Die maskierte Stadt- Genevieve Cogman

Elfen vs. Drachen

Die maskierte Stadt - Genevieve Cogman © Bastei-Lübbe
Die maskierte Stadt © Bastei-Lübbe

Irene Winters ist nun ortsansässige Bibliothekarin in der Parallelwelt B-395, in der sie und Lehrling Kai Strongrock den schlimmsten Feind Alberich in die Flucht geschlagen haben (siehe „Die unsichtbare Bibliothek“). Ruhiger wird der Job dadurch nur vorrübergehend. Irene und Kai ersteigern eine wertvolle Ausgabe von Bram Stokers „La sorcière“. Auf dem Rückweg lauern ihnen Werwölfe auf, anscheinend ist eine mysteriöse Lady hinter dem erworbenen Stück her.

Eine Unterredung mit dem Elf Lord Silver offenbart weitere Gefahren, er warnt Irene und Kai vor seinem Widersacher Lord Guantes und rät ihnen, die Parallelwelt zu verlassen. Während Irene in der Bibliothek recherchiert, möchte Kai sich mit dem Privatdetektiv Vale treffen – und kommt bei diesem nie an. Er gerät in eine Falle, der er selbst mit seinen Drachenkräften nicht entkommt. Irene muss Kai befreien. Ihr Weg führt sie zuerst an einen geordneten Rückzugsort der königlichen Drachen. Von Ao Shun, Kais Onkel, erfährt sie, dass es Chaos-Welten gibt, in denen Drachen nicht lange überleben. Als Elfen-Schülerin getarnt, begibt sich Irene in einen magischen Zug, der sie direkt in eine mit Chaos durchseuchte Version von Venedig bringt. Lord Guantes hält Kai in einem Gefängnis (Carceri genannt) für mächtige und gefährliche Elfen gefangen. Die Zeit wird knapp. Kai leidet und es gilt einen Krieg zwischen Elfen und Drachen zu verhindern.

Chaos oder Ordnung – Krieg oder Frieden?

Ich hatte am Ende des ersten Bandes der Reihe um die Bibliothekare schon befürchtet, dass die Autorin Genevieve Cogman den großartigen Schauplatz mit den unterschiedlichen Parallelwelten nicht wie erwartet für ihre nächste Geschichte nutzt. Denn sie hatte ihre Protagonisten Irene und Kai in einer viktorianisch-magischen Welt stranden lassen. Doch diese Sorge war unbegründet.

Die Handlung in „Die maskierte Stadt“ führt zunächst in eine geordnete Welt und dann zu haarsträubenden Abenteuern in eine geheimnisvolle und brandgefährliche Sphäre des Chaos. Die Autorin führt extravagante Schauplätze und Transportmittel ein, hier geht ungewöhnliches technisches Equipment nahtlos in magisches Wunderwerk über. Die Carceri und den Zug der Elfen beschreibt Cogman so detailreich, dass man sich selbst surreal anmutende Elemente vorstellen kann. Allein Genevieves Cogmans bildreiche, etwas verschnörkelte und humorvolle Art zu schreiben, ist schon Grund genug, die Serie um die „Bibliothekare“ zu lesen. Ein Blick in die englischsprachige Originalausgabe macht deutlich, dass der Übersetzer Dr. Arno Hoven auch ausgefallene Stilmittel treffend ins Deutsche übertragen hat. Besonders die Dialoge sprühen vor intelligentem Witz, Konfrontation und Schlagfertigkeit, zum Beispiel als Irene gezwungen ist, mit Silver ein Bündnis einzugehen.

»Silvers Mundwinkel kräuselten sich nach oben und formten ein Lächeln, das so süß wie Eiswein und so scharf wie Wodka war. „Aber ja, Miss Winters, meine liebe kleine Bibliothekarin. Das ist haargenau das, was ich von dir will.“ « [S. 158]

Auch die Handlung wartet mit jeder Menge magischer Action auf, entweder in Form der Bibliothekarssprache, oder heimtückischer Tricks der Gegner. Das Erzähltempo passt sich diesem schnellen Rhythmus an. Lediglich im Mittelteil streckt sich die Handlung in die Länge, als sich Irene zuerst der missliebigen Lady Guantes erwehren muss, um anschließend ihrem machthungrigen Gatten entgegenzutreten. Diese Szenen lesen sich zwar kurzweilig, bringen aber die Story nur wenig weiter. Am Ende bekommt es Irene ohnehin mit beiden im Doppelpack zu tun, was das rasante Finale einleitet.

Insgesamt ist die Handlung in „Die maskierte Stadt“ nicht so facettenreich, wie in „Die unsichtbare Bibliothek“, da es nur um die Befreiung Kais aus den elfischen Carceri geht. Zum Ausgleich erhält der Leser eine detailliertere Sicht auf die Machtverhältnisse in den Bibliothekars-Welten, die in den Folgebänden noch eine wichtige Rolle spielen dürften. Drachen und Elfen werden eingehender charakterisiert. Sowohl Kais Familie wünscht man Irene nicht zum Feind und Elf Guantes ist noch heimtückischer und böser, als der unausstehliche Lord Silver. Mit Raffinesse, Humor und magischen Tricks laviert Irene Winters zwischen Völkern und Parallelwelten, meistert gefährliche Aufträge und wahrt die Interessen der Bibliothek. Sie dabei zu begleiten ist echtes ein Vergnügen.

Eva Bergschneider

Die maskierte Stadt
Die Bibliothekare-Band 2
Genevieve Cogman (Übersetzer: Dr. Arno Hoven)
Steampunk/Steamfantasy
Bastei-Lübbe
August 2016
464

Funtastik-Faktor: 73

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