Im Dienst der Föderation-(Torin Kerr Bd.1) – Tanya Huff

Military Science-Fiction ohne Weltraumschlachten und mit Tiefsinn

Im Dienst der Föderation (Torin Kerr Bd1) - Tanya Huff ©Plan 9 Verlag
Im Dienst der Föderation ©Plan 9 Verlag

Torin Kerr ist Staff Sergeant der Marines Einheit Sh’quo im Dienst der Föderation. Die Föderation in Tanya Huffs „Confederation“-Serie mit vier weiteren Bänden ist, ähnlich wie in Star Trek, ein Zusammenschluss aus verschiedenartigen Völkern der Galaxis. Mit dabei humanoide Spezies wie die di Taykaner oder Krai, aber auch ein Spinnenvolk namens Mictok und weitere, wenig menschenähnliche Völker. Anders als in Star Trek handelt es sich bei dieser Föderation jedoch in erster Linie um ein Militärbündnis, um sich gegen den Feind, „die Anderen“ genannt, effektiver zur Wehr setzen zu können.

Das Echsenvolk der Silsviss soll der Föderation beitreten. Zu diesem Zweck wird Torins Einheit, gerade erst mit zahlreichen Verlusten aus einem Einsatz zurückgekehrt, als Eskorte engagiert. Sie begleiten zivile Botschafter der Föderation zum Planeten Silsvah zu Aufnahmegesprächen. Ein vermeintlich einfacher Job.

Torin hadert mit der Tatsache, dass ausgerechnet der di Taykaner, mit dem sie eine heiße Nacht verbrachte, ihr vorgesetzter Lieutenant wird. Doch beide gehen professionell miteinander um und werden ein gutes Team. Von den Silsviss wird ihnen Cri Sawyes als Verbindungsoffizier zugewiesen, der sich als hilfreich und kommunikativ erweist. Zunächst gilt es, Bankette zu besuchen und Smalltalk zu halten, was zum Kennenlernen eines Volks wenig geeignet ist. Dann schon lieber die Ausgangssperre im zugewiesenen Camp brechen und eine hiesige Bar besuchen. Nach zunächst freundlichem Kontakt kommt es dort zum Streit zwischen Marines und Silsviss Soldaten.

Die Sh’quo Einheit soll daraufhin den Standort wechseln. Mit dem Raumschiff im Tiefflug unterwegs werden sie abgeschossen. Haben etwa „die Anderen“ die Föderation auf Silsvah angegriffen? Ein Gasleck zwingt die Marines und Zivilisten zum Verlassen des Schiffs. Ausgerechnet in einem einsamen, von der Zivilisation entfernten Areal sind sie gestrandet, wo junge, männliche Silsviss ausgesetzt werden, um ihre pubertären Aggressionen im erbarmungslosen Kampf gegeneinander abzureagieren. Ihnen kommt ein Angriff auf eine Minderheit Fremder gerade recht.

Ein etwas langwieriger Einstieg

Die kanadische Autorin Tanya Huff beweist, dass Military SF anders kann, als über eine Abfolge von Weltraumschlachten zu erzählen. In der ersten Hälfte des Buchs, und damit vielleicht einen Tick zu weit ausgedehnt, geht es um die Erstkontaktsituation. Diplomaten und Soldaten der Föderation treffen auf das echsenartige Volk der Silsviss. Erzählt wird die Geschichte überwiegend aus der Perspektive der Protagonistin Torin Kerr, zuweilen auch aus Sicht eines oder einer Untergebenen aus ihrem Zug. Typisch für die Autorin ist, dass sie stets ganz nah an ihren Figuren bleibt und somit mit persönlichem Touch erzählt. So erleben wir den Kulturschock aus erster Hand. Nicht jeder und jede im Zug bezeichnet die Silsviss korrekt mit ihrem Namen, sondern sie gebrauchen den negativ konnotierten Begriff „Echsen“. Da die Truppe der Föderation ohnehin aus unterschiedlichen Völkern und Spezies besteht, gelingt die Annäherung trotzdem. Spätestens als sich die Soldat:innen beider Militärs in der Bar kennenlernen und sich aus der Föderationskompanie jemand findet, der lebende Snacks zum grünen Bier genießt.

Eine eher harmlose Rangelei führt zum Abzug der Marines und die Geschichte in eine gänzlich neue Richtung. Es kommt zur unvermeidlichen Schlacht auf dem Planeten, Föderation gegen Silsviss. Im Nachwort schreibt die Autorin, dass sich diese an die Schlacht um Rorke’s Drift im Zulu-Krieg anlehnt. Leider weiß ich nichts über diesen Teil der Historie. Doch ich vermute, dass sie die gleichen Fragen aufwirft, die sich die Protagonisten stellen: Wer trägt die Verantwortung für Entscheidungen in einer militärischen Befehlskette? Wer die Konsequenzen – im Sieg, oder bei der Niederlage? Welches Ziel rechtfertigt den Einsatz von Leben und waren diese Opfer nötig?

Eine Protagonistin mit Serienpotenzial

Torin Kerr ist deutlich als Serienheldin konzipiert und als solche absolut glaubwürdig. Sie lässt wenig Zweifel daran aufkommen, dass ihr Können in erster Linie auf Erfahrung beruht. Und auf Empathie. Sie vermag sich in ihre Kämpfer:innen genauso hineinzuversetzen, wie in einen neuen vorgesetzten Offizier. Sie redet Klartext, unterstrichen mit bissigem Humor oder wenig obrigkeitskonformen Zynismus. Als Bindeglied zwischen Offizier:innen und Soldat:innen reflektiert sie die Ereignisse multiperspektivisch und zieht ihre eigenen Schlüsse. Tanya Huff hätte kaum eine geeignetere Heldin für eine Military SF Serie erschaffen können, die das Wesen militärischer Strukturen zugleich durchdringt und hinterfragt.

Mit langem Atem in den Überlebenskampf

Tanya Huff stellt hier eine fundierte Fachkenntnis darüber unter Beweis, wie militärische Strukturen funktionieren und die Beteiligten ticken. Das Alltagsleben als Marine, die Dialoge, die Kampfeinsätze und Konflikte wirken glaubwürdig und echt. Gleichzeitig erleben wir Toleranzgrenzen und wie sich Interkulturalität zwischen verschiedenen intelligenten Spezies entwickelt.

Die Geschichte nimmt einen langen Anlauf, bevor sie in die Schlacht zieht. Als Leser:in fiebert man umso mehr mit den Protagonisten mit, wenn man sie vorher intensiv kennenlernen durfte. Doch vielleicht hat die Autorin hier des Guten zu viel gewollt, da sich fast die Hälfte des Buchs wie eine Einleitung zur Kerngeschichte liest. Danach wird es richtig spannend und jede Szene erzeugt einen Kriegsfilm im Format von „Die Brücke“ oder „1917“ als Kopfkino. Nichts als ein roher, authentischer Kampf mit dem einzigen Ziel zu überleben. Schade ist, dass der generische Feind, „die Anderen“ vollkommen blass bleibt und die Antwort auf das Warum der Schlacht recht früh vorhersehbar ist.

Fazit

Insgesamt ist „Im Dienst der Föderation“ solide Military SF für Fans des Genres und auch für Lesende, die sich nicht so gern ausschließlich mit ausufernden Schlachten beschäftigen. Die eingängige und konkrete Erzähl- und Schreibweise der Autorin, stimmig von Oliver Hoffmann ins Deutsche übertragen, sorgt trotz leichter Durchhänger für ein spannendes und nachdenkenswertes Science-Fiction Leseerlebnis.

Eva Bergschneider

Im Dienst der Föderation
Torin Kerr Serie "Confederation", Band 1
Tanya Huff, Übersetzung Oliver Hoffmann
Science Fiction, Military
Plan 9
September 2020
372
Julia Jones © Agentur Guter Punkt

Funtastik-Faktor: 78

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