten. Am nächsten Tag fuhren zum Milford Sound. Die Bootstour war trotz des bewölkten Wetters ein weiteres Highlight, die wunderschönen Fjorde und Wasserfälle ein echtes Erlebnis. Im anschließendem Besuch des Underwater Observatory lernten wir weiße Schwarzkorallen kennen und alles über die Besonderheiten dieser Naturschönheit. Am Nachmittag wanderten wir ein Stück Routeburn Track, eineinhalb Stunden bergauf zum Key Summit. Die Aussicht war trotz dichten Nebels (oder gerade deswegen?) beeindruckend und schön.

Steward Island – Ulva Island

Oban Steward Island © Eva Bergschneider
Oban Steward Island © Eva Bergschneider

Von Bluff an der Südspitze Neuseelands ging es per Speed Ferry nach Oban auf Steward Island. Dort kamen wir im Seaside Hotel, zugleich Restaurant, Billard-Kneipe und Schnapsladen, in einem Lodge unter. Nach dem Besuch im Touri-Center beschlossen wir, dass wir einen Ausflug zum Vogelparadies Ulva-Island machen würden, einer vorgelagerten, kleinen Insel, die akribisch von Nagern freigehalten wird und deshalb die Heimat von vielerlei Vogelarten ist. Ein Wassertaxi fuhr uns herüber, betrieben von einer jungen deutschen Familie, die ihren Auswanderertraum wahr gemacht hat. Angeblich gibt es auf der Insel auch die berühmten Kiwis, doch leider versteckten die sich vor den Touristen. Dafür beobachteten und fotografierten wir zahlreiche andere Vögel: Kākās, New Zealand Robins, Kākārikis, Wood Pigeons, Tuis und jede Menge Wekas. Nach dem Ausflug besuchten uns zwei Kākās an unserem Lodge und randalierten lautstark auf dem Dach.

Die Catlins im Regen

Nugget Point © Eva Bergschneider
Nugget Point © Eva Bergschneider

Die Catlins, eine wunderschöne Hügellandschaft im Südosten, sind ein Geheimtipp und bisher touristisch noch recht wenig erschlossen. Über Schotterstraßen und durch Regen quälte sich unser Mietwagen durch die grüne Landschaft zum idyllischen Farmstay B&B, vielleicht die schönste Unterkunft, die wir hatten. Am Anreisetag besuchten wir ein paar Sehenswürdigkeiten (u.a. Cathedral Cave), denn das Wetter war einfach zu schlecht für eine Wanderung. Triefnass kamen wir im B&B an, wo man uns vor dem flackernden Kaminfeuer mit Scones und Tee empfing. Am nächsten Tag klarte es zum Glück auf und wir konnten die Waipapa- und Nugget Point Leuchttürme besuchen.

Dunedin und Otago-Peninsula

Dunedin © Eva Bergschneider
Dunedin © Eva Bergschneider

Die Stadt Dunedin und Otago-Peninsula waren die letzten Stationen auf unserer Reise durch den tiefen Süden Neuseelands und zugleich die schönsten. Dunedin ist eine bergige Stadt (hier gibt es angeblich die steilste Straße der Welt) und dem schottischen Edinburgh nachempfunden. Der gregorianische Baustil prägt einerseits die Stadt, andererseits eine Fülle origineller Street Art, die dem Stadtbild ein urbanes Flair verleiht. In der Touristen-Information am Oktagon erhielten wir eine Karte mit über 20 tollen Street Art Kunstwerken und sind jedes einzelne abgelaufen.
Am nächsten Tag nahmen wir an der Elm Wildlife Tour auf der Otago-Halbinsel teil, einer wahrhaftigen Safari durch die besondere Tierwelt Neuseelands. Zuerst fuhren wir im Kleinbus zur Albatros Station am Cap und nach einer kurzen Wartezeit segelten die riesigen Vögel über uns hinweg. Danach ging es weiter zum Schutzgebiet am Strand, wo wir Hooker Sea Lions, Gelbaugenpinguine und Pelzrobben ganz nah in freier Wildbahn bewundern durften. Einen unvergesslichen Anblick bieten die Pinguine, wenn sie aus dem Meer kommen und den Berg zu ihren Bruthöhlen hochwatscheln. Diese Tour ist wirklich ein besonderes Highlight und jeden einzelnen der 115 NZL Dollar wert.

