Faszinierendes Abenteuergarn mit ungewöhnlichen Motiven
Willkommen in einer Welt, in der Schlachten mit Vorderladern und blankem Stahl ausgefochten werden. Einer Welt, in der sich ganze Königreiche misstrauisch und feindlich gegenüberstehen. Einer Welt, in der die Kabale der magisch Begabten oftmals kriegsentscheidend eingreifen. Einer Welt, in der die Handelsherren und der Klerus im Intrigenspiel mitmischen. Und einer Welt, in der die alten Götter auf Erden wandeln.
Willkommen in Adro, dem Königreich, in dem der Kommandeur der Armee den König gestürzt, seine Kabale gemeuchelt und die Adeligen hat aufknüpfen lassen. Dies aber nicht etwa, um sich selbst an die Spitze des Staates zu stellen. Sondern um dem zarten Pflänzchen Demokratie zur Blüte zu verhelfen.
In den ersten beiden Bänden der Powder-Mage Chroniken folgen wir vier Personen ins Abenteuer.
Als da sind: Feldmarschall Tamas, ein Putschist und zugleich verdient gefeierter Held der Bevölkerung. Sein Sohn Taniel Zwei-Schuss, ein Pulvermagier, der mittels Einnahme von Schwarzpulver seine ohnehin schon beeindruckenden Fähigkeiten weit über das übliche Maß hinaus steigern kann. Nicht umsonst nennt man ihn Gottesmörder. Nila, eine ehemalige Wäscherin, die den letzten aus der Blutlinie der abgesetzten Herrscher rettete und mittlerweile ihr magisches Talent entdeckte. Und last, but certainly not least Inspektor Adamat. Polizist, rastloser Detektiv mit eidetischem Gedächtnis, der trotz herber persönlicher Verluste die Schuldigen entlarvt und zur Rechenschaft zieht. Dazu gesellen sich Verräter, Feldherren, Herrscher, Gewerkschafter, Kollaborateure, Betrüger und Götter die, jeder für sich und in wechselnden Allianzen, ihre jeweiligen Ziele zu erreichen suchen.
Nachdem Tamas dem Gott Kresimir eine Kugel ins Auge geschossen hat, scheint dessen Zeit vorbei zu sein. Sicherlich auch, weil Tamas´ Begleiterin, die stumme Zauberin Ka-poel, den mächtigen Gott gefesselt und schlafen gelegt hat. Während sein Vater noch versucht, die Invasion des Landes durch das Nachbarreich Kez aufzuhalten, machen sich die Truppen eines anderen Landes daran, die Hauptstadt von innen zu erobern. Kirchen werden geschliffen, der Anführer stellt sich als neues Staatsoberhaupt zur Wahl. Nicht nur Adamat vermutet, dass es hier nicht mit rechten Dingen zugeht. Weder im Wahlkampf, noch beim Krieg gegen die Armeen des Nachbarreiches. In beiden Fällen kommt Magie zum Einnsatz, über die kein Mensch verfügen kann. Doch wer will sich dem Schicksal schon in den Weg stellen? Nun, wir hätten da so einige Wagemutige zur Auswahl.
Das Napoleonische Zeitalter lässt grüßen
Über die drei voluminösen Bände hinweg hat uns Brian McClellan nicht nur eine bis dato nicht gelesene Magie-Variante offeriert. Er präsentiert eine Welt , die an die Napoleonische Ära erinnert und nicht, wie so oft, archaischen Reichen ähnelt. Es gibt Zivilisation, Zeitungen, ja sogar Gewerkschaften. Entsprechend fortschrittlich entwickelt sind die verwendeten Waffen in den reichlich geschlagenen Schlachten. In dieser abenteuerlichen Geschichte fehlen weder Helden – tragische wie glückliche -, noch Götter.
Man mag dem Autor zu Recht vorwerfen, dass er uns viele Details aus seiner Welt kaum erklärt. Dass so Manches am Setting diffus und rudimentär bleibt. Doch der Faszination, mit der der Rezipient dem rasanten, dramatischen Geschehen folgt, tut dies wenig Abbruch.
Nachdem der Autor uns zwei Bände lang seine Rätsel offerierte, seine Figuren in Position brachte und deren Motive glaubhaft erklärte, führt er in „Herbstrepublik“ die Handlungsstränge zusammen. Und er hält einige Wendungen für seine Leser bereit. Manche konnte man erwarten, doch mindestens ebenso viele nicht vorhersehbare Plottwists überraschen bei der Lektüre.
Zu erwähnen ist noch, dass der Verlag uns dankenswerterweise die Original-Coverabbildungen der US Ausgabe anbietet. Außerdem baute Brian McClellan seine Welt in einer zweiten Trilogie, mit anderen Figuren und in einem anderen Landstrich spielend, weiter aus. Ob Cross-Cult diese Trilogie publizieren wird, konnte ich leider nicht herausfinden.
Die übersichtliche Anzahl der handlungsrelevanten Figuren trägt weiter dazu bei, den Fokus zu zentrieren und das Tempo hochzuhalten. Trotzdem dass nicht alle Ansätze in sich logisch zu Ende gebracht wurden und einzelne Fäden offen blieben, unterhält dieser finale Band der „Powder Mage Chroniken“ durchaus fesselnd, wenn auch deutlich martialischer als die ersten Teile.
Carsten Kuhr
Die Powder Mage Chroniken, Band 3
Fantasy
Cross Cult
November 2019
774
Funtastik-Faktor: 72