Mehr als ein Zwischenspiel für Powder-Mage Fans
Als Cross Cult vorletztes Jahr den ersten Band der „Powder-Mage“-Chroniken vorlegte, erregte zunächst einmal das ungewöhnliche Cover meine Aufmerksamkeit: ein Mann in einer Dragoner-Rüstung gewandet mit einem Vorderlader. So ein Motiv ist im Bereich der Fantasy, sagen wir einmal, zumindest ungewöhnlich.
Zumeist, was sage ich, fast gänzlich entführen uns die Verfasserinnen und Verfasser von High-Fantasy Romanen in archaische Gesellschaften, wo mit spitzer Klinge, Lanze und Bogen auf dem Feld der Ehre gekämpft wird. Kanonen, Gewehre und Pistolen findet man erstaunlicherweise eher selten. Was sich äußerlich andeutet, liefert die Trilogie tatsächlich: eine etwas andere Fantasy mit neuartigen übersinnlichen Gaben, zwar nicht ausschließlich aber oft an Schwarzpulver gekoppelt. Statt Schwerter kommen hier Musketen zum Einsatz, das Napoleonische Zeitalter lässt grüßen. Die Geschichte einer kriegerischen Auseinandersetzung mit Intrigen, Verrat und Schlachten satt. Diese Entdeckung mauserte sich schnell zum Bestseller.
Um die Zeit bis zur nächsten Trilogie, die Brian McClellan in derselben Welt auf einem anderen Kontinent platzierte, zu überbrücken, bietet der Cross Cult Verlag zwei Bücher an. Im Mai folgt ein Novellenband „Das Feuer der Revolution“ mit fünf längeren Erzählungen. Aktuell ist jetzt „Im Schatten des Feldmarschalls“, eine Kollektion mit sechs Kurzgeschichten erhältlich. Die Storys sind alle mit dem aus der ersten Trilogie bekannten Protagonisten Feldmarschall Tamas verbunden.
Der Autor nutzt die Gelegenheit, um einige Ausflüge in die Vergangenheit seiner Figuren zu unternehmen. So begegnet uns mehrmals ein junger Tamas, damals noch Sergeant, später dann schon die Karriereleiter ein wenig hinaufgeklettert. An der Unfähigkeit seiner Vorgesetzten verzweifelt der junge Offizier des Öfteren. Daneben sind wir dabei, als Vlora Taniel kennenlernt, oder als dieser das erste Mal auf Ka-Poel trifft.
Eine Gelegenheit für Neueinsteiger
All dies wird denjenigen unter euch, die die Romane nicht gelesen haben, nicht viel sagen. Die Beiträge richten sich demgemäß in erster Linie an Kenner der Reihe, an Fans, für die es ein mehr als willkommenes Wiedersehen mit Figuren der Trilogie gibt. Wir erhalten Einblicke in zurückliegende Ereignisse, die unsere Protagonisten geprägt haben, werden dabei gewohnt routiniert und fesselnd unterhalten. McClellan ist ein Geschichtenweber, wie es sie selten gibt. Man bangt mit seinen Figuren, man ist wütend auf sie, man verzeiht ihnen und ist dann doch wieder geschockt darüber, welche Konsequenzen ihre Handlungen mit sich bringen. Doch eines ist man nie – unbeteiligt!
Doch auch bislang Powder-Mage unbedarfte Leser dürfen und können „Im Schatten des Feldmarschalls“ lesen. Sie erhalten mit der Anthologie, gegen einen recht geringen Obolus, die Gelegenheit auszuprobieren, ob ihnen diese etwas anders angelegte Fantasy überhaupt liegt. Doch Vorsicht – das Gebotene birgt Suchtgefahr.
Carsten Kuhr
Geschichten aus dem Powder-Mage Universum
Gunpowder-Fantasy
Cross Cult
März 2021
215
René Aigner
83