Das Schicksal des dritten Königssohns
Das Schicksal des dritten Sohns eines Adeligen ist vorgezeichnet. Während sein ältester Bruder die Herrschaft über die Besitztümer übernimmt, der Zweitgeborene sich dem Klerus anschließt, darf der Dritte sein Leben baldmöglichst im Gefecht für die Ehre der Familie geben. Allzu lange wird sein Dasein somit nicht währen. Die Ausbildung an der Waffe und der Versuch, möglichst viel vom Leben mitzunehmen, prägen seine Jugend.
Orville wuchs als dritter Sohn eines Schwertadeligen heran. Als zwei Bauernkinder entführt und zwei Beutel mit Münzen auf ihren Betten gefunden werden, enthüllt ihm sein Fürst ein Geheimnis. Die Mär von den Wesen mit blauem Blut, die Langlebigkeit, Schnelligkeit und Stärke in sich vereinen, und von denen manche gar magische Kräfte besitzen, ist wahr. Der Klerus versuchte seit Generationen die Linien des blauen Blutes auszulöschen – vergebens. Auch die Wächter, die seit Jahrhunderten bestrebt sind, das blaue Blut aus den Familienlinien herauszuzüchten und dabei vor Massenmord an Unschuldigen nicht zurückschrecken, waren erfolglos. Bastarde mit blauem Blut wohin man schaut.
Orville macht sich auf, die Entführten zu suchen und zu befreien. Allerdings erweist sich die Queste als schwierig, ja unmöglich. Doch das vermeintliche Schicksal hat sich verrechnet. Beweist Orville nicht nur Nehmerqualitäten, sondern entdeckt an sich gar merkwürdige Talente.
Bald wird deutlich, dass er selbst die Kräfte des blauen Bluts in sich trägt. Verraten, gefangen genommen und verbannt, beginnt Orville seinen Aufstieg zur Macht ganz unten. Das hindert ihn nicht daran ein eigenes, das achte Königreich zu gründen, und sich mit den ebenfalls magisch begabten Wächtern anzulegen. Es gelingt ihm, deren Geheimnisse um ein Kräfte steigerndes Mittel zu lüften. Doch dann muss er aus seinem Exil, einem gottverlassenen Inselchen in einem abgelegenen Archipel, fliehen. Nur begleitet von Petrús, einem Barden, hinter dem sich weit mehr versteckt, als zunächst ersichtlich, fliehen sie durch die karge, lebensfeindliche Inselwelt. Verfolgt von wilden Piraten und jeder Menge Pech.
Phantastik boomt in Frankreich
Die phantastische Buchwelt bei unseren westlichen Nachbarn erfreut sich einer regen verlegerischen Tätigkeit. Die Verkaufszahlen belegen, dass genügend Leser vorhanden sind und das Angebotene gerne goutieren.
Auffällig ist die enorme Bandbreite des in Frankreich publizierten Materials. Ganz im Gegensatz zur Situation in Deutschland erfreuen sich dort Subgenres regen Zuspruchs, die bei uns nicht ankommen. In Frankreich werden immer wieder große Namen aus Übersee zu Phantastik-Conventions eingeladen und auch die Autoren heimischer Zunge gepflegt und gefördert.
Einer dieser Verfasser, Régis Goddyn, schaffte nun den Sprung in eine erneut mustergültig ausgeführte deutsche Übersetzung.
Der Anschlussband schwächelt im Vergleich zum Serienauftakt
Zunächst erwartet den Leser eine leidlich bekannte Welt: ein feudales System mit Königen an der Spitze. Adelige und Klerus folgen und Bauern bilden die breite beherrschte Schicht darunter. Diese Anordnung erinnert an reale Vorbilder aus unserer Historie. Dass die Namen frankophil klingen ist eigentlich der einzige Hinweis darauf, dass der Autor von unserem westlichen Nachbarn abstammt.
Inhaltlich erwartet uns im zweiten von insgesamt sieben Bänden eine interessante Geschichte. Es geht um Magie, den Aufstieg unseres Protagonisten und dessen gerechten Kampf gegen überkommene und verkarstete Machtsysteme.
Der Autor hat im ersten Teil die Grundlage der Saga angelegt, hat diese mit Figuren bevölkert und die generelle Marschrichtung vorgegeben.
Vorliegend nimmt er das Tempo in den zwei parallel laufenden Handlungssträngen deutlich zurück. Orville und sein Begleiter durchqueren den Archipel und bekämpfen die Piraten. Ansonsten entwickelt sich die Handlung kaum weiter. Spät, fast zu spät, lüftet der Autor das Geheimnis hinter den Rebellen. Hier kommt der lang vermisste Lesesog wieder auf.
Auch im zweiten Strang, in dem wir die Flüchtlinge begleiten, ereignet sich wenig wirklich Neues. Die Frage drängt sich auf, ob der Autor hier ganz bewusst das Tempo herausnahm, um gezielt auf die Zeichnungen seine Figuren einzugehen. Oder ob er nicht so recht wusste, wie er die begonnenen Ansätze in sich logisch fortentwickeln wollte.
Das soll nicht heißen, dass es nicht ab und an dramatisch und spannend zugehen würde. Die Kämpfe Orvilles gegen die Freibeuter bieten durchaus mitreißenden Lesestoff. Allein, verglichen mit dem ersten Band geht es im Gesamtbild nicht wirklich voran. Die Wächter bleiben blass, rücken fast in den Hintergrund. Neue Handlungsträger werden auch nicht eingeführt, die dezidiertere Ausarbeitung der Antagonisten bleibt aus.
Fazit
So ist dies – leider – ein Roman, der meine grossen Erwartungen an den zweiten Band nicht ganz erfüllen konnte. Zwar liest sich der Text durchaus flüssig und zeitweilig packend. Letztlich aber geht es zu langsam voran, als dass so viel Lesespass wie mit dem Auftakttitel noch einmal erreicht wird. Hoffen wir im dritten Band auf Besserung.
Carsten Kuhr
Das Blut der sieben Könige-Band 2
Fantasy
Cross Cult
Juli 2019
492
Funtastik-Faktor: 73
Mir hat schon der erste Band nicht gefallen. Orvilles Reise war mir viel zu langatmig. Die politischen Hintergründe der erzählten Welt blieben mir zu blass. Ich kann das Buch nicht empfehlen.