KI Apokalypse
Axel Krohn hat einen Traum: Eine Insel in der Südsee, auf der er sich möglichst bald zur Ruhe setzen möchte. Um dieses Ziel zu erreichen, betreibt er ein gut gehendes Software-Haus und handelt unter seinem Hacker-Namen „AK47“ mit geheimen Daten und Programmen. Doch der letzte Deal schlägt fehl. Statt die erhofften Millionen Euro einzustreichen, steht Axel Krohn vor zwei Leichen. Alles was er aus dem Deal herausholt, ist ein geheimnisvoller Datenstick. Zuhause angekommen versucht AK47 den Stick auszulesen. Obwohl er alle möglichen Vorsichtsmaßnahmen ergreift, setzt er ein kleines Computerprogramm frei, das die Welt für immer verändern wird.
So beginnt der aktuelle SF-Thriller von Andreas Brandhorst, der sich im Kern um die Entwicklung einer sogenannten Maschinenintelligenz dreht.
Das Thema ist derzeit buchstäblich in aller Munde. Digitale Sprachassistenten wie Alexa, Siri und Google erobern gerade unsere Wohnzimmer und warten nur darauf, unseren Anweisungen Folge zu leisten. Künstliche Intelligenz soll uns in den nächsten Jahren das Autofahren abnehmen. Erst letztes Jahr hat ein von Google entwickelter Computer erstmalig einen Menschen in dem Spiel „GO“ geschlagen. Andreas Brandhorst nimmt diese Entwicklung auf und spinnt die Idee weiter:
Was passiert, wenn diese Computerintelligenz zusammen geschaltet wird und beginnt, eigenständig zu denken?
Zunächst einmal bricht das Chaos aus! Alle Computersysteme spielen verrückt und die vielen elektronischen Helfer weltweit stellen schlagartig ihren Dienst ein. Eine richtige Apokalypse, die Brandhorst als Bühne für seinen Roman verwendet.
Leider ist das was dann folgt nur durchschnittliche Krimi-Kost. Da ist natürlich die böse NSA, die Axel Krohn die Katastrophe in die Schuhe schiebt. Die junge, hübsche Aktivistin, die sich sehr schnell (nachdem Sie ihm das Leben gerettet hat) in den jungen Hacker verliebt. Der skrupellose Politiker, und der Terrorist, der hofft am Ende die Weltherrschaft an sich reißen zu können.
Es entwickelt sich eine Jagd quer durch Deutschland mit Axel Krohn als Trophäe, denn die Maschinenintelligenz will ausschließlich mit dem Hacker reden, glaubt sie doch er sei ihr Schöpfer. Schließlich endet die Reise in Rom und es kommt zum unvermeidlichen Zusammentreffen aller Protagonisten. Erst ganz zum Schluss kehrt Brandhorst wieder zu dem eigentlichen Thema zurück und lässt endlich den Computer ‚zu Wort kommen‘. Hier ist der Autor offensichtlich wieder in seinem Element und so endet der an vielen Stellen zu konventionelle Thriller dann doch überraschend und zugleich logisch.
Realistisches KI Szenario in einem durchschnittlichen Thriller
Leider verliert Brandhorst das eigentliche Thema, die erwachende Maschinenintelligenz, zu häufig zu weit aus den Augen. Die durch die Entwicklung der Computer entstehende Apokalypse dient im Grunde nur als Bühne für einen vollständig konventionellen Thriller. Schade eigentlich, denn Brandhorst hat sich wirklich Mühe gegeben, die Bedrohung realistisch aussehen zu lassen. Selbst als „Berufsnerd“ muss man anerkennen, dass das entworfene Szenario nicht unrealistisch ist. Mit viel Liebe zum Detail hat der Autor reale Zitate aus der Gegenwart z.B. von Elon Musk oder Stephen Hawking eingestreut. Und wer sich für das Thema weitergehend interessiert, erhält eine Liste von Büchern zum Thema KI. Hier unterscheidet sich der Autor wohltuend von zum Beispiel Daniel Suarez, der in seinem Roman „Daemon“ das Thema auch behandelt, darin jedoch hier und da die Bodenhaftung verliert.
DAS ERWACHEN ist ein Roman, der das Potential seiner Idee leider nicht ausschöpft. In weiten Strecken ist er nur ein Agententhriller, der so schon X-Mal geschrieben wurde. Daher vergibt der Rezensent nur 55 Punkte.
P.S.: Ich habe gerade erst gelernt, dass Andreas Brandhorst als Übersetzer arbeitet und die meisten Scheibenwelt-Romane von Terry Pratchett ins Deutsche übersetzt hat.
Das hat mir Alexa verraten… 🙂
DANKE an Gastrezensent Klaus Volmer
Science-Fiction
Piper
Oktober 2017
736
Funtastik-Faktor: 55