Die Silbernen – Tanya Huff

Mutige Frauen – starke Steamfantasy

Die Silbernen © Feder & Schwert
Die Silbernen © Feder & Schwert

Kaiser Leopold ist der Regent des Reichs Kresentian, in dem die Blütezeit der Wissenschaft und der Industrie gerade beginnt. Seine Armee überfällt das Herzogtum Aydori, in dem Gestaltwandler und Magierinnen, in Rudeln organisiert, leben und Magie allgegenwärtig ist. Der Kaiser hält das Herzogtum für rückständig, hat Magier und Gestaltwandler zu ‚Infamien‘ erklärt und ihnen somit jegliche Rechte aberkannt. Des Kaisers Truppen kommen mit Gewehren und Raketen, die mit Silbermunition bestückt sind gegen die die Heilkräfte der Werwesen nicht wirken. Diese Invasion dient nicht allein der Eroberung des Herzogtums. Trotz des festen Glaubens an die Überlegenheit der Wissenschaft folgt der Kaiser einer Prophezeiung seiner Wahrsager.

Die fünf Magierinnen des Magierzirkels geraten in kaiserliche Gefangenschaft. Doch die Mission der kaiserlichen Soldaten ist anscheinend noch nicht erfüllt, eine sechste Magierin ist ihnen entkommen. Dem Magierzirkel gehören jedoch nur fünf Frauen an, selbst die Rudelführerin Danika kann sich nicht vorstellen, wer diese Sechste sein soll.
Mit Hilfe von goldenen Netzen vermögen die Soldaten die Kraft der Frauen zu unterdrücken. Sie werden in den kaiserlichen Palast geschafft, wo sie den perfiden Experimenten des Kaisers ausgeliefert sind

Mirian Maylin, Tochter eines wohlhabenden Bankiers, hat bei der Magierprüfung lediglich die ersten Grade in allen Arten der nach den Elementen unterteilten Magie erreicht. Die typischen Flecken in den Augen, die Magierinnen kennzeichnen, sind jedoch ausgeblieben. Trotzdem will ihre Mutter sie in das Rudel einheiraten und führt sie der Gesellschaft vor. Als Mirian von der Jagd des Kaisers auf Magier erfährt, beschließt sie den Rudelführer an der Front zu warnen. Anstatt mit ihren Eltern in das Nachbarland zu fliehen, beginnt für sie ein gefährlicher Wettlauf auf einer schicksalhaften Reise.

Hervorragende Charakterzeichnung – originelles Magiekonzept

Der Roman „Die Silbernen“ vereint gleich mehrere phantastische Sparten miteinander. Typische Steampunk-Elemente sind eher rar gesät, vielmehr spielt die Geschichte mit der Idee hinter Steampunk. Die Begeisterung für Wissenschaft und Technik und der Glauben an das Übersinnliche stehen sich hier gegenüber. Der Fantasy sind Werwölfe und Magier entnommen, die neben nicht übersinnlich begabten Menschen die Hauptrollen spielen. Daher beschreibt der Begriff Steamfantasy Tanya Huffs Roman „Die Silbernen“ wohl am besten, wenn man ihn denn einem Subgenre zuordnen möchte.

Erzählt wird die Handlung aus jeweils drei Perspektiven. Aus der Sicht Mirians, die auf den Weg zur Front den Gestaltwandler Tomas Hagen trifft und mit ihm die Verfolgung der Entführer aufnimmt. Schon bald sind sie jedoch die Gejagten.
Aus der Perspektive des kaiserlichen Hauptmanns Reiter erleben wir die Verfolgung der noch flüchtigen Magierin und die Pläne und Aktionen Kaiser Leopolds mit den gefangenen Magierinnen. Und eine von ihnen, die schwangere Rudelführerin Danika, berichtet über die grausame Gefangenschaft im kaiserlichen Palast.

Außergewöhnliches Talent beweist die Autorin in der Charakterisierung ihrer Figuren. Insbesondere den Hauptfiguren kommt der Leser sehr nah, man lernt sie als lebendige Persönlichkeiten mit individuellen Stärken und Schwächen kennen. Zuweilen verweilt die Geschichte sogar etwas zu lange bei Ereignissen, die dem Charakter der jeweils handelnden Person mehr Tiefe verleihen, jedoch wenig zur Handlung beitragen.
Es gelingt der Autorin mühelos Gestaltwandler und Magier glaubwürdig darzustellen, ohne in Klischeefallen zu tappen. Allein der Antagonist Kaiser Leopold wirkt dann doch wie der kategorische Bösewicht, kann als solcher aber durchaus überzeugen.

Zudem wirkt Tanya Huffs Magiekonzept logisch durchdacht und kreativ. Die Magierinnen des Zirkels sind jeweils auf die Magie mit einem bestimmten Element (Luft-, Feuer -, Wasser-, oder Erdmagie) spezialisiert. Dazu kommen Fähigkeiten auf Metalle einzuwirken, oder die Heilkunst auszuüben. Diese Elementmagie einerseits, sowie die Pläne des Kaisers, Zauberei und Wissenschaft zu einer überbordenden Macht zu verschmelzen, bilden den Handlungsrahmen der Story  und verleihen ihr ein besonderes phantastisches Flair. Nicht allein der Wettlauf um Leben und Tod sorgt für Spannung und Dramatik. Sondern auch die Wandlung Mirians von der Tochter aus gutem Haus zur außergewöhnlichen Magierin ist für einige Überraschungen gut.

Abgerundet wird der Lesegenuss durch Tanya Huffs flüssigen und natürlichen Schreibstil. Egal ob sie düstere Szenen, Liebe oder heitere Situationskomik beschreibt, nichts wirkt aufgesetzt oder gewollt, sondern echt und stimmig. Gefühlt (mir liegt der Originaltext nicht vor) muss man einige Abstriche bei der Übersetzung machen. Ich habe zum Beispiel den Verdacht, dass die Farbe von Mirians Magieflecken  im Originaltext ‚silber‘ und nicht ‚weiß‘ ist, was dem Romantitel (im Original „The Silvered“) mehr Gewicht verleihen würde.

Eva Bergschneider

Die Silbernen
Tanya Huff (Übersetzung Lennart Janson und Jessica Becker)
Steampunk
Feder & Schwert
Februar 2015
596

Funtastik-Faktor: 79

2 Gedanken zu „Die Silbernen – Tanya Huff

  1. Danke für den Tipp! Tanya Huff ist meines Erachtens ja immer einen Blick wert und den Roman habe ich auch schon länger im Visier. Dann werde ich ihn mir jetzt endlich mal zu Gemüte führen!

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