Das Ministerium für die Zukunft – Kim Stanley Robinson (Hörbuch und Video-Rezension)

Beklemmender Roman über den Klimawandel mit Sachbuchcharakter

Das Ausgangsszenario ist Horror-Hitzewelle in Indien. Protagonist US-Amerikaner und Entwicklungshelfer Frank kämpft um das Überleben und muss miterleben, wie viele Menschen daran sterben, weil sie buchstäblich innerlich verkochen.

Die zweite Protagonistin, die Irin Mary leitet das titelgebende „Ministerium für die Zukunft“. Es ist eine gut gemeinte, doch mit nur wenigen Befugnissen ausgestattete UN-Behörde. Sie erarbeitet Vorschläge zur Klimarettung und CO2 Reduktion und versucht mäßig erfolgreich, die Länder der Welt zu deren Umsetzung zu motivieren.

Wertvolle Ideen und Fakten schlecht mit der Geschichte verknüpft

Das Ministerium für die Zukunft von Kim Stanley Robinson © Heyne, sich verengende Röhre, Mensch am Ende der Röhre, Ausblick auf Himmel mit Zeppelin
Das Ministerium für die Zukunft © Heyne

Der Plot ist vergleichsweise dünn, denn überwiegend hat der Roman einen Beinahe-Sachbuchcharakter.

Kim Stanley Robinson diskutiert eine Reihe von Ideen, wie der Klimawandel auch in dem beschriebenen fortgeschritteneren Szenario noch aufzuhalten ist.

Es werden Naturkorridore erschaffen, eine Wertanlage/Währung namens Carboncoin eingeführt, Gletscherumgebungen vom Wasser befreit. Der Flugverkehr wird auf Heißluftballons umgestellt, ein weniger auf Kapitalismus, sondern mehr auf Basisdemokratie und Gemeinsinn ausgerichtetes Wirtschaftssystem vorgestellt.

Darunter sind viele wirklich gute Ideen zu finden. Es besteht allerdings die Gefahr, dass man als Hörende/Lesende zwischendurch vergisst, dass es sich eben nicht um ein Sachbuch mit Quellenverweisen handelt, die man nachprüfen kann.
Was dem Autor überhaupt nicht gelungen ist, ist die Verknüpfung von den präsentierten Fakten mit der Romanhandlung. Dazu kommen einige Redundanzen, die über 700 Seiten oder 20 Stunden Hörbuchlaufzeit sind einfach viel zu viel.

Gelungen ist das Ende des Romans, das einen positiven Ausblick vermittelt. All jenen die glauben, dass man gegen den Klimawandel sowieso nichts mehr ausrichten kann, wird hier mitgegeben, dass das nicht stimmt. Es gibt Maßnahmen, die wir angehen können, um die Welt klimaneutral zu gestalten, ohne dass wir uns von einem komfortablen Leben verabschieden müssen. Lediglich unsere klimaschädigenden Gewohnheiten müssen wir ändern.

Der Sprecher Matthias Lühn verleiht unterschiedlichen Charakteren jeweils eine individuelle Stimme. Allerdings ist seine Akzentuierung, besonders in den sachlich klingenden Texten, wirklich gewöhnungsbedürftig und oft übertrieben. Hier verstärkt er den pädagogischen Charakter des Buchs, der sowieso schon zu stark ausgeprägt ist.

Eva Bergschneider

Das Ministerium der Zukunft
Kim Stanley Robinson, Übersetzung: Paul Bär
Science Fiction
audible
Oktober 2021
Hörbuch
20 Stunden, 39 Minuten (Buch: 720 Seiten)
Lauren Panepinto / Das Illustrat
78