Prion (Lumera Expedition 5) – Jona Sheffield

Prion – ein Lumera Science Fiction Thriller

Prion (Lumera Experdition 5) © Jona Sheffield
Prion (Lumera Experdition 5) © Jona Sheffield

Phantastikbegeisterte eBook-Freunde und Science-Fiction Fans mit Kindle im Anschlag sind sicher schon über die Romane der „Lumera“ Reihe gestolpert. Und sei es auch nur in den „gesponsort“ Werbeanzeigen, die auf Amazon eingeblendet werden. Diesen kann man tatsächlