Exodus 9414 Der dunkelste Tag – Thariot

Wie man ein SF Epos nicht fortsetzen sollte

Exodus 9414 - Thariot ©Fischer Tor
Exodus 9414 ©Fischer Tor

Die USS London hat es geschafft, sich aus den Fängen des schwarzen Lochs zu befreien. Doch der Preis dafür ist eine Reise in die Zukunft, da aufgrund der Zeitdilatation außerhalb des Schiffs mehrere 1000 Jahre vergangen sind. An Bord des Raumschiffs herrschen allerdings Ruhe und Frieden. Nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass aktuell nur die schwangere Jazmin Harper und ihr Geliebter Denis aktiv sind. Der Rest der Crew befindet sich entweder als Erwachsene oder als Embryonen im Kryoschlaf.

Unerwarteter Besuch, unerwarteter Empfang

Doch dann kriegen sie unerwarteten Besuch von einer Androidin. Sie kommt an Board des Schiffs, bekämpft die Besatzung und erlangt schließlich die Kontrolle über die London.

Jazmins Bruder, Maximilian, ist ihr Äquivalent auf dem Schwesterschiff U.S.S. Boston. Er hat in seiner Zeit ebenfalls mit Problemen zu kämpfen. Ihm ist es gelungen, sein Schiff zum Ziel zu führen, wenn auch mit über 200 Jahren Verspätung. Doch kaum angekommen, stellt sich heraus, dass sie schon erwartet werden. Und dass die Leute, die sie in Empfang nehmen, mit ihm und der Crew nichts Gutes vorhaben.

Ein schöner Kontrast und ein Rätsel zum Beginn

Ich fand „Exodus 2727“ richtig gut. Vielleicht kein perfekter Roman, aber ein absolut lesenswerter, der für mich einer der besten war, die ich letztes Jahr gelesen habe.
Umso gespannter war ich auf die Fortsetzung „Exodus 9414“. Was würde sich Thariot dieses Mal einfallen lassen? Welche Knüppel würde er seinen Figuren als nächstes zwischen die Beine werfen?

Der Beginn des Romans liest sich interessant. Man erfährt, wie die Schiffe London und Boston in ihre jeweiligen Schwierigkeiten geraten. Dabei liegt der Fokus der Handlung vor allem auf Jazmin und ihrem Bruder Maximilian. Letzterer wird dem Leser zwar kurz, aber für den Einstieg ausführlich genug vorgestellt. Der Kontrast seines Lebens zu dem seiner Schwester könnte größer nicht sein und offenbart eine drastische Überraschung.

Nach ungefähr einem Viertel des Romans führt Thariot eine weitere Protagonistin ein. Isabella ist eine Historikerin, die ein Buch über das Wirken und Werken von Jazmins und Maximilians Vater schrieb und dabei auch auf sensible Themen einging. Dafür wollen sie die neuen Bosse seiner einstigen Firma in Grund und Boden klagen. Doch nach einigem Hin und Her erklärt sie sich bereit, diesen Leuten einen Gefallen zu tun, wenn sie im Gegenzug von einer Klage absehen.

Gefolgt von Auflösungserscheinungen

Dies ist dann genau der Augenblick, in dem die Handlung in „Exodus 9414“ anfängt, auseinanderzufallen. Denn man hat das Gefühl, dass der Autor sich nicht sicher war, auf welchen Plot er sich konzentrieren soll. Auf die Erlebnisse von Jazmin, die sich, ihr Schiff und ihre Familie vor dem heimtückischen Androidenangriff verteidigen muss? Auf Maximilian, der dafür zum Tode verurteilt wird, dass er ein Android ist? Nur um dann in eine Verschwörung eingespannt zu werden? Oder auf Isabella, die auf eine andere Weise in diese Konspiration verwickelt wird?

Am Ende schafft er es, keinem dieser Handlungsfäden gerecht zu werden. Isabella wird bald zu einer bedeutungslosen Nebenfigur, obwohl sie wie eine bedeutsame Akteurin eingeführt wurde. Mit Maximilians Geschichte wird das eigentlich interessantere Schicksal der Besatzung und der Ladung der USS Boston angeschnitten. Dies verliert aber im Laufe der weiteren Handlung an Bedeutung, zugunsten einer langweiligeren Verschwörung. Und die Abenteuer von Jazmin? Lesen sich belanglos. Es kommt keine rechte Spannung auf, weil, anders als noch im Vorgängerroman, dieser Erzählstrang wie ein 08/15 Actionfilm herüberkommt.

Fazit

All das, was „Exodus 2727″ noch ausgezeichnet hat, diese dichte Katastrophenfilmatmosphäre und die durchweg gute Charakterisierung der Figuren, wirft Autor Thariot mit „Exodus 9414″ komplett über Bord. Der Roman liest sich wie eine lieblose Auftragsarbeit, wie das bloße Erfüllen eines Vertrags. Es fehlt an Seele, an Begeisterung für das Werk. Und das ist, angesichts des überzeugenden Vorgängers, wirklich schade.

Götz Piesbergen

Exodus 9414-Der dunkelste Tag
Exodus Dilogie, Band 2
Thariot
Science Fiction
Fischer Tor
August 2020
379
Nele Schütz Design
25

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