Das gefälschte Herz (Neraval-Saga 2) – Maja Ilisch

Guter Stil, zu wenig Spannung

Das gefälschte Herz © Hobbit Presse

Der seit Generationen in einer Schriftrolle gefangen gehaltene Dämon scheint entkommen zu sein und nur die zauberkräftigen Alfeyn könnten ihn mit ihren legendären Kräften besiegen. Vier Helden zogen aus, das Reich vor ihm zu retten: ein junger, intriganter Prinz, eine ebenso kluge, wie naive Zauberin, ein versoffener Fälscher und ein in den Prinzen verliebter Kämpfer. Sie wollen die legendären Alfeyn finden und um Unterstützung zu bitten.

Trotz aller Animositäten, trotz der Tatsache, dass der Prinz eine geradezu perverse Befriedigung darin fand, seine Begleiter zu manipulieren und zu verletzen, haben sie die Alfeyn gefunden. Als sie der letzten überlebenden Magierin gegenüberstehen, die vor tausend Jahren den Dämon besiegt hatte, zieht der Prinz einen Dolch und ermordet die Zauberin. Er vertuscht die unbegreifliche Tat, flieht zusammen mit seinen geschockten Gefährten und versucht immer weiter, seine dunklen Pläne voranzutreiben.

Die ihn begleitende Zauberin setzt sich ab, die beiden verbleibenden Gefährten reisen durch eines der Tore in eine Welt, in der sie zunächst auf ein versteinertes Dorf stoßen – zu dem der Prinz, oder wollen wir lieber sagen, der Dämon (?) eine persönliche Beziehung hat …

Nach innovativem Debut eine eher blasse Fortsetzung

Was war „Das gefälschte Siegel“ letztes Jahr für ein Debüt? High Fantasy, Questenfantasy noch dazu, alles ein wenig anders angelegt und ausgestaltet, als üblich. Der Roman endete mit einem Cliffhanger der besonders fiesen Art.

Nun liegt „Das gefälschte Herz“ vor, die Fortsetzung der Erlebnisse unserer vier Protagonisten. Die Handlung setzt exakt an dem Punkt an, an dem das letzte Buch endete. Allerdings hat der Verlag es versäumt, uns eine kurze Zusammenfassung des ersten Teils mit auf den Weg zu geben. Neuleser werden sich schwertun, nein sie werden der Handlung schlicht nicht folgen können, da inhaltlich auf den Auftaktband Bezug genommen wird.

Gut das erste Drittel des Romans vergeht damit, dass sich unsere Begleiter des Prinzen geschockt von dessen Tat zeigen und versuchen, einen Sinn hinter dem Mord zu finden. Der Prinz selbst macht das, was er am besten kann – er manipuliert, er intrigiert und er treibt seine dunklen Pläne voran. Das hört sich spannend an, ist es aber leider nicht. Jeder der Gefährten verfällt in dieselbe Leier. Selbst die elfenähnlichen Wesen mit ihrer faszinierenden Stadt und den besonderen magischen Kräften können hier kaum punkten.

Erst nach der erfolgreichen Flucht wird es etwas besser. Unser zum Trio geschrumpftes Team besucht eine versteinerte Stadt, in der der Dämon einst einige Zeit verbracht hat. Er zeigt sie dem Prinzen. In ihr wurde das für Dämonen und Alfeyn so zerstörerische Metall gefördert – oder ist dies nur ein Tagtraum des Prinzen? Immer deutlicher wird, dass der Prinz, der selbst ein Meister im Beeinflussen anderer ist, geführt wird. Ist es der Dämon, der ihn verführt? Oder steckt ein anderes Wesen dahinter – erst die Zukunft und der neue Cliffhanger werden es weisen.

Maja Ilisch hat handwerklich einen guten, stilistisch angenehm zu lesenden Roman vorgelegt. Allerdings hat sie, gerade verglichen mit dem ersten Teil, im ersten Drittel ein wenig vergessen zu erzählen. Hier, wie auch auf der Flucht, erwartet den Leser viel Bekanntes, Stereotypes und damit letztlich Langatmiges. Erst spät kommten wieder Faszination und ein wenig Tempo auf. Hier legt sie das Fundament für den nächsten, vielleicht die Handlung abschließenden Band.

Carsten Kuhr

Das gefälschte Herz
Neraval-Saga, Band 2
Maja Ilisch
Fantasy
Hobbit Presse
März 2020
477
Birgit Gitschier

Funtastik-Faktor: 49

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