„Das Lied von Eis und Feuer“ – ein grandioses, aber unvollendetes Epos
Es war im Frühling 2002 als ich das erste Mal mit der Buchserie „Das Lied von Eis und Feuer“ von George R.R. Martin in Berührung kam. Eine Freundin hatte mir die Bücher empfohlen. Ich kaufte den ersten Band dieser schrecklich schönen Ausgaben von Blanvalet. Als ich mich die Grippewelle erwischte, fing ich an, „Die Herren von Winterfell“ zu lesen. Die Grippe ging, doch dafür hatte mich nun der „Eis und Feuer“ Virus infiziert. Ich las weiter bis Band 5 „Sturm der Schwerter“ und zum Glück erschien Band 6 „Die Königin der Drachen“ schon im Sommer 2002.
Dann galt es zu warten. Und zu warten.
Vier lange Jahre dauerte es, bis die weitere Fortsetzung erschien. Hätte ich die englischsprachigen Originale gelesen, dann wäre ich bereits 2005 in den Genuss der Fortsetzung „A Feast of Crows“ gekommen. Doch inzwischen hatte ich bei der Krimi-Couch als Rezensentin angefangen und daher herrschte kein Mangel an Büchern, zudem trat in meiner Lesezeit die Fantasy etwas in den Hintergrund. Ich hatte den Bezug zu „Das Lied von Eis und Feuer“ irgendwie verloren. Dabei hatte ich mich zwischendurch sogar im deutschen Eis und Feuer Fanforum angemeldet, die haben mich allerdings aufgrund mangelnder Aktivität wieder herausgeworfen. Als der siebte deutschsprachige Band „Zeit der Krähen“ dann endlich im Juni 2016 erschien, nahm ich den Faden wieder auf und las das Buch mit Vergnügen. Doch es sollte trotzdem der letzte „Eis und Feuer“ Band sein, den ich bis heute lesen würde. Die Handlung war jetzt auf die Schauplätze im Norden und im Süden von Westeros aufgeteilt, in „Zeit der Krähen“ blieben die Geschehnisse im Norden außen vor. Ich bin wohl ein zu ungeduldiger Leser für diese langmütige Erzählweise George R. R. Martins. Zudem war damals schon abzusehen, dass die Reihe vielleicht niemals beendet werden würde. Ich wollte meine Lesezeit nicht in eine Geschichte investieren, deren Ende ich wahrscheinlich nie erfahren würde.
„Game of Thrones“ – das TV-Erlebnis
Als die Verfilmung von „Das Lied von Eis und Feuer“ unter dem Originaltitel „Game of Thrones“ angekündigt wurde, sprang der Funke der Begeisterung wieder über. Lediglich auf die „Der Herr der Ringe“ Filme von Peter Jackson habe ich mich noch mehr gefreut. Die ersten Staffeln habe ich gleich mehrfach gesehen, auf Englisch und auf Deutsch. Ich war fasziniert von der Intensität der Bilder in den Landschaftsaufnahmen und Handlungsequenzen, der schonungslosen Art der Darstellung, der exzellenten Auswahl der Darsteller.
Sex in „Game of Thrones“
Ich muss allerdings zugeben, dass der Anteil an Sex und Vergewaltigungsszenen für meinen Geschmack in den ersten Staffeln einen zu breiten Raum einnahm. Der zweifellos vorhandene Sexismus traf Männer und Frauen gleichermaßen. Für diese Szenen war zwar zumeist ein sinnvoller Kontext gegeben, doch der Sex war zu vordergründig platziert und drängte andere, weitaus interessantere Teile der Handlung in den Hintergrund. Die zweite Staffel habe ich unter anderem in einer Wochenend-Ausstrahlung bei RTL2 gesehen. Aufgrund der frühen Sendezeit waren einige Sexszenen herausgeschnitten, diese Version hat mir besser gefallen. Zum Glück hatte man bei HBO ein Einsehen und in späteren Staffeln verzichtete man darauf, jeden Geschlechtsakt im Detail darzustellen. Besonders in Staffel 5, als Sansa den Sadisten Ramsey Bolton heiratete, war ich sehr dankbar dafür. Zum Thema Sex in der „Game of Thrones“ TV-Serie hat Tor-Online einen sehr differenzierten Artikel veröffentlicht, der sich mit dem Hintergrund zu den Szenen beschäftigt: „Die Funktion der Sexpositions in Game of Thrones“ von Simon Spiegel.
