Der Schädelschmied – Jens Lossau/Jens Schumacher

Stille Stollen gründen tief

Der Schädelschmied © Egmont-Lyx
Der Schädelschmied © Egmont-Lyx

„Der Schädelschmied“ ist der neue Band der IAIT-Reihe, einem schwarzhumorigen Mix aus Fantasy und klassischem Krimi. Zum dritten Mal schicken Lossau und Schumacher die beiden ungleichen Ermittler des Instituts für angewandte investigative Thaumaturgie aus, einen Mörder zu fangen. Dieses Mal in das Zwergenreich Barlyn, wo Schürfminister Borkudd mit Stahlnägeln in seinem Schädel aufgefunden wird.

Hört mal, wer da hämmert

Der Ermordete sitzt seinem Büro, einem mit massiven Riegeln abschotteten Raum 19 Stockwerke tief unter der Erde. Wie soll ein potentieller Mörder von dort entkommen sein? Vor ihm liegt ein Abschiedsbrief – war es etwa Selbstmord? Aber wie kann sich jemand selbst 36 Nägel in den Schädel hämmern?

Es ist ein klassisches „locked room“-Rätsel, mit dem es Meisterthaumaturg Hippolit und sein Mitstreiter, der Troll Jorge zu tun bekommen, doch nicht nur sie. Der Oberbefehlshaber der Barlyner Ordnungskräfte hat die besten Ermittler Sdooms angeheuert. Wer den Täter zuerst findet, erhält 1000 Goldkaunaps. Nun streiten gegen die IAIT-Ermittler: ein Meisterdetektiv nebst Assistent aus Sherlepp sowie – der Leiter der Stadtwache von Nophelet Glaxiko.

Der Wettbewerb beginnt und die Ermittler stoßen auf übermüdete Minenarbeiter und verzweifelte Zwergenfrauen. Nicht einmal seine Trinklaune macht Jorges zum Gesellen der wackeren Zwerge, denn die halten sich für die Herrenrasse. Es fehlen weder die Braunhemden noch Elitewächter in schwarzen Kutten als des Lordprotektors Eskorte. Und fast jeder des kleinen Volkes hätte einen guten Grund gehabt, den Schinder Borkudd zu ermorden.

Noch bissiger, noch zynischer

Zwei markante Markenzeichen zeichnen die IAIT-Reihe der Krimi- und Phantastik-Autoren Jens Schumacher und Jens Lossau aus; einerseits das eines klassischen Krimis in einer Fantasywelt, andererseits die Verzerrung der üblichen Klischees. Schon die titelgebenden Völker in „Der Elbenschlächter“ und „Der Orksammler“ wurden in einer Weise charakterisiert, die vom üblichen Bild erheblich abweicht. In „Der Schädelschmied“ bekommen nun die Zwerge ihr Fett weg.

Zwerge, die in Minen schuften, endlose Gänge graben, eine Stadt unter der Erde bauen, das passt durchaus zu dem, was wir bisher über sie gelesen haben. Das sie gern trinken und zünftig feiern auch. Aber dass sie dabei Lieder mit rassistischen Texten grölen, dass sie den obersten Zwergenlenker mit einem schneidigen „Heil Hindrych“ begrüßen, obwohl der sein Volk bis auf das letzte Hemd ausbeuten lässt und dass Verschwörungen und Korruption die Zwergenstadt unter Tage beherrschen, das passt nun wirklich nicht zu diesem sonst so heiteren und fleißigen Volk. Wenn dann ihr Oberpolizist noch Wymmler heißt, ist klar, dass die wackeren Zwerge für eine Naziverspottung herhalten müssen. Ein Affront also für alle Zwergenliebhaber? Nicht wirklich, denn der ein oder andere des kleinen Volkes kommt dennoch sympathisch zwergisch herüber, starrsinnig, aber auch erfinderisch und humorvoll.

Warum ändern, was sich bewährt?

Meister Hippolit und Jorge lösen diesen Mordfall im verschlossenen Raum in bekannter Manier, der eine ist das Hirn, der andere die Fäuste. Nun bietet ein „locked room mystery“ in der Fantasywelt Sdoom mehr Möglichkeiten an, als eines vom Altmeister Dickson Carr, in England zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Doch trotz möglicher thaumaturgischer Kniffe hat Hippolit eine harte Nuss zu knacken und braucht dafür wieder einmal die besonderen Fähigkeiten seines geselligen Trolls, der während eines Wetttrinkens die entscheidenden Denkanstöße liefert. Die Trollsprichworte gehen Lossau und Schumacher noch lange nicht aus, denn aus jeder beliebigen Feststellung lässt sich eines basteln. Doch manchmal scheint in Jorge ein kleiner Philosoph zu stecken, wenn er, anstatt mit den Fäusten auszuteilen, Lebensweisheiten schmiedet wie:

„Ein altes Trollsprichwort besagte: Verständnis für die Unzulänglichkeit anderer kann auch eine Form der Rache sein“.

Apropos Schmied. Der ermordete Zwerg mit dem vernagelten Schädel passt wiederum ins Bild und ist für manche Überraschung gut. Und so darf der Leser munter mitraten, wer nun wie den Nagel auf den Kopf traf. „Der Schädelschmied“ lebt in erster Linie von den herrlich skurrilen Figuren und dem bissigen Sarkasmus. Doch auch der Krimi-Plot kann sich sehen lassen. Bitte mehr davon!

Diese Rezension von mir, Eva Bergschneider, erschien bereits auf www.phantastik-couch.de

Der Schädelschmied
Meister Hippolit und Jorge, der Troll - Band 3
Jens Lossau und Jens Schumacher
Fantasy
Egmont-Lyx
2011
320

Funtastik-Faktor: 79

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