Die Fortsetzung eines Bestsellers
Mit dem Roman „Ready Player One“ schrieb Ernest Cline 2011 einen Überraschungserfolg, der 2012 auch in Deutschland herauskam. Was den Roman ausmachte war, dass es hier vor Anspielungen vor allem auf die Videospielkultur der 80er Jahre nur so wimmelte. Das Buch wurde schließlich 2018 von Steven Spielberg verfilmt, wobei der Autor persönlich das Drehbuch verfasste.
Angesichts des Erfolgs war es nur eine Frage der Zeit, bis eine Fortsetzung herauskommen würde. Denn die Gesetzmäßigkeiten des Marktes gelten eben nicht nur für die Filmwelt, sondern ebenso für den Buchmarkt. Diese erschien Ende 2021 unter dem Titel „Ready Player Two“.
Protagonist Wade Watts hatte gemeinsam mit seinen Freunden das Unmögliche geschafft und das große Easter Egg von dem genialen Entwickler und Erfinder James Halliday gefunden. Was sie alle reich und berühmt machte. Doch dann wird eine Entdeckung bekannt, die alles verändert.
Die Story orientiert sich zu stark am Vorgänger
Denn es gibt eine neue Erfindung im Gaming Kosmos, ein VR-Set, dass alle Sinne anspricht. Eine weitere Easter Egg-Suche kommt auf, die dieses Mal umso gefährlicher ist. Denn eine KI-Kopie von Halliday ist darin der Antagonist ist. Und diese befreit Sorratino, den Gegenspieler aus dem ersten Roman, aus seinem Gefängnis. Die Uhr tickt. Denn am Ende steht nicht nur das Schicksal von OASIS auf dem Spiel, sondern auch das Leben der Entdecker des ursprünglichen Easter Eggs, die Helden aus dem ersten Buch.
„Ready Player One“ war ein vergnügliches Buch. Die Story mochte mitunter etwas flach und vorhersagbar dahergekommen sein. Doch die vielen Anspielungen auf die Popkultur der 80er und 90er Jahre glichen dieses Manko wieder aus. Mit „Ready Player Two“ wagte sich Autor Ernest Cline an eine Fortsetzung. Wobei man ehrlicherweise sagen muss, dass der Autor, etwas überspitzt formuliert, nur die Handlung seines Erstlingwerks genommen und geringfügig angepasst hat. Erneut geht es um eine Easteregg-Suche und erneut wimmelt das Buch nur so vor Anspielungen auf die Popkultur der 80er und 90er Jahre.
Was kümmert mich die Welt?
Damit das Buch nicht allzu sehr wie eine 1:1-Kopie wirkt, gibt es natürlich ein paar kleine Veränderungen. So entwickelt der Autor seine Charaktere weiter, lässt sie älter werden, und Beziehungsprobleme durchmachen. Insbesondere zwischen Wade Watts und dessen Angebeteter Samantha knirscht es ordentlich im Beziehungsgebälk. Denn Wade kümmert sich weniger um die Probleme, die die Außenwelt bedrohen, sondern konzentriert sich ausschließlich auf die Jagd nach dem Easteregg. Und wird dabei vollkommen von der neuen VR-Technologie abhängig.
Im Prinzip wären dies die perfekten Zutaten für einen spannenden SF-Roman. Zwischenmenschliche Probleme, plus ein zurückgekehrter Feind, dazu ein neuer Antagonist, der einem großen Idol gleicht. Das hätte etwas werden können. Doch obwohl Ernest Cline sich redlich bemüht, schafft er es nicht, den Leser dauerhaft zu fesseln. Nach einem großartigen Anfang, bei dem er gelungen das Ausgangsszenario aufbaut, flaut die Begeisterung für „Ready Player Two“ schnell wieder ab. Das große Problem ist, dass er einerseits die Handlung des Vorgängerromans überwiegend schlicht kopiert. Aber andererseits auch sehr viel Storypotential liegen lässt.
Wo sind die Gegenspieler?
Das macht sich besonders bei den Antagonisten bemerkbar, die über weite Strecken des Buches nicht auftauchen oder deren Wirken man nicht bemerkt. Erst gegen Ende werden sie gefährlich, als sie endlich von sich aus aktiv werden. Nur kommt ihr Auftreten leider zu spät, um den Roman vor der Bedeutungslosigkeit zu retten. Wozu wird Sorratino befreit, wenn er erst am Ende in die Handlung eingreift und selbst dann keinerlei Profiltiefe erhält? Auch die gegnerische KI kommt über den Status einer Nervfigur nicht hinaus.
Dazu hat das Buch ein extremes Pacingproblem. Lang und breit widmet sich Ernest Cline der Darstellung der Jagd auf die ersten Hinweise auf das große Easter Egg. Zu lange, weil danach die Auflösung anderer Spuren förmlich dahingehetzt erscheint. Fast wirkt es so, als ob der Autor eine Checkliste abarbeitet, sich aber nicht wirklich Mühe macht, eine Geschichte auszuarbeiten.
Und die Bedrohung der Welt? Wird ebenfalls nur erwähnt, spielt aber keine entscheidende Rolle. Die Außenwelt ist, bis auf ein paar wenige, kleine Szenen, nicht existent. So ist „Ready Player Two“ ein Roman, der die Originalität des Vorgängers vermissen lässt und auf dem man gut hätte verzichten können.
Götz Piesbergen
OASIS Dilogie
Science Fiction
Fischer Tor
März 2021
Buch
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Guter Punkt, München nach einer Idee von Christopher Brand
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