Im Camper von Auckland nach Hobbingen

Hobbingen © Eva Bergschneider
Hobbingen © Eva Bergschneider

Wir fuhren zurück nach Christchurch, um von dort aus nach Auckland zu fliegen. Dass wir nicht von Dunedin aus geflogen sind und dadurch die Möglichkeit gehabt hätten, noch einen Tag länger in der schönen Stadt zu verbringen, verbuche ich als einzigen gravierenden Planungsfehler.
Am Flughafen Auckland gesellte sich unsere Tochter zu uns und von nun an ging es zu Dritt weiter. Nach zwei Tagen mit sommerlichem Bummeln und Sightseeing in Auckland fuhren wir im Camper nach Matamata, zum Hobbiton Movie Set. Wir hatten die letzte Abendtour und für die Übernachtung einen sehr einfachen Campground in der Nähe gebucht. 2009 war vom „Herr der Ringe“ Filmset nur wenig übrig geblieben, eine Handvoll schmuckloser Löcher, ein paar Schautafeln mit Fotos, auf denen das Filmset gezeigt wurde. Nach dem Dreh der „Hobbit“ Filme hat man das Set komplett stehen lassen und pflegt es liebevoll. Wir bewunderten die bunt gestrichenen Türen zu den Hobbit-Wohnhöhlen und die wunderschönen Gärten mit vielfältigen Blumen, Kräutern und Gemüsearten, mit großen, reifen Kürbissen. Und wir kehrten im Gasthaus „The Green Dragon“ ein und genossen ein Met, das im Tour Preis enthalten war. Unsere Tourguide erzählte über lustige Begebenheiten rund um das Filmset und Peter Jackson und so war dieser Ausflug nach Hobbingen ein weiteres unvergessliches Reisehighlight.

Coromandel Peninsula

Cathedral Cove © Eva Bergschneider
Cathedral Cove © Eva Bergschneider

Die Coromandel Halbinsel stand als nächstes auf dem Reiseplan. Unser erster Campingplatz lag wunderschön direkt am Meer, der zweite recht zentral in Coromandel Town. Wir wanderten nördlich von Hahei am Mercury Bay zum Cathedral Cove, ein schöner Strand mit beeindruckenden Sandsteinformationen. Am nächsten Tag wanderten wir bei etwas bedecktem Wetter auf dem Harray Track, der mitten durch einen Bach verläuft. Da wir keine Gummistiefel trugen, waren durchnässte Schuhe nicht zu vermeiden. Und weil uns die Gegend so gut gefiel, hängten wir noch einen Tag dran und buchten eine Tour bei Coromandel Adventures. Willie fuhr uns mit seinem Kleinbus an die Nordspitze der Halbinsel (mit dem Camper wären wir NIEMALS dorthin gekommen) und von dort führte uns der Weg von Port Jackson nach Port Charles, an wunderschönen Ausblicken vorbei zu einsamen Buchten und paradiesischen Stränden. Es war die schönste Wanderung des ganzen Urlaubs.

Russel – Bay of Islands

Russel © Eva Bergschneider
Russel © Eva Bergschneider

Die Stadt Russel liegt etwas entlegen im Norden der Landzunge nördlich von Auckland und ist mit einer Fähre von Pahia aus erreichbar. Die kleine Stadt entpuppte sich als Glücksfall, denn der Campground liegt am Hang und bietet einen grandiosen Ausblick auf die Bucht. Natürlich machten wir die Bay of Island Bootstour mit einem gutgelaunten Captain, der ständig lustige Anekdoten erzählte, die Schönheit der Bucht und Inseln pries und sich ironisch darüber ausließ, was für einen harten Job er doch hätte. Vom Boot aus konnte man im Meer schwimmen und sich mit einem Netz durch Wasser ziehen lassen – unser Abenteuerhighlight. Am nächsten Tag besuchten wir Waitangi, den Ort, wo der „Treaty of Waitangi“ unterzeichnet wurde, ein Vertrag zwischen 45 Māori-Chiefs und der britischen Krone. Wir wanderten zu den Haruru Falls und ärgerten uns, mein Teleobjektiv nicht mitgenommen zu haben. Denn in den Bäumen waren Cormoran – Nester zu sehen mit kleinen Vögeln, die um Futter bettelten.

Waipoura Forrest – die letzte Heimat der Kauri Bäume

Kauri © Eva Bergschneider
Kauri © Eva Bergschneider

Einst war Neuseeland überzogen mit Kauri-Wäldern, mit mächtigen Laubbäumen (die anscheinend zur Familie der Kiefern gehören), deren Stamm bis zu 30 Meter Umfang haben konnte. Die Kauris wurden gefällt, da ihr Holz wenige Astlöcher aufweist und sich daher extrem gut zu allem, was aus Holz gefertigt wurde, verarbeiten ließ. Die letzten dieser schönen, mächtigen Bäume stehen im Waipoura-Forrest, werden mit allen Mitteln vom Department of Conservation DOC geschützt und sind trotzdem vom Aussterben bedroht. Besucher des Waldes müssen ihre Schuhe reinigen und mit Anti-Pilz Lösung besprühen, da eine Pilzkrankheit droht, die letzten Kauri zu vernichten. Am Kauri Coast Top Ten Holiday Park unternahmen wir den letzten Versuch, Kiwis zu sehen. Auf einer zweistündigen, geführten Tour ging es durch den stockfinsteren Wald, mit einer Rotlicht-Taschenlampe für die gesamte Gruppe. Der Guide hatte viel Interessantes über die Wälder und die Natur zu erzählen, zeigte uns Wetas und Aale, aber leider ließ sich kein Kiwi blicken. Ein Kiwi-Weibchen soll einmal gerufen haben.
Auf der Rückfahrt nach Auckland hatte unser Camper einen platten Reifen. Die Tochter musste per Taxi zum Flughafen, denn ihr Flieger hob gegen Mittag ab. Mein Ehemann und ich hatten noch ein Wochenende in Shanghai eingeplant und flogen erst gegen Abend nach China. Daher waren die vier Stunden Wartezeit auf den richtigen Monteur kein großes Problem.

Was ist so toll an Neuseeland?

Urwald in Neuseeland © Eva Bergschneider
Urwald in Neuseeland © Eva Bergschneider

Für Europäer ist das Kennenlernen der Maori-Kultur und die Historie interessant, jedoch überwiegt die britische Kultur bei weitem. Kulinarisch hat Neuseeland englisches Essen, allerdings auch eine breite Palette asiatischer Küche zu bieten, was eine faszinierende Mischung ist. Der Grund, warum man nach Neuseeland fliegt, liegt jedoch in erster Linie in den vielfältig faszinierenden Landschaften begründet. Auf den ersten Blick betrachtet scheinen sie den europäischen zu ähneln und auch darin liegt etwas Besonderes. Denn Bergpanoramen und karibische Strände sind oft nur eine halbe Autostunde voneinander entfernt. In Neuseeland findet man landschaftlich sowohl Norwegen, als auch Südfrankreich wieder, von subtropisch bis alpin. Auf den zweiten Blick entdeckt man, dass die Natur hier sehr eigene und eigenwillige Wege gegangen ist. Die Kauri-Bäume und Kiwis sind nur zwei Beispiele von etlichen Pflanzen und Tieren, die es ausschließlich auf Neuseeland gibt und die ganz spezielle, Neuseeland typische Besonderheiten aufweisen.

Die Neuseeländer muss man einfach gern haben.

Mount Cook © Eva Bergschneider
Mount Cook © Eva Bergschneider

Alle Neuseeländer, die wir trafen, waren nett, hilfsbereit und stets gut gelaunt. Sicherlich gehört Freundlichkeit zum Tourismus-Business dazu, es galt aber auch für jeden Angestellten im Supermarkt, für jeden Menschen auf der Straße, den wir um Auskunft baten und auch für den Monteur, der den Camper wieder flott gemacht hat. Ich glaube wir sind in Deutschland gut beraten, wenn wir uns ein wenig von der positiven Lebenseinstellung und Lässigkeit der Neuseeländer abzuschauen. Und als Biertrinker kommt man in Neuseeland ebenfalls auf seine Kosten. Nirgendwo sonst habe ich ein so breit gefächertes Angebot an Craft-Bier gesehen. Das wurde bereits bei Singapore Airlines zum Abendessen serviert und hat schon auf dem Hinflug super geschmeckt.

Wir verbrachten vier traumhafte Wochen in Neuseeland. Abgesehen von dem verschenkten Tag, als wir nach Christchurch zurückgefahren sind, um nach Auckland zu fliegen, würde ich alles wieder so planen. Die Tour auf der Südinsel haben wir bei Erlebe Fernreisen gebucht, was eine goldrichtige Entscheidung war. Wir sind nicht nur mit schönen Unterkünften und zwei wunderbaren Touren (Milford Sound und Elm Wildlife Tour) versorgt worden, sondern auch mit viel viel Informationsmaterial über mögliche Aktivitäten und Sehenswürdigkeiten. Den Camper, mit dem wir die Nordinsel bereist haben, würden wir beim nächsten Mal vielleicht eine Nummer kleiner nehmen. Es war nicht immer leicht damit, auf den zum Teil nicht befestigten Straßen im Norden zu fahren. Sonst war alles perfekt und wir haben Land und Leute tief in unser Herz geschlossen. Wohin mich das Leben auch führen wird, Neuseeland wird immer mein persönliches Paradies bleiben.

Eva Bergschneider

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