Die magischen Buchhändler von London – Garth Nix

Die magischen Buchhändler von London - Garth Nix © Penhaligon, weisser Hintergrund, in lila aufgeklapptes Buch mit Auge in der Mitte und einem Pfeil, Schrift in lila
Die magischen Buchhändler von London © Penhaligon

Originelle Urban Fantasy à la Garth Nix

In „Die magischen Buchhändler von London“ gibt es sie: Die Hüter uralten, arkanen Wissens, sorgsam über unersetzbare Erkenntnisse wachend. Die dabei den Status Quo der menschlichen und der magischen Welt aufrechterhalten. Eingesetzt werden sie von Mächten, die zumeist nur vor sich hindämmern, kaum einmal erwachen. Die Wächter führen ein unauffälliges Dasein. Ihren Lebensunterhalt verdienen sie sich als Buchhändler und Taxifahrer im London der 80er Jahre.

Vorhang auf für Susan, gerade 18 Jahre alt geworden und eine Halbwaise. Ihre Mutter steht zumeist ein wenig neben sich, vermeintlich wegen zu viel LSD-Genuss in ihren wilden Jahren.  

Susan zieht nach London. Nicht nur um hier ihr Kunststudium zu beginnen, sondern auch, um auf die Suche nach ihrem Erzeuger zu gehen. Ein paar wenige Namen und Hinweise hat sie gefunden. Und gleich die erste Anlaufstation bringt sie zu einem Schlürfer, einem Wesen, dass kein Mensch ist. Just, als sie eintrifft, wird dieser von einem jungen Schönling mit übersteigerten Selbstvertrauen mittels einer magischen Nadel zu einem Häufchen Asche reduziert. Kurz darauf rennt sie, zusammen mit dem Buchhändler mit der magischen Nadel, um ihr Leben. Pfeile prasseln auf sie nieder, übernatürliche Wesen hetzten sie. Selbst die Polizei, die sich sonst aus magischen Verbrechen tunlichst heraushält, versucht sie in einem Safe-House zu schützen. Natürlich vergebens. Ihr Leben wird nun so richtig interessant.

Willkommen in der magischen Welt, Susan. Einer Welt, aus der ihr Vater anscheinend stammt, einer Welt, die sie gnadenlos jagt und in der sie, dank ihres magischen Erbes ein Machtfaktor sein könnte.

Mit Susan und Merlin in eine wohltuend neuartige Anderswelt

Der Australier Garth Nix ist dafür bekannt, dass er sich für seine Bücher ganz besondere Ideen einfallen lässt. Die Romane um „Das alte Königreich“ erschienen bei Carlsen und Heyne. Der Lübbe Verlag legte in einer wunderbar gestalteten Hardcover Ausgabe die „Schlüssel zum Königreich“ auf, Panini seine Saga um „Der siebte Turm“.

Nun hat der Autor mit dem Penhaligon-Verlag eine neue verlegerische Heimat gefunden und legt eine Veröffentlichung vor, die uns eine im wahrsten Sinne des Wortes phantastische Geschichte offeriert.

Nix Geschichte ist dabei weit von dem sonst üblichen Fantasy-Stoff entfernt. Wer also eine Questen-Fantasy im „Herr der Ringe“- Stil erwartet, wird hier genauso wenig fündig werden, wie die Anhänger von Vampir-Beaus. Statt also beritten auf die Jagd nach Dämonen zu gehen, müssen unsere Erzähler mit viel intelligentem Witz, kaltem, sprich altem Eisen und ein wenig Fortüne gegen die Nachstellungen eines Urherrschers, den Schlürfern, Todeskultisten oder der Kesselbrut bestehen.

Geschickt nimmt der Verfasser seine Leserinnen und Leser mit der jungen, noch unerfahrenen, so manches Mal ungestümen Protagonistin an die Hand. Mit und durch diese erfahren wir von den verschiedenen Welten und ihren jeweiligen Bewohnern.

Garth Nix mixt hier eine interessante Mischung. Da ist das zunächst recht naiv agierende junge Mädchen und dazu gesellen sich mit Merlin (der hat mit dem alten Artus-Zauberer nichts zu tun) ein extravaganter Beau und dessen zauberkundiger Schwester. Sie sind zwei Agenten der Buchhändlerfamilie und gewähren uns einen intimen Einblick in deren Aufgaben. Dass Merlin unserer Schönheit vom Lande immer wieder Avancen macht, wirkte eher störend und unnötig. Hier hat der Autor zu viel des Guten gewollt.

Es leben die 80er Jahre

Angesiedelt ist die Handlung in den 80er Jahren. Entsprechende Reminiszenzen an die damaligen Hits und die Mode, ein Leben ohne Handy und Internet dürften bei so manchem gealterten Rezipienten für nostalgische Gefühle sorgen.

Der Plot selbst bietet sich interessant, verwickelt aber auch spannend aufbereitet an. Die Handlungskurve ist straff gespannt, immer weiter tauchen wir mit unseren Erzählern in deren phantastische Welt ein. Gerade die Besonderheiten der Wächterfamilie haben mich hier fasziniert, trotzdem sie recht dezent beschrieben wurden. Das war neu und somit interessant. Dieser Plot greift zwar auf den ersten Blick Elemente der Drood-Familie von Simon Green auf, geht dann aber doch ganz eigene Wege. Hier hätte ich mir noch ein wenig mehr an Informationen gewünscht. Denn die Clans sind auf interessante Weise eigentümlich und hätten sicherlich eine Vielzahl an Abenteuern und Erlebnissen zu erzählen.

Fazit

So unterhält der Urban-Fantasy-Roman „Die magischen Buchhändler von London“ spannend und bietet uns eine ungewöhnliche und eigenständige Perspektive auf die übernatürliche Welt an. Dabei bewegt sich die Handlung abseits des üblichen Vampir/Werwolf-Schemas und wird endlich einmal wieder in einem Stand-Alone Titel abgeschlossen.

Carsten Kuhr

Die magischen Buchhändler von London
Garth Nix, Übersetzung Ruggero Leò
Fantasy (Urban)
Penhaligon Verlag
April 2022
Buch
412
Anke Koopmann
76

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