Viel rot, jedoch kein Schwarz-Weiß
Viel wichtiger ist jedoch, dass die Serie nie vorhersehbar ist, weil George R.R. Martin und HBO ihre Protagonisten nicht schonen. Das war spätestens nach dem dramatischen Tod von Sympathieträger Ned Stark am Ende der ersten Staffel klar, ihm sollten zahlreiche weitere Akteure, sympathische und unsympathische, folgen. Selten hat man in einer TV-Serie so kreative Tötungsmethoden so anschaulich zu sehen bekommen. Aber trotzdem verkommt auch die Gewalt nie zum Selbstzweck, sie gehört zur Story über Machtspiele und Krieg und zum mittelalterlichen Setting dazu. Doch es gibt auch viele gewaltlose, schöne und ausdrucksstarke Szenen in „Game of Thrones“. Zum Beispiel das Auffinden der Schattenwölfe, die Geburt von Daenerys Drachen, Jon Snows erste Liebe mit Ygritte, der Kämpferin aus dem Stamm der Wildlinge, Tyrion Lannisters genialer Auftritt vor Gericht, anrührende Szenen mit Sam und Goldy oder Brienne von Tarth und Jaime Lannister, Brans Ausflüge in den Körper eines Raben und viele mehr. Die Individualität der Figuren ist eine der größten Stärken Buchserie und auch die TV-Serie fängt die Ambivalenz mancher Charakterentwicklung schön ein. Nie zuvor hat mich eine TV-Serie so emotional mitgerissen und gefesselt, wie „Game of Thrones“.
Deshalb liebe ich die TV-Serie „Game of Thrones“ und kann Staffel 7 kaum erwarten. Es zeichnete sich bereits in Staffel 6 ab, dass die Handlung jetzt in die Zielgerade einbiegt und nun die entscheidenden Parteien das Finale ausfechten werden. Für die endgültig letzte Staffel 8 müssen die Fans wieder viel Geduld mitbringen, sie wird voraussichtlich erst 2019 ausgestrahlt.
Video © HBO
Liebe Eva
Ich muss etwa zur gleichen Zeit begonnen haben. Allerdings habe ich mich noch durch Band 9 gequält und Band 10 aber nach wenigen Kapiteln abgebrochen. Die TV-Serie habe ich noch nicht weiter als Staffel 1 geschaut, da ich mir immer den Spaß an den Büchern nicht nehmen wollte. Seit einiger Zeit aber weiß ich, dass ich auf die Serie umsteigen möchte. Im Winter dann ?
Danke für den tollen Artikel, der mich dran erinnert hat ?
Liebe Grüße,
Sandra
Liebe Sandra,
na da bin ich aber froh, dass ich mich mit Spoilern stark zurückgehalten habe. 😉 So kannst Du die anderen Staffeln noch in vollen Zügen genießen. Mir ging es halt echt so, dass mir der Zeitabstand zwischen Band 6 und 7 einfach viel zu lang war. Und die Aufteilung der Geschichten nach Norden und Süden hat mich echt genervt. Ich war immer ein großer Fan der Mauer und einfach nicht bereit, immer bis zum übernächsten Band zu warten, bis die Geschichte dort weiterging. Daher habe ich es schließlich ganz gelassen mit den Büchern. Heute glaubt ja kein Mensch mehr, dass GRRM die je zu Ende schreiben wird. Oder? Daher bin ich nun happy, dass es die Serie gibt. Ich hoffe, Du hast noch viel Spaß mit den anderen Staffeln, im Winter gucken passt ja perfekt. Liebe Grüße, Eva (*hibbelnoch30Minuten*) 🙂