Verschiebungen im Plot zu Lasten der Verbrechensaufklärung
Detroit, Michigan ist eine Metropole, die ihren Glanz verloren hat. Eine Stadt, die vom wirtschaftlichen, wie gesellschaftlichen Niedergang geprägt ist, eine Heimat für Gangs, Obdachlose und die übernatürliche Gemeinschaft.
Nora passt mit ihrem Schicksal und ihren Psychosen hier gut hinein. Als Waise von einer Pflegefamilie zu nächsten weitergereicht und von den Pflegevätern missbraucht, zog sie sich immer mehr in sich selbst zurück. Bis sie eines Tages feststellen musste, dass sie wirklich anders, als die anderen ist. Nach und nach fand sie heraus, dass auch sie zu den Übernatürlichen Detroits gehört. Sie ist eine Sirene und daher rührt die sexuelle Aufmerksamkeit, die ihr ungewünscht allüberall entgegengebracht wird.
Inzwischen hat sie Verbündete, Freunde, ja eine Familie in dieser Welt gefunden. Wesen, die sich um sie kümmern, die sie lieben, wie sie ist, die sie unterstützen und auffangen.
Als eine Mordserie an Feen die Stadt heimsucht, wird sie gebeten, die Aufklärung der Verbrechen zu übernehmen. Wie nicht anders zu erwarten, führt dies zu jeder Menge dramatischer, ja existenzieller Gefährdungen. Dazu kommen komplizierte Beziehungen zu einer Reihe von potenziellen Geliebten. Sprich, unserer Nora wird es beileibe nicht langweilig.
Zu viel Gefühlschaos
Die ersten beiden Bände der Buchreihe „Underworld Chronicles“, die bereits im Dezember mit Band 4 fortgesetzt wird, bot durchaus ansprechendes Lesefutter. Grob als Mischung aus Urban Fantasy mit Romance Einflüssen einzuordnen, unterhielt der jeweilige Plot mit markanten und somit interessanten Figuren.
Dem grundlegenden Schema der Reihe bleibt das Autorenpaar Jackie May auch im dritten Band „Erwacht“ treu. Sprich, eine existenzielle Gefahr sucht die übernatürliche Gemeinschaft heim und es ist an Nora, diese unter großen persönlichen Opfern zu bannen.
Allerdings gewichten die Verfasser ihren Plot vorliegend ein wenig anders als im Auftakt „Verflucht“ und dem zweiten Band „Gejagt“. Der Romance Anteil rückt deutlich in den Vordergrund. Unsere Sirene sammelt, im wahrsten Sinne des Wortes, eine Art männlichen Harem um sich herum. Recht interessant dabei ist, wie diese unterschiedlichen Wesen – Trolle, Vampire, Gestaltwandler und Hexer – versuchen, miteinander auszukommen und sich zu arrangieren. Obwohl die allermeisten wahrliche Alpha-Tiere sind. Allerdings nahmen für meinen Geschmack diese emotionalen Verwerfungen doch ein wenig überhand. Zwar wird die innere Zerrissenheit der Protagonistin erneut gut und nachvollziehbar aufbereitet. Jedoch nehmen diese Szenen einfach einen zu breiten Raum ein, der letztlich zur Lösung des Verbrechens fehlt.
Der Kriminalplot, also die Suche nach den Tätern, ist dabei in sich logisch und auch spannend beschrieben. Hätten also die Schreibenden sich in „Erwacht“ ein wenig mehr auf diesen Teil der Geschichte konzentriert, hätte sich der Roman bündig in die Reihe eingefügt. So aber war es mir zumindest ein wenig zu viel Gefühlschaos und dementsprechend zu wenig „who did it“.
Carsten Kuhr
Underworld Chronicles, Band 3
Fantasy (Urban)
One
April 2022
Buch
346
Alexander Kopainski
68