Erlkönig – Jim Butcher

Mit Pauken und Dämonen gegen die dunklen Mächte Chicagos

Erlkönig © Feder&Schwert

Mit Unverständnis reagierte die Fangemeinde, als der Knaur Verlag die Veröffentlichung der deutsch übersetzten Harry-Dresden-Romane des amerikanischen Autors Jim Butcher einstellte – mit Freude, als der Verlag Feder & Schwert ankündigte, die „Dresden-Files“ weiter heraus zu bringen. Gut so, denn ohne Harry Dresden wäre die Urban Fantasy einer ihrer schillerndsten Figuren beraubt. Im nun erschienenen siebten Band „Erlkönig“ legt sich der respektlose Zauberer erneut mit übelsten magischen Bösewichtern an.

Totenbeschwörer greifen nach der Weltherrschaft

Ein Jahr nach den Ereignissen in „Bluthunger“ hat sich Harry noch nicht vollständig erholt, seine verbrannte linke Hand ist zwar erhalten, aber unbeweglich. Sein Halbbruder Thomas wohnt nun bei ihm. Mit der für einen Vampir lebensnotwendigen Verführungskunst führt er Harry vor Augen, was in dessen Leben fehlt. Karrin Murphy, Harrys Chefin bei der Polizei und sein uneingestandener Schwarm, vergnügt sich auch noch mit dem Killer Kincaid auf Hawaii. Und nun droht die Vampirin Mavra damit, Murphys Ansehen in den Dreck zu ziehen – oder Schlimmeres. Harrys Gemüt gerät in Aufruhr und so entschließt er sich, auf Mavras Bedingung, die Aushändigung von „Kemmlers Wort“ einzugehen, obwohl nichts Gutes dabei heraus kommen kann:

„Außer dass es mir den Geburtstag gründlich versauen würde, bedeutete das auch, dass früher oder später schwarze Magie ins Spiel kommen würde, und zu dieser Jahreszeit konnte das nur eines bedeuten. Nekromantie.“

Zu diesem Zeitpunkt weiß Harrry allerdings noch nicht, welche mächtigen und bösen Kreaturen ebenfalls die Bibel des „echten Alptraums Kemmler“, wie es sein ambivalent denkender Geistberater Bob ausdrückt, jagen. Und mit welch finsteren Absichten …

Ein liebenswert Wahnsinniger und sein feiger Freund

Was macht diese Serie um den magiebegabten Antihelden Harry Dresden eigentlich aus? Jim Butcher ist nicht der einzige Fantasyautor, der skurrile Figuren erschafft und sie in wahnwitzige Abenteuer gegen böse Kreaturen schickt. Und man könnte meinen, jedes Erfolgskonzept nutzt sich irgendwann einmal ab. Jedoch nicht das der „Dresden Files“. Die „Dresden Files“ haben sich von schrägen, phantastischen Krimis mit dem etwas anderen Columbo zu einem handfesten Horrorspektakel, bei dem die Fetzen und Gliedmaßen nur so fliegen, entwickelt. Und doch stehen nicht diese Effekte, sondern immer noch die Story im Mittelpunkt. Splatter und Action unterstreichen oder verzerren die bizarre Szenerie und sorgen für Überraschungen. Auch Harry Dresden hat sich von dem trotteligen Schnüffler zu einem mächtigen Magier entwickelt. Und dennoch steht er sich oft genug selbst im Weg, haust immer noch in einem erbärmlichen Loch und ist auf die Hilfe vermeintlich nutzloser und nicht immer wohlmeinender Helfer angewiesen.

Im „Erlkönig“ sind es Nekromanten, die Harry Dresden den Tag versauen. Sie lauern ihm ausgerechnet am Forensischen Institut, Arbeitsplatz von Waldo Butters, auf und verrichten ihr gruseliges Werk. Nun ist der wackere Leichenbeschauer und Polka-Fan ein Feigling vor jedem Herrn, und paukt dennoch im wahrsten Sinn des Wortes seinen Magierfreund aus größter Gefahr heraus. Zudem erweisen sich die verführerisch-tückische Dämonin Lasciel und ein Fellmonster auf vier Pfoten als nützliche Kampfgefährten. Doch gegen einen Feind wie den Erlkönig muss Harry noch eine weitere Monstrosität beschwören, die ganze Armeen lebender Toter in die Flucht schlagen kann.

Das ist es, was die Leser der Dresden-Files erwartet und begeistert: immer verrücktere düstere Geschichten, mit neuen oder wiederkehrenden skurrilen Figuren, die exzellent charakterisiert werden und nicht immer nur gut oder böse sind. Spaß machen aber auch immer wieder eingestreute Nebenhandlungen, die verschiedene Geschichten und Bände miteinander verknüpfen. Manchmal hätte man sich ein solches Intermezzo, wie das mit der Sidhe-Königin Mab, sogar intensiver gewünscht. Das Ganze serviert uns Butcher mit schwarzem bis schnodderigem Humor, mit dem der Ich-Erzähler Harry hauptsächlich über sich selbst lacht und den Leser ansteckt. Aber auch mit bedeutungsvollen Gedanken über Tod, Moral , Freundschaft und Verantwortung.

Dieser siebte Band der Dresden-Serie „Erlkönig“ ist ein Paradebeispiel dafür, wie man das erfolgreiche Konzept einer Urban-Fantasyserie zu bizarrem Horror weiterentwickeln und gleichzeitig an gewohnten Qualitäten festhalten kann. Und so freuen sich viele Fans der „Dresden Files“, dass noch weitere Bände in Deutsch herauskommen werden, der nächste schon im August 2011 mit dem Titel „Schuldig“.

Diese Rezension von mir, Eva Bergschneider, erschien bereits auf www.phantastik-couch.de

Erlkönig
Harry Dresden - Band 7
Jim Butcher
Fantasy
Feder&Schwert
2011
571

Funtastik-Faktor: 87%

Schreibe einen Kommentar