Druide der Spiegelkrieger – Werner Karl

Römer geht nach Hause, der Druide kommt

Druide der Spiegelkrieger © Werner Karl
Druide der Spiegelkrieger © Werner Karl

Wir befinden uns im Jahre 180 n.Chr. Ganz Britannien ist von den Römern besetzt… Ganz Britannien? Ja! Doch der von unbeugsamen Cruithin bevölkerte Norden der Insel fängt an, dem Eindringling Widerstand zu leisten.
Es gibt Ähnlichkeiten zwischen den „Asterix und Obelix“ Heften und dem Roman „Druide der Spiegelkrieger“. In beiden Geschichten lehnt sich ein kleines, einfaches Volk gegen die mächtige römische Besatzung auf, in beiden Geschichten kommt den Fähigkeiten der Druiden und ihren magischen Tränken eine entscheidende Bedeutung zu.
Das war es allerdings auch schon. Anstatt heiter und witzig, wie die Comics von Uderzo und Goscinny ist Werner Karls „Druide der Spiegelkrieger“ eher ernst, düster und blutig.

Der zwölfjährige Túan mac Ruith streift gerade durch den Wald, als die Römer sein Dorf und seinen Clan vollständig auslöschen. Bevor der Junge dem Grauen entgegengeht, das ihn in seinem Heimatort erwartet, kann er noch einen Blick auf den Anführer des Massakers und dessen besonderes Merkmal werfen. Es ist Centurio Trebius Servantus, der Mann mit dem dritten Auge, einem Muttermal auf der Stirn. Túan schwört ihm Rache.

Zwölf Jahre später auf einem Schlachtfeld auf dem sich Römer und Pikten nichts geschenkt haben und der Tod eine reiche Ernte eingefahren hat; die Römerin Lucia und ihre Leibsklavin Inga suchen nach Verletzten. Ein verhüllter Pikte begegnet ihnen, er untersucht ebenfalls die Körper der Gefallenen. Doch anstatt die verletzten Kämpfer seiner Leute zu bergen, erdolcht er sie und träufelt er ihnen anschließend eine Flüssigkeit in den Mund.

Túan mac Ruith hat die Druidenkunst von seinem Meister Kennaigh gelernt. Als dieser stirbt, hinterlässt er seinem Schüler eine Prüfung und ein Geheimnis, mit dem die Cruithin vielleicht eine Chance haben, ihre Freiheit wiederzuerlangen. Zudem begegnet ihm die Liebe seines Lebens, die jedoch zugleich seine Feindin ist. Doch die Zeiten ändern sich. Bündnisse, die eigentlich undenkbar erschienen, werden geschmiedet und eine Armee tritt aus den schottischen Wäldern, die es erst recht nicht geben dürfte.

Fantasy meets Historie – eine spannende Begegnung

Sicherlich sind viele Magier in der Fantasy-Literatur dem Bild des Druiden nachempfunden, doch nur recht wenige Romane verwenden bewusst Elemente aus der keltischen Mythologie. Mir fallen spontan nur „Der eiserne Druide“ von Kevin Hearne und die „Druidenchronik“ von Andreas Saumweber ein. Das römische Reich kommt noch seltener in der Fantasy vor. Die „Codex Alera“ Reihe von Jim Butcher spielt in einem Land, das einst von römischen Legionären besiedelt wurde. Deutlicher an die Geschichte des römischen Reichs angelehnt ist der Science-Fiction Roman „Imperator“ von Stephen Baxter.
Der Self-Publisher Werner Karl hatte den Mut, das römische Reich und die keltische Mythologie in einem Fantasy-Abenteuer zu vereinen. Sein Fantasy-Epos um die „Spiegelkrieger“ spielt zur Zeit der römischen Besetzung Britanniens in Schottland und stellt die Mythologie und Kunst der Druiden in den Mittelpunkt.

„Druide der Spiegelkrieger“ wäre kein Fantasy-Roman, hätte der Autor seine Handlung überwiegend an die Historie angelehnt. Historisch sind der Schauplatz am Hadrianswall und die Zeit der römischen Besatzung, die Personen, Schlachten und weiteren Geschehnisse sind jedoch fiktiv. Es kommt bei einem historischen Hintergrund auch mehr darauf an, dass die Atmosphäre stimmt. Man möchte sich vorstellen können, dass die Römer so wie beschrieben in Britannien aufgetreten sind und gekämpft haben. Und das gelingt dem Autor. Werner Karl beschreibt die die Dekadenz in den wohlhabenden römischen Haushalten, die Hierarchie und die unerbittliche Disziplin in der römischen Armee, die Macht der Garnisonen, ihre Grausamkeit und Überlegenheit im Kampf äußerst anschaulich.
Auch die Lebensweise der Pikten, über die recht wenig bekannt ist, wirkt gut recherchiert und glaubwürdig. Die schroffe Schönheit der schottischen Landschaft, das einfache Leben in den Clans, die differenzierte Bildung die Túan von seinem Meister erhält, all das vermittelt dem Leser ein deutliches Bild vom Leben der Pikten.

Die Entwicklung der Charaktere ist nur zum Teil gelungen. Die Römerin Lucia macht die gravierendste Veränderung durch, wofür Werner Karl weitere gute Gründe findet, als nur die Liebe zu einem Feind. Etwas stereotyp fällt die Charakterisierung des Helden und seiner Gegner aus. Der Druiden Túan ist ein überlegener, aber auch liebenswerter Held. Jedoch hätten ihm mehr Ecken und Kanten und die ein oder andere persönliche Niederlage etwas greifbarer gemacht. Ähnlich einseitig ist die Darstellung der Römer. Sie sind eindeutig die Unsympathen, die sich wie typische grausame Eroberer aufführen. Immerhin gibt es neben der Protagonistin Lucia eine weitere interessante Ausnahme von dieser Regel.
Die Handlung des Romans ist schon aufgrund der raschen Schauplatz- und Erzählerwechsel abwechslungsreich, das Erzähltempo stets hoch. Größtenteils stimmt die handlungsinterne Logik, das Geschehen lässt sich gut nachvollziehen und man fiebert mit. Allerdings muss man in einigen Szenen dann doch schmunzeln, zum Beispiel erscheint manche Kriegslist der Pikten (Stichwort: Wespen) doch allzu weit hergeholt. Und bei einigen Wendungen und Begegnungen hat der Zufall ein sehr glückliches Händchen.

Jeder Self-Publisher ist gut beraten in ein Lektorat zu investieren, Werner Karl hat das nach eigener Aussage getan und es hat sich gelohnt. Man findet hier und da ein paar Fehler, aber kaum mehr, als in Verlagspublikationen. Etwas arg übertrieben hat es der Autor mit dem Gebrauch von Gedankenstrichen zur Trennung von Satzteilen, in den meisten Fällen wäre ein normales Komma dem Lesefluss dienlicher gewesen. Des Weiteren trieft zuweilen etwas zu viel Pathos aus den Zeilen und manche Szene wirkt übertrieben martialisch. Im Finale spart der Autor nicht mit Action und dramatischen Wendungen, das Handlungstempo überschlägt sich fast. Mit dem der Cliffhänger ganz am Schluss hat der Autor den Bogen vielleicht etwas überspannt.

Insgesamt ist Werner Karls „Druide der Spiegelkrieger“ jedoch ein innovativer, gut geschriebener und vor allem spannender Fantasy-Roman mit deutlichem historischen Einschlag. Mit vielen Details über die Zeit der römischen Besatzung und der Kultur der Pikten schafft der Autor einen passenden Rahmen für sein düsteres Abenteuer. Fantasy-Lesern, die mehr über Druiden lesen möchten und ein Faible für historische Bezüge haben, sei die Trilogie der Spiegelkrieger trotz der genannten Einschränkungen empfohlen. „Druide der Spiegelkrieger“ ist der Auftaktband der Serie, auch die Fortsetzungen „Königin der Spiegelkrieger“ und „Dämon der Spiegelkrieger“ sind bereits erschienen.

Druide der Spiegelkrieger
Spiegelkrieger - Trilogie Band 1
Werner Karl
Fantasy
CreateSpace Independent Publishing Platform
Dezember 2014
488

Funtastik-Faktor: 69

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