Immer wenn man denkt skurriler geht es nicht mehr,…
… kommt ein neuer Fall für Hippolit und Jorge daher. „Die Wüstengötter“ heißt der neue Roman von Jens Lossau und Jens Schumacher im Rahmen der IAIT-Serie, mit dem Meisterzauberer, der im Körper eines Jugendlichen steckt und seinem Gehilfen fürs Grobe, einem Troll. Leider ist der Meisterzauberer gar keiner mehr, denn beim letzten Fall mit dem „Knochenhexer“ hat Hippolit seine magischen Fähigkeiten eingebüßt. Und den Dienst beim IAIT, dem Institut für angewandte investigative Thaumaturgie (so viel Zeit muss sein), quittiert. Doch nun braucht man ihn wieder, denn im Wüstenstaat Yaget’pen geschehen bizarre Morde, bei denen sämtliche Knochen der Opfer aufgelöst werden. Es bleibt nur die leere Körperhülle zurück.
Das letzte Opfer ist der Altertumsforscher Professor Corenje, ein Universitätskollege Hippolits. Er erforschte die berühmten Kegelgräber von Yaget’pen, mitten in der Wüste und zwanzig Meilen von der Hauptstadt des Reichs Kòbai entfernt gelegen. Professor Corenje knochenlose Überreste wurden im Eingangsbereich eines der Gräber gefunden. Da Hippolit den Professor kannte und schätzte, lässt er sich von Jorge überreden, in dem Fall zu ermitteln. Kaum ist das Team der IAIT Ermittler, verstärkt durch die Thaumaturgin Magistra Iloven und Jorges Vater Joris, in der Wüste angekommen, gibt es ein weiteres Opfer zu beklagen. Admiral Luctar, der von der Regierung Yaget’pens beauftragte Wachhund für das IAIT Team, verstirbt, nachdem ihm Teile seines Skelets extrahiert wurden. Die Ermittler reisen nach Kòbai, erfahren von weiteren Opfern und treffen auf eine seltsame Sekte, deren Anhänger sich verstümmeln und in grüne Bandagen kleiden. Die Ermittlungen drohen schon zu scheitern, als ausgerechnet der trink- und spielfreudige Troll Hinweise auf ein Jahrtausende altes Geheimnis aufschnappt, das die Geschichtsbücher Lorgonias umschreiben wird.
„Das fehlte noch, dachte Hippolit […]. Eine Frau, ein versoffener Troll und jetzt noch ein Aufpasser und Möchtegern-Thaumaturg! Bin ich eigentlich nicht gestraft genug?“ [S. 81]
Es ist wieder da, das umstrittene, aber erfolgreiche IAIT Ermittlerteam Hippolit und Jorge. Am Ende von „Der Knochenhexer“ hatte man schon befürchtet, dass mit dem Verlust von Hippolits thaumaturgischen Kräften das Ende der Serie gekommen sei. Zumal man sich kaum vorstellen konnte, was denn nach thaumaturgisch belebten Dinosaurierskeletten noch komme sollte. Doch Lossau und Schumacher haben sich für eine weitere Fortsetzung der Serie neue skurrile Kreaturen einfallen lassen, über die die Rezensentin nicht zu viel verraten möchte. Ein Hinweis sei erlaubt; die Fantasy-Welt ist Jens und Jens offenbar nicht genug.
Um das fehlende thaumaturgische Talent Hippolits auszugleichen, rekrutiert das IAIT eine Magistra, die beinahe an die Genialität des früheren Hippolit heranreicht und äußerst selbstbewusst auftritt. Iloven ist eine echte Bereicherung für das IAIT. Zweiter Neuzugang ist Jorges Vater Joris, ein Troll alter Schule, also trink- und spielsüchtig und ausgiebig fluchend. Immens hohe Spielschulden führten Joris in Jorges Behausung, denn die Spielerszene Nophelets hat es auf ihn abgesehen. Was bleibt Jorge also anderes übrig, als seinen unzivilisierten Vater mitzunehmen, als er mit dem Cymwoog (Zeppelin-Äquivalent) zu Ermittlungen in die Wüste aufbricht? Die Neuzugänge Magistra Iloven und Vater Troll könnten unterschiedlicher nicht sein. Was die eine an Ecken und Kanten zu wenig hat, hat der andere zu viel. Beide sind herrlich überzogen und passen daher perfekt in das IAIT Ensemble. Dagegen erscheint die Widerwärtigkeit des Bösewichts, eines chauvinistischen Fieslings namens Dontchev, dem alle degoutanten Fäkalienausdrücke in den Mund gelegt werden, denen Vater Troll nicht gewachsen ist, ist vielleicht doch etwas zu dick aufgetragen.
Die IAIT Reihe hat trotz thaumaturgischer Kniffe auch als Krimi überzeugen können, in dieser Hinsicht bleibt „Die Wüstengötter“ jedoch etwas hinter seinen Vorgängern zurück. Die Auflösung der Mordfälle ergibt zwar Sinn, kommt jedoch arg zufallsgesteuert, eben wie der berühmte Gott aus der Maschine, daher.
Die Arbeit beim IAIT fordert und verändert Jorge und Hippolit, wie man nicht nur am Beispiel der nun therapeutischen Trollsprichwörter, die mitunter sogar Lebensweisheiten beinhalten, beobachten kann. Was der Reihe fehlt ist eine bandübergreifende Rahmenhandlung. Nicht unbedingt ein Schurke, der immer wieder auftaucht, aber andere Figuren, die in passenden Fällen in Erscheinung treten und Hippolit und Jorge als Bezugspersonen dienen. Oder fallunabhängige Ereignisse, die ihre Weiterentwicklung vertiefen.
Fazit
Auch der fünfte Band der IAIT- Reihe „Die Wüstengötter“ hält, was seine Vorgänger versprechen, nämlich kurzweilige, lustige, skurrile und originelle Unterhaltung mit Wiedererkennungswert. Wer schräge Fantasy-Krimis mag, kommt an Meister Hippolit und Jorge dem Troll einfach nicht vorbei.
Eva Bergschneider
Meister Hippolit und Jorge, der Troll - Band 5
Fantasy
Feder & Schwert
Mai 2015
382
Funtastik-Faktor: 74