Zorn des Imperiums (Die Götter von Blut und Pulver 2) – Brian McClellan

Pulvermagie im Dienst des Kolonialismus

Zorn des Imperiums (Die Götter von Blut und Pulver, Band 2) - Brian McClellan © Cross Cult, hellgrauer Hintergrund, Wald mit umgestürztem Baum, Laufende Kämpfer in napoleonischer Kleidung und mit Waffen, Schriftfarbe gold
Zorn des Imperiums © Cross Cult

Es herrscht ein altbekanntes Bild vor in Brian McClellans neuer Reihe „Die Götter von Blut und Pulver“: Der ferne Kontinent wird von den waffentechnisch überlegenen Eroberern vereinnahmt, die indigenen Völker unterdrückt, der Reichtum ins Heimatland der Eroberer geschafft. Kolonialismus nennt man dies wohl so nett untertrieben.

Einst hatten auch die Kaz hier einen Brückenkopf errichtet. Taniel Zweischuss, Ben Styke und seine Ulanen und die einheimischen Palo hatten diese ins Meer zurückgetrieben.
Eigentlich sollte in Landfall, der Hauptstadt der jungen Kolonialnation des Adronischen Reiches, also alles seinen gewohnten Gang gehen. Wenn, ja wenn nicht urplötzlich die Dynize-Nation mit unzähligen Schiffen das besetzte Land angreifen würde.

Damit nicht genug, machen sich Machtbesessene und Magiekundige jeglicher Couleur auf in Richtung Landfall. Noch während die Schlacht tobt, versuchen die Gruppen etwas zu erobern, das Macht verspricht: drei steinerne Stehlen voller Dynize-Hieroglyphen. Sie sind im ganzen Land versteckt, einer davon in Landfall. Drei Steine, die ihren Besitzer zu einem Gott erheben könnten.

Wir verfolgen in „Zorn des Imperiums“ die Aktivitäten Taniels und seiner früheren Verlobten Vlora, sowie des Spions Michel Bravis und Ben Stykes in drei separaten Handlungssträngen. Es gilt einen weiteren allmächtigen Gott und das mit ihm einhergehende Unheil auf der Welt zu verhindern. McClellan berichtet von dem Versuch Michels die Dynize auszuspionieren. Von Taniel und Vlora, die versuchen den zweiten der Steine zu vernichten, sowie von Ben Styke, dem die ehrenvolle Aufgabe zuteilwurde, die dritte Stele zu zerstören. Ihnen stellen sich jede Menge fiese Gegner und Schicksalsschläge in den Weg. Es sieht schlecht aus für Landfall, für den südlichen Kontinent, für die Welt insgesamt.

Packende Unterhaltung, die nicht ganz an die Faszination der ersten Powder-Mage Chroniken herankommt

Brian McClellan hatte mit seinen Powder-Mage Büchern (eine Trilogie sowie zwei Bände mit Erzählungen und Novellen) Neuland betreten. Seine Romanwelt, die an das Napoleanische Reich erinnert, mit Begabten, die mittels Pulver ihre Kräfte steigern und im scheinbar ewig währenden Krieg Schlachten entscheiden, begeisterte auch deutschsprachige Leser.

Nun präsentiert uns der Autor also die neue Trilogie „Götter von Blut und Pulver“ mit einem neuen Handlungsort und zum Teil neuen Figuren. Nun ist es immer eine gewisse Krux mit Mittelbänden einer Trilogie. Der Verfasser muss hier abwägen, wie viel er offenbart, ohne dass ihm für den finalen Teil nichts mehr an Geheimnissen und Überraschungen übrigbleibt. Zudem gilt es die Erzähler nicht zu dezimieren, schließlich werden diese für den abschließenden Teil benötigt.

Diese Voraussetzungen limitieren Schreibende und lassen erfahrene Lesende mit einem ruhigen Gefühl in die Lektüre einsteigen. Wir wissen, dass es unseren Protagonisten nicht wirklich ans Leder gehen kann. Doch wie immer ist der Weg das Ziel. Soll heißen, es geht darum, wie der Verfassende seinen Plot aufzieht.

Und McClellan weiß, wie er seine Fans an den sprichwörtlichen Haken nehmen kann. Die drei alternierenden Handlungsstränge beleuchten unterschiedlichste Orte und Völker, Fährnisse und Entwicklungen. Verrat droht, Kämpfe dürfen natürlich auch nicht fehlen. Es wird sehr gefährlich für unsere Heldinnen und Helden, so dass die Aufmerksamkeit und Spannung gewährleistet ist. Zwar kommt der Plot nach wie vor nicht ganz an den der ersten Powder-Mage Chronik heran. Zu gelungen war das damalige Figurenensemble, zu faszinierend der Aufzug und die seinerzeit so ungewöhnliche Welt. Die Kolonie als Handlungsort wird nie ganz die Faszination erreichen, wie das intrigante Heimatreich, Michel als Spion nie ganz die Klasse des deduktischen Ermittlers Adamat

Zumindest funktioniert die Handlung in „Zorn des Imperiums“ eigenständig. Endlich einmal kopiert und plagiiert sich ein Autor nicht selbst, sondern bietet immer wieder neue Ansätze, Handlungsorte und Offenbarungen. Auch die Entwicklung der Charaktere, insbesondere die von Michel Bravis und Ben Styke, wird vorangetrieben.

Weniger ist manchmal mehr

Wie immer bei McClellan nimmt er in dem Ziegelstein von Buch ein paar unnötige Abzweigungen zu viel. So manche Wendung, mancher Ansatz verläuft im Sande. Und am Schluss übertreibt er es mächtig mit seinem Schlachtengemälde. Zwei Streiter gegen eine ganze Armee, das ist schlicht unglaubwürdig und lässt jeden Realitätsbezug vermissen. Dazu kommen einige zwischenmenschliche Wendungen, die mich – ich möchte hier nicht zu sehr spoilern – nicht wirklich überzeugt haben. Zudem ist das Buch schlicht zu lang geraten. Eine deutliche Straffung hätte dem Plot eher genützt als geschadet.

Dennoch, der Roman liest sich inhaltlich packend, zumeist rasant und interessant auf einen Rutsch durch. Wer in die Powder-Mage Welt einmal hineingeschnuppert hat, der wird hier wieder gut bedient. Auch wenn das Schießpulver nicht so sehr im Zentrum steht, wie in der ersten Trilogie. Stattdessen gibt es Verwicklungen, Hass und Kämpfe satt. All das dient, wie so oft, der Suche nach der absoluten Macht.

Carsten Kuhr

Zorn des Imperiums
Die Götter von Blut und Pulver, Band 2
Brian McClellan, Übersetzung: Johannes Neubert
(Gunpowder-)Fantasy
Cross Cult
Oktober 2022
Buch
692
Thom Tenery
71

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