Über die kleinen und großen Tragikomödien des Alltags. Oder: Jeder Mensch braucht einen Vonsch
Manati hat Geburtstag. Doch ihr ist nicht im Geringsten feierlich zumute. Sie hat sich mit einem Freund zu ihrem Lieblingsballett „Krabat“ verabredet, doch der hat kein echtes Interesse. Der Mann, den sie liebt, hat sie belogen und verraten und schreibt ihr nicht einmal eine SMS zu ihrem Ehrentag. Einen Stoßseufzer der Erleichterung stößt sie aus, als es wenigstens nach Ballettende anfängt zu schneien, denn Schnee gehört zu ihrem Geburtstag einfach dazu. Deshalb spaziert sie an ihrem Haus vorbei Richtung Wald, um ihren Kopf frei zu bekommen.
Plötzlich stolpert sie und findet einen schreienden und weinenden Kobold, den Getreuen Vonsch. Weil er jammert, bettelt und Manati ihn herzallerliebst findet, nimmt sie ihn mit zu sich nach Hause. Schon auf dem Weg dorthin fangen die Geschichten an, die sie sich gegenseitig erzählen. Der Getreue Vonsch zieht bei ihr ein.
Ein Herzensprojekt für alle Herzen
In 12 Kurzgeschichten, eingebettet in eine Rahmenerzählung, ist Manati Herz der Künstlername der Autorin und die Protagonistin zugleich. Die Figur Manati Herz ist eine zutiefst verletzte, unglückliche junge Frau, die sich von niemandem verstanden fühlt. Der Getreue Vonsch liebt eine Elfe, die spurlos verschwand. Einige der Erzählungen greifen eine unerfüllte Liebe, Liebesleid, den Kampf um die Liebe, das Versagen in ihr und tiefe Sehnsüchte auf. Oder sie berichten über allerlei kleine Wehwehchen, die sich durch außergewöhnliche Umstände zu großen Dramen entwickeln. Den Bogen spannt dabei das Zusammenleben mit dem Kobold. Der badet – stopp wir spoilern nicht. Er schimpft, zetert und beklagt sich ständig über sein Los. Nach und nach werden Manati und er die besten Freunde. Sie verstehen sich, weil ihnen beiden eine gewisse Schwermut zu eigen ist. Nach und nach erleben sie sich als Seelenpartner.
„Oft folgt der Mensch seinem Trieb, etwas Gutes, Schönes oder Unschuldiges einfach zu zerstören.“ [S. 143]
„Fesselnde Erzählungen aus der Anderswelt“ ist das Debüt der jungen Frau aus Schwäbisch Hall, die sich getraut hat, dafür einen eigenen Verlag zu gründen. Dabei heraus gekommen ist ein liebenswertes Buch, das trotz lauter trauriger Begebenheiten einen leicht humoristischen Grundton anschlägt. Die Hoffnung stirbt nie. In den Erzählungen bedient sie sich souverän verschiedener Genres. Es gibt Märchen, Sagen, Balladen, Schauergeschichten oder einfache Kurzgeschichten. Der Zauber ihrer Heimat, der Naturpark Schwäbisch-Fränkischer Wald mit seinen Muschelkalkklingen, Grotten, Quellen und Wasserfällen, hat sie inspiriert und ist in ihnen lebendig geworden.
Das Buch ist ein Herzensprojekt. Das merkt der geneigte Leser in jedem Satz. Es berührt vor allem an den Stellen, an denen sich der Leser unversehens selbst wieder findet. Wenn er zum Beispiel als Erwachsener an seinen Lieblingsteddy oder seine Lieblingspuppe erinnert wird. Die haben auf einmal eine Seele und sind untröstlich, dass sie im Keller oder auf dem Dachboden eingesperrt sind. Davon gibt es mehr zu entdecken. Zu den großen Geschichten gehört die vom pensionierten Oberstudienrat Häberle und das Märchen am Ende des Buches. Für jeden Leser wird das eine andere Erzählung sein. Doch das Besondere sind Manati und ihr Getreuer Vonsch. Gemeinsam vertreiben sie die trübsinnigen Gedanken: ihre eigenen und die der Leser.
Zum Trost und zur Erbauung
Eine Kinderkrankheit kann Manati Herz bei ihrem nächsten Buch, das sie hoffentlich schon fleißig schreibt, mit Leichtigkeit kurieren: Ein Korrekturlesen der Druckfahnen wäre nötig gewesen.
Der Leser, der am Lagerfeuer etwas vorlesen möchte, ist genauso mit den Erzählungen aus der Anderswelt bedient, wie einer, der Trost in guten Geschichten finden möchte.
Amandara M. Schulzke
Fantasy
Manati Herz
16. Dezember 2017
2015
Funtastik-Faktor: 75
Vielen vielen Dank, ich bin zu Tränen gerührt und fühle mich sehr sehr sehr verstanden. Danke Amandara. Manateelove! ❤️???