Der Strassenmagier (Die Götter von New Orleans 1) – Bryan Camp

Urban Fantasy abseits des Gewohnten

Der Strassenmagier (Die Götter von New Orleans 1) - Bryan Camp © Blanvalet
Der Strassenmagier (Die Götter von New Orleans 1) – Bryan Camp © Blanvalet

New Orleans, the Big Easy, wie die Bewohner ihre Metropole am Mississippi nennen, ist ein wenig anders. Nein, eigentlich ganz anders, als die meisten anderen Städte der USA. Hier, umgeben von Swamps, ist es immer unangenehm schwül, wird immer noch Französisch gesprochen und der Magie gehuldigt. Die Voodoo-Priesterin Marie Laveau wird verehrt, Untote und Magier scheinen hier realer und präsenter zu sein als andernorts. Und genau hier im Mississippi-Delta hat Bryan Camp seine bisher drei Romane um den Protagonisten Jude („Die Götter von New Orleans“) angesiedelt.

Jude – tja, wie soll, wie kann man ihn beschreiben?

Seine Mutter ist eine Weiße, die sich einen Namen als Magierin machte, sein Vater ein Farbiger, den er nie kennengelernt hat. Vielleicht ein Dämon, möglicherweise ein Gott. Da ist es nicht überraschend, dass der Strassenmagier von seinen Eltern ein paar Gaben in die Wiege gelegt bekam. Er findet Dinge, steckt diese in seinen anscheinend bodenlosen Beutel und ist in der magischen Gesellschaft der Stadt gut eingeführt.

Apropos Beutel. Für diesen ist er dem Gott, der ihm das gute Stück besorgte, noch einen Gefallen schuldig. Und als es gerade so gar nicht passt, fordert dieser eben jenen Gefallen ein. Just findet sich Jude an einem Pokertisch wieder – in Gesellschaft von Vampiren, Göttern und Engeln.

Dass der gastgebende Schutzgott in New Orleans ermordet wird und Jude als Hauptverdächtiger dasteht, führt dazu, dass sich sein Leben interessanter gestaltet, als gedacht. Bis zu seiner Ermordung. Und nachdem er das Zeitliche gesegnet hat, kehrt nicht etwa Ruhe ein. Sondern dann geht das Abenteuer erst so richtig los. 

Alle Figuren aus der Urban Fantasy dabei – vielleicht etwas zu viele des Guten

Der Blanvalet Verlag entwickelt sich zum Eldorado für Lesefans der Urban Fantasy. Andere Publikumsverlage wandten sich von dem Subgenre ab und führen höchstens noch langjährige Serien fort. Bei Blanvalet erscheinen mit Benedict Jackas „Alex Verus“ und Daniel O‘ Malleys „Codename Rook“ bereits vorzügliche Reihen. Für den Herbst nächsten Jahres hat der Verlag einen Neustart von zwei weiteren Kultserien angekündigt, nämlich Jim Butchers „Harry Dresden“ und Richard Kadreys „Sandman Slim“. Mit den drei Romanen um „Jude Dubuisson“ von dem in New Orleans lebenden Autor Bryan Camp soll die Zeit überbrückt werden.

Dadurch dass der Verfasser in der Stadt aufgewachsen ist, weiß er, worüber er schreibt – sprich, das Setting atmet Realität. Bezeichnend war für mich, das Attribute, die insbesondere Touristen mit New Orleans verbinden, eher unterschwellig Eingang fanden. Die Bourbon Street wird en passent erwähnt und auch die beeindruckenden Friedhöfe der Stadt spielen keine wirklich große Rolle. Stattdessen konzentriert sich der Autor auf sein Figurenkabinett. Und darin mixt er so ziemlich alle in der Urban Fantasy bekannten Spezies durch.

Alt-Ägyptische Gottheiten, Vampire, gefallene Engel, Dämonen und Magier, in der Summe fast ein wenig zu viel, was er uns hier kredenzt. So vielfältig die auftretenden Personen auch sind, so richtig warm geworden bin ich leider mit keiner von ihnen. Jude selbst hat zwar eine sehr interessant ausgestaltete Historie, allerdings dauert es etwas zu lange, bis der Autor uns diese nahe bringt. Die anderen Figuren bleiben zunächst diffus, rätselhaft und sind damit nicht wirklich griffig. Manche über die gesamte Dauer des Romans hinweg. Der Plot selbst war nicht uninteressant, allerdings sehr verschachtelt, sodass man beim lesen ein wenig Mühe hat, den Überblick zu behalten.

Fazit

Insgesamt bot der Roman zwar solide Unterhaltung abseits des Gewohnten. „Der Strassenmagier“ machte es der Leserin und dem Leser allerdings nicht leicht, in die Handlung hineinzukommen und mit den Figuren warm zu werden.

Carsten Kuhr

Der Strassenmagier
Die Götter von New Orleans, Band 1
Bryan Camp, Übersetzung: Wolfgang Thon
Urban Fantasy
Blanvalet Verlag
September 2021
548
Max Meinzold
69

3 Gedanken zu „Der Strassenmagier (Die Götter von New Orleans 1) – Bryan Camp

  1. Ich fand das Buch sehr gut!
    Das Urban Fantasy nur noch bei Blanvalet zu finden ist, halte ich allerdings für ein Gerücht. In dem Beitrag werden dann als Beispiel auch nur Übersetzungen männlicher englischsprachiger Autoren genannt.
    Bei Lübbe zum Beispiel dagegen erschien kürzlich der erste Band Berlin Monster von Kim Rabe, im Dez kommt Hard Liquor von Marie Graßhoff, beides sind deutsche Autorinnen. Bitte besser recherchieren. 😉

    1. Hallo Chrissy, DANKE für die Tipps aus dem Haus Bastei Lübbe. Du hast ja recht, die haben ebenfalls ein cooles neues deutschsprachiges Urban Fantasy Angebot von AutorInnen. Marie Grasshoff kann ich zum Beispiel empfehlen. Urban Fantasy habe ich noch nicht von ihr gelesen, aber die Solarpunk-Reihe „Neonbirds“ fand ich gut. Dazu gibt es hier auch Rezensionen Liebe Grüße, Eva

    2. Hallo Chrissy,

      natürlich hast Du damit recht (und Berliner Monster war richtig gut) – neben den von Dir genannten kamen ja bei Knaur auch Markus Heitz´ MEISTERIN Trilogie etc – mir ging es mehr darum, dass – gefühlt – früher bei den Publikumsverlagen jeden Monat mehrere Urban Fantasies kamen, jetzt werden, wenn überhaupt, angefangene Reihen fortgesetzt (Heyne mit BLACK DAGGER oder RACHEL MORGEN etwa), aber neue, gute Serien – und die gibt es – kommen dort kaum

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