Die Tochter des Propheten – (Das Kind des Weitsehers 2) – Robin Hobb

Zeit ist ein wertvolles Gut, auch in der Literatur

Die Tochter des Propheten © Penhaligon Verlag

Fitz Chivalry kann auf eine eindrucksvolle Karriere zurückblicken. Allerdings ahnt kaum ein Untertan im Königreich, was er alles für den Hof geleistet, mit welchen Mitteln er seinen Herrscher unterstützt hat. Fitz, der als Bastard selbst der königlichen Familie angehört, musste seine Gaben als Assassine nutzen, musste sich mit Barbaren, Piraten und Drachen anlegen, um seinen Herrscher die Regentschaft zu sichern.

Danach hatte er sich seine Ruhe wahrlich verdient. Abseits des Herrschersitzes, weit weg von Missgunst, Machtspielen und Intrigen zog er sich auf das kleine Gut Weidenhag zurück. Er gründete eine Familie und ließ seinen Nachwuchs in diesem friedlichen Teil der Welt aufwachsen. Doch das Schicksal lässt ihn nicht los. So sehr er bereits gelitten hat, weitere Fährnisse und Verluste kommen auf ihn zu.

Nachdem ihm seine Frau viel zu früh durch den Tod entrissen wurde, klammert er sich an seine Tochter Bienchen. Dass diese mit besonderen Gaben gesegnet ist, führte im Finale des ersten Teils „Die Tochter des Drachen“ zu ihrer Entführung. Um den Entführern auf die Spur zu kommen und eine Chance zu haben, Bienchen zu retten, muss ihr Vater etwas tun, was er nie tun wollte – an den Königshof zurückkehren. Wohl wissend, dass sie ihn und seine besonderen Talente dort wieder vereinnahmen werden.

Nach dem mehr als fiesen Cliffhanger zum Finale des ersten Bandes der Trilogie folgt zunächst die Auflösung der Geschehnisse. Der Leser erfährt, wie die Entführung vonstattenging, wie die Tat verschleiert werden sollte und wer sich hinter den Entführern versteckt. Fitz dagegen kehrt in ein vertrautes, aber nichtsdestotrotz immer noch gefährliches Umfeld zurück. Hier trifft er auf alte Bekannte, Widersacher und Verbündete. Und er lernt neue Figuren im höfischen Machtspiel kennen.

Weniger ist manchmal mehr

Das alles nimmt Zeit und Seiten in Anspruch. Robin Hobb ist eine Autorin, die sich die nötige Zeit nimmt. Das wissen wir aus den vorhergehenden zwei Trilogien um Fitz und dem ersten Band des vorliegenden Dreiteilers „Das Kind des Weitsehers“. Zeit, um uns ihre Welt auch in den Details glaubwürdig vorzustellen, Zeit um ihre Figuren liebevoll und interessant charakterisiert darzubieten.

Das führt dazu, dass sich die Lektüre dieses zweiten Bands zunächst so anfühlt, als passiere nicht wirklich viel. Dies ist aber ein Trugschluss, der sich dem Leser erst in der Rückschau offenbart. Im Nachhinein wird deutlich, wie minutiös geplant die unauffälligen Info-Drops sind. Wie harmonisch sich diese für das Verstehen des Plots unabdingbaren Informationen in die Handlung einfügen. Weniger talentierte Autoren würden ihre Leser mit den umfangreichen Beschreibungen von Figuren und Motiven langweilen. Sie würden an der Handlungsarmut scheitern und ihre Leser das Buch frustriert zuklappen. Nicht so bei Robin Hobb, der es auf unauffällige Art und Weise gelingt, uns an ihren Text zu fesseln. Das sich abzeichnende Beziehungsgeflecht, die Intrigen, die Figuren selbst. Alles ist minutiös ausgearbeitet und nimmt uns Rezipienten gefangen. Was sind das für Akteure, was wollen sie erreichen und warum? Fragen, die sich dem Leser aufdrängen und ihn die Seiten neugierig umblättern lassen.

Dazu kommt, dass Robin Hobb ihr Augenmerk in „Die Tochter des Propheten“ verstärkt auf neue, junge Figuren richtet. Das große – letzte? – Finale wird vorbereitet und schon zu Weihnachten wird wohl der Abschlussband auf seine Leser warten. Dem Penhaligon Verlag sei Lob und Dank dafür ausgesprochen, die Bände in so kurzen Abständen vorzulegen. Wir wollen doch unbedingt wissen, wie sich alles fügen wird.

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Carsten Kuhr

Die Tochter des Propheten
Das Kind des Weitsehers, Band 2
Robin Hobb (Übersetzung Maike Claußnitzer)
Fantasy
Penhalogon Verlag
Oktober 2019
970

Funtastik-Faktor: 87

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