Skotophobia (Die Erben Abaddons 3) – T. Lohwasser, V. Kaiser, T. Karg

Diese Dystopie scheitert an mangelnder Glaubwürdigkeit

Skotophobia (Die Erben Abbadons) V.Kaiser, T. Lohwasser, T. Karg © Torsten Low Verlag
Skotophobia © Torsten Low Verlag

Mateo ist ein sogenannter „Drecksdigger“, jemand der an verborgenen Plätzen gezielt nach Schätzen aus der Zeit vor der Apokalypse sucht. Er hat sich als „Dooropener“ spezialisiert und ist dafür zuständig, jede noch so hermetisch abgeschlossene Tür mittels technischer Tricks zu öffnen. Beziehungsweise durch die schmalsten Schächte zu kriechen, um der Digger-Crew den Zugang zu ermöglichen.

Nun hat Mateo sich einem Squad angeschlossen, der einen Hightech-Schatz aus den unterirdischen Laboren der Takeshi Corperation heben will. Dieser Auftrag für die „Hunters of Ancient“ soll der letzte sein und ihn reich machen. Denn Mateo leidet derartig an Klaustrophobie, dass er droht, den Verstand zu verlieren. Mit dem erwarteten Gewinn möchte er seine Mutter suchen und sich mit ihr in die Berge zurückziehen. Doch der Weg zum Ende dieser History ist länger als erwartet.

Nachdem die Gruppe den Schatz gesichtet hat, kristallisiert sich ein schier unüberwindbarer Konflikt heraus. Denn die gefundene Technologie könnte in den falschen Händen zur Wiederholung der Apokalypse führen. Während der Wissenschaftler davor warnt, den Schatz zu als Ganzes zu verscherbeln, ist der Squad-Leader berauscht von der Aussicht auf das Geschäft seines Lebens gänzlich uneinsichtig. Nicht als einziger.

Ein bedrohlicher Schauplatz funktioniert, wenn er realistisch erscheint

„Skotophobia“ und ich hatten schon einen schlechten Start. Die Autor*innen Kaiser, Lohwasser und Karg dichteten dem E-Truck, der das Squad zum Schauplatz der History bringt, Ölgeruch und eine Art Choke an, wie ihn früher Verbrenner-Autos oder Motorräder hatten. Doch Elektromotoren benötigen weder Motoröl noch einen Zusatzschub. Wahrscheinlich sollte dies einer typischen Mad Max Atmosphäre dienen. Funktioniert leider nicht mit E-Mobilität. Das ist eine Kleinigkeit, die ich wahrscheinlich nicht einmal erwähnt hätte, wenn der Rest gepasst hätte. Doch auch im weiteren Verlauf der Geschichte tauchen einfach so viele Ungereimtheiten auf, dass ich nicht richtig in die Geschichte eintauchen konnte. Denn eine Dystopie entfaltet nur dann ihre bedrohliche Wirkung, wenn man sich die Szenerie vorstellen kann und das ist in „Skotophobia“ einfach nicht der Fall.

Das Ausgangsszenario ist, dass die Gruppe Hightech-Anlagen findet, die seit über 150 Jahre irgendwo in unterirdischen Laboren ungenutzt herumstehen. Dabei gelingt es nicht nur die Computer im Handumdrehen wieder ans Laufen zu bringen. Sondern es erscheinen eine Reihe von holografischen Projektionen, wie wir sie aus Star Trek kennen. In der gesamten Geschichte stellt sich niemand die entscheidende Frage: woher kommt eigentlich die Energie dafür, diese Technologie zu betreiben? Und wenn man schon voraussetzt, dass es eine solche Energiequelle gibt, die derartig viel Strom liefert und sich nach 150 Jahren Stillstand einfach so hochfahren lässt: Warum ist diese Energiequelle nicht das Erste, was man als Digger versucht zu finden?

Eine Fülle von Themen angerissen, aber nicht zu Ende entwickelt

Darüber hinaus wartet die Geschichte mit einem haarsträubenden Abenteuer auf, das den Protagonisten mit einer Reihe von Leiden und Problemen konfrontiert. Mateo verarbeitet ein psychologisches Trauma, das ihm sein Bruder Cristiano durch Unterdrückung und massiver Misshandlung bescherte. Er verliebt sich in Nioba und ist auf ihren Ex-Freund, den Squad-Leader, und auf den Sicherheitschef eifersüchtig, mit dem sie eine gemeinsame Nacht verbrachte. Außerdem kämpft er mit dem moralischen Dilemma, das die Aushebung dieses Schatzes mit sich bringt. Und leidet massiv darunter, dass einige aus dem Team durch Gier und Klaustrophobie jegliche moralischen Grundsätze über Bord werfen und sich in Hass und Gewalt ergehen. Leider werden diese interessanten Themen lediglich angerissen und nicht vertieft. Dafür bieten knapp 150 Seiten auch nicht genügend Platz. Der Handlungsablauf wirkt wie das Abarbeiten von Aufgaben und Kämpfen im Rollenspiel, nicht wie eine runde Geschichte.

Trotz der Fülle an Übeln, die Mateo widerfahren, gehört die Charakterisierung des Protagonisten zu den gelungenen Aspekten der Novelle. In Rückblenden erzählt der Dooropener seine Geschichte, die sich sinnvoll in die Gegenwartshandlung einfügt und sie ergänzt. Trotz der vielen unrealistischen Aktionen ist Mateos Persönlichkeitsentfaltung überwiegend glaubwürdig. Und im Finale gelingt ihm zumindest eine kleine Überraschung.

Fazit

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass ich mich durch die Novelle „Skotophobia“ eher durchkämpfen musste, trotzdem sie lediglich knapp 150 Seiten lang ist. Gegenüber den Vorgängern der „Abaddon“ Reihe „Nimmerland“ und „Remedium“ fällt sie deutlich ab. Die Handlung ist hart und brutal, manchmal geht ein möglicher Kommunikationsansatz in schierer Gewalt unter. Ohne die vielen Unstimmigkeiten wäre vielleicht trotzdem etwas Spannung aufgekommen. Lediglich die Entwicklung des Protagonisten, sowie zwei weitere Charaktere sorgen für ein paar originelle Wendungen.

Eva Bergschneider

Triggerwarnung: exzessive Gewalt, Folter, Mord

Skotophobia
Die Erben Abbadons, Band 3
Thomas Lohwasser, Vanessa Kaiser, Thomas Karg
Science Fiction, Dystopie, Horror
Torsten Low
November 2020
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Christian Günther
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