Arkadia (Greedy, Band 1) – Bernhard Kempen

Kurzweilig, amüsant, provokant

Arkadia - Arkadia - Bernhard Kempen © p.machinery
Arkadia © p.machinery

Adrian Ginjeet, Top-Reporter von Trash Universe, bekommt von seinem Boss den Auftrag, eine Reportage über das Leben der Menschen auf Arkadia zu schreiben. Der idyllische Planet mit Wohlfühltemperaturen gilt als langweiliges Paradies. Die Menschen dort laufen nackt und ohne jegliche Körperbehaarung herum. Über den verklemmten Erdling machen sie sich lustig. Allen voran versuchen die dicke July und die gierige Greedy, ihn zu ihrer Lebensweise zu bekehren.

Thela von der Erde zieht zu ihrer großen Liebe Frank nach Arkadia. Der Reporter findet die unverblümte Zurschaustellung von körperlicher Zuneigung mehr oder weniger anstößig und verwunderlich. Er fühlt sich sichtlich unwohl und sucht nach dem Haar in der Suppe. Das scheint er gefunden zu haben, als die tränenüberströmte Thela bei ihm vor der Tür steht.

Huhn und Ei

Bernhard Kempen hat sich im deutschsprachigen Raum einen guten Namen gemacht als Übersetzer zahlreicher SciFi-Bestseller, z.B. von William Shatner, John Scalzi und Richard Morgan. Die Diktion von „Arkadia“ erinnert in ihrer Struktur tatsächlich an Scalzi. Wobei hier die Frage nach dem Ei und dem Huhn aufkommt. Genau wie Scalzi im „Krieg der Klone“ nimmt er den Leser mit auf eine äußerst vergnügliche Reise im Außen, gleichwohl in der Seele des Protagonisten. Indem sich Adrian massiv gegen das Nacktheitsgebot zur Wehr setzt und seine schlechtesten Eigenschaften ans Tageslicht kommen, konfrontiert der Autor die Leser*innen mit heute herrschenden Meinungen, Urteilen und Vorurteilen zu den Themen Nacktsein, Sex, Inzest, Gender und Gentechnik. Doch er geht darüber hinaus, wenn er funktionierende Gemeinschaften aufzeigt, die es heutzutage so nicht gibt. Oder die in der Flower-Power-Zeit kurz aufflammten und wieder in Vergessenheit gerieten.

»Du weißt doch, dass die Leute auf der Erde hinter dem Mond leben« S. 114

Dabei weiß der Leser nie so recht, über wen sich der Autor gerade lustig macht – über die Menschen auf Arkadia oder über die Erdlinge. Das fordert die Leser*innen zu ständigem Nachdenken und Positionbeziehen heraus. Über dieses Buch wird viel diskutiert werden und es werden sich an ihm die Geister scheiden, wenn sich die Verklemmten überhaupt trauen, es in die Hand zu nehmen. Wer sich selbst als offen und freizügig erlebt, wird trotzdem klare Tabus finden, deren Bruch nicht wahr sein darf. Oder doch?

Kulturschock garantiert

Während verschiedene Fremdenführer dem Reporter Adrian den Planeten zeigen, öffnet sich dem Betrachter eine liebevoll durchdachte Welt mit 50 Shades of Green, idyllischen Seen und Bergen. Heraus stechen die Besuche von Planetarium und Universität. Wie hättet Ihr studieren können mit einem nackten Professor vor der Tafel, dessen Gemächt während seiner Erklärungen hin- und herschwingt? Kempen hat überaus gelungene Nebenfiguren erschaffen.

Keine Angst, dass es bei aller Geschlechterharmonie zu langweilig werden könnte. Als Friede, Freude, Eierkuchen auf ihrem Zenit stehen, geschieht ein Verbrechen. Die letzten Kapitel widmen sich der Aufklärung dieses Kriminalfalls.

„Wir haben nie behauptet, dass Freiheit ohne Gesetze möglich ist.“ S. 86

„Wie will ich leben?“, ist die Frage, die sich jeder zumindest zum Thema Sex, Körperbewusstsein und Gemeinschaft nach der Lektüre stellt. Und hoffentlich bekommen die Leser*innen durch den Roman ein paar Anstöße, ihren Horizont zu erweitern und möglicherweise den ein oder anderen Weg einmal auszuprobieren. Viel Spaß dabei. Selten ist es der Autorin dieser Rezension schwerer gefallen, nicht zu spoilern.

Amandara M. Schulzke, die schon gespannt auf Band Zwei „Darling“ und Band Drei „Aura“ wartet

Literatopia beschreibt und bewertet „Arkadia“ gänzlich anders, wie ihr hier nachlesen könnt.

Triggerwarnung: Sexualisierung von Kindern, Pädophilie

Arkadia
Band 1: Greedy aus dem Xenosys-Universum
Bernhard Kempen
Science Fiction (Erotik)
p.machinery
August 2020
160

Funtastik-Faktor: 88

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