Schwarzer Horizont – Ivo Pala

Apokalypse meets Fantasy

Schwarzer Horizont © Droemer-Knaur
Schwarzer Horizont © Droemer-Knaur

Eine Naturkatastrophe biblischen Ausmaßes, bezeichnet als der Weltendonner, hat die Apokalypse herbeigeführt. Seit zwei Jahren hat nicht ein Sonnenstrahl die Lebenswelt erreicht. Die Tage bleiben dunkel und unterscheiden sich nur wenig von der Nacht. Es wird kalt, die Luft verpestet zunehmend, die Nahrungsquellen versiegen und üble Kreaturen kriechen an die Oberfläche. Die gesellschaftliche Ordnung bricht zusammen und es herrscht das Recht des Stärkeren. In dieser Welt kämpfen der einstige Edelmann Raymo, die Dienstmagd Lizia und der Mönch Ash ums Überleben.

Auf seinem Weg nach Dunuum rettet Raymo Lizia aus einem gefrorenen See, sie hatte versucht, sich dort zu ertränken. Das Mädchen lebt als niedrigste Dienstmagd auf dem Gut Cassias Hain und der Mordomo (Sklaventreiber der Dienerschaft) hat angekündigt, sie vor versammeltem Haushalt zu vergewaltigen. Anschließend begleitet Lizia Raymo, doch in der Hauptstadt des Reichs Twyddyn trennen sich ihre Wege wieder. Für beide beginnt ein Martyrium. Lizia muss weiter als Sexobjekt herhalten und wird schließlich von einem Sadisten gekauft, der noch Schlimmeres mit ihr vorhat. Raymo verdingt sich als Gladiator und landet schließlich als Rudersklave auf einem Kriegsschiff, das Kurs auf den neuen Kontinent Kutera setzt. Der Mönch Ash rekrutiert Gläubige und folgt einer inneren göttlichen Stimme, die verspricht, die Sonne zurückzuholen. Doch das Schicksal hat andere Pläne mit den drei Protagonisten und macht sie zu Spielbällen eines erbarmungslosen Kampfes um die Macht in der dunklen Welt.

Ist der Weg das Ziel?

„Die Reiche Twyddyn und Milara führen einen erbitterten Krieg zu Land und zur See um die letzten Ressourcen und um die Macht auf dem neu entdeckten Kontinent Kutera.“

So steht es auf dem Cover des Auftaktbands der „Darkworld“-Trilogie von Ivo Pala „Schwarzer Horizont“ geschrieben. Die Ausgangssituation für diesen Dark-Fantasy Roman hört sich sehr vielversprechend an: Der Schauplatz ist eine Mischung aus einer mittelalterlichen und einer postapokalyptischen Welt und zwei Reiche bekriegen sich um die letzten Ressourcen. Schade ist nur, dass man als Leser recht viel Geduld aufbringen muss, um in die Nähe dieses Konflikts zu kommen. Fast die Hälfte des Buchs beschreibt lediglich die Leidenswege der Protagonisten Lizia und Raymo und des Mönchs Ash, und  nur letzterer verfolgt dabei ein Ziel.

Erzählt wird aus der Sicht dieser Protagonisten, die weitestgehend unabhängig voneinander agieren. Der weite Weg zur Kernhandlung ist mit jeder Menge Action ausgelegt. Es wird reichlich Todesgefahr und verzweifelter Überlebenskampf geboten und wie schon andernorts geschrieben, spart der Autor hier nicht mit Blut, Sex, rohester Gewalt und barbarischen Abartigkeiten. An der plakativen und detaillierten Darstellung merkt man, dass Ivo Pala auch als Drehbuchautor tätig ist. Doch so dynamisch diese Szenen auch sind, es stellt sich einmal mehr heraus, dass allein durch Bedrohung und Action einfach keine Spannung entsteht. Vor allem dann nicht, wenn sich die Actionszenen nicht wirklich aus der Geschichte entwickeln. Sie dienen in den Eingangskapiteln zwar dazu, die Wege der Protagonisten in dieser vollständig verrohten Lebenswelt aufzuzeigen, doch eine Verbindung zum Hintergrund der Story ist zunächst nicht ersichtlich. Stattdessen reihen sich abscheuliche Gewalttaten aneinander und wirken auf die Dauer einfach nur ermüdend. Ab der Hälfte des Romans wendet sich das Blatt für Raymo und Lizia und die Story entwickelt sich endlich in die angekündigte Richtung. Dabei ist es dem Autor gelungen, Wendungen in die Handlung einzubauen, die zu einem wirklich überraschenden und schönen Abschluss des Serienauftakts führen.

Ivo Pala hat drei Charaktere in die Darkworld Abenteuer geschickt, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Ash, ein naiver aber prinzipientreuer Mönch, ahnt, dass nicht alles gut sein kann, was sein Gott von ihm verlangt, erfüllt aber dessen Plan. Die Dienerin Lizia durchläuft von allen Figuren die weitreichendste Entwicklung, bleibt aber leider ein Mittel zum Zweck männlicher Interessen. Es ist überholt und langweilig, wenn in modernen Fantasy-Romanen Frauen immer noch ausschließlich als Sidekick von Männern agieren, anstatt eigenständig. Auch eine im letzten Drittel des Romans auftretende taffe Kriegerin hat letztendlich nur auf den Erlöser gewartet. In Raymo finden wir den klassischen Helden dem, nachdem er sich einmal aus der Misere herausgekämpft hat, alles im Handumdrehen gelingt, einschließlich der Eroberung des weiblichen Geschlechts. Ivo Pala hat die Charaktere auf den ersten Blick recht interessant angelegt, aber leider bleiben sie dann doch in stereotypen Mustern hängen.

Fazit:

Dem Auftaktroman der „Darkworld“-Saga „Schwarzer Horizont“ liegt eine wirklich innovative Idee zugrunde. Allein das Setting einer verdunkelten Fantasywelt eröffnet unendlich faszinierende Möglichkeiten der Entwicklung. Die Geschichte eines Kriegs um Ressourcen bietet sich an und verheißt Konflikte, die die anderer Fantasy-Romane nach dem Strickmuster George R.R. Martins buchstäblich in den Schatten stellen könnten. Leider hat „Schwarzer Horizont“ dieses Potenzial zu lange ungenutzt liegen gelassen. Erst zum Ende des Romans hat man das Gefühl endlich in der Geschichte angekommen zu sein, die auf dem Cover angekündigt wird. Auch unter den Charakteren ist bisher keiner dabei, der das besondere Etwas mitbringt, um der Story Exklusivität zu verleihen. Die Rezensentin kann nur hoffen, dass die Folgebände der „Darkworld“-Saga die großartigen Chancen, die der Plot eigentlich anbietet, besser nutzen. Der zweite Band „Schwarzer Sturm“ erscheint im März/April 2017.

Eva Bergschneider

 

Schwarzer Horizont
Darkworld-Saga Band 1
Ivo Pala
Fantasy
Droemer-Knaur
September 2016
400

Funtastik-Faktor: 50

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