Der Schein trügt
Die Wega scheint als einziges System der Menschheit den Krieg gegen den Hive schadlos überstanden zu haben. Im Orbit des Planeten reihen sich wie an einer Perlenschnur die Raumstationen aneinander. Alles wirkt wunderschön, als ob die Bewohner in einem goldenen Zeitalter leben.
Das ist die Situation, die sich Ryk und seinen Freunden bei ihrer Ankunft darstellt. Für sie, die sie der vom Hive verwüsteten Erde entkamen, wirkt dies alles unwirklich. Und tatsächlich zeigt sich bald, dass die Dinge nicht so sind, wie sie scheinen. Das Chaos bricht aus und in dessen Verlauf verschlägt es die Helden auf die Planetenoberfläche. Wo allerdings die Folgen des Krieges die Lebensumstände prägen.
Dirk van den Boom macht mit Band zwei seiner „Der letzte Admiral“-Reihe „Perlenwelt“ nicht den Fehler, einen ähnlichen Roman zu schreiben, wie den ersten Teil „Metropole 7„. Stattdessen verfasst er eine Geschichte, die zwar weiterhin dem Hauptplot der Serie folgt, der Suche nach dem titelgebenden Offizier. Aber er macht hier einen Abstecher, um zu zeigen, wie das Schicksal der Erde alternativ hätte enden können.
Ausführlich widmet der Autor sich der Darstellung der Verhältnisse auf der Wega. Detailliert schildert er den schönen Schein, in dem Ryk und seine Freunde ankommen. Eine Welt, in der der Hive allem Anschein nach besiegt und unterjocht wurde. Alles scheint perfekt zu sein. Zu perfekt, wie die Protagonisten zum Glück bald bemerken.
Und in der Tat bricht eine Rebellion in den Raumstationen aus, in deren Folge es die Gruppe aus dem Weltall auf die Planetenoberfläche verschlägt. Wo die Verhältnisse längst nicht so idyllisch sind, wie im All. Dies ist dann der Moment von „Perlenwelt“, in dem die Handlung endlich spannend wird.
Wie aus einem behäbigen Beginn ein Ende mit Aha-Effekt wird
Denn so wichtig die Passagen im All auch sind: Dirk van den Boom schafft es nicht, ein gesteigertes Interesse des Lesers für diesen Teil der Geschichte zu wecken. Zu sehr plätschert der Plot vor sich hin, zu offensichtlich ist da etwas faul. Erst ab dem Moment, in dem die Handlung richtig losgeht, zieht der Autor die Zügel an und fesselt die Aufmerksamkeit der Leser.
Das fängt schon damit an, dass er mit derselben Liebe zum Detail, die bisher seine Arbeit auszeichnete, die Lebensbedingungen auf der Planetenoberfläche beschreibt. Hier zeigen sich die Schattenseiten des augenscheinlichen Sieges über den Hive. Denn der Planet ist verwüstet und vom Krieg enorm gezeichnet. Ein Überleben scheint schwer möglich. Van den Boom erzeugt viel Spannung damit, dass vollkommen unklar bleibt, ob die Protagonistengruppe lange genug übersteht, um ihre eigentliche Mission zu erfüllen.
Der Höhepunkt der Geschichte ist eine absolut grandiose Enthüllung, mit der man als Leser nicht gerechnet hat. Ohne allzu viel zu verraten: Sie beweist, dass man den Hive nicht unterschätzen darf. Und dass die Antwort auf die Frage, wer die Macht im Wega-System inne hat, vielleicht anders ausfällt als am Anfang des Buches angedeutet. Hier ist dem Autor ein genialer Plottwist gelungen.
Am Ende ist „Perlenwelt“ nicht so stark wie „Metropole 7“. Doch noch immer spielt Dirk van den Boom mit den Erwartungen des Lesers und überrascht ihn damit enorm. Die grandiose Wendung gleicht den schwachen Romananfang aus.
Götz Piesbergen
Der letzte Admiral 2
Science Fiction
Cross Cult
April 2020
384
Arndt Drechsler
Funtastik-Faktor: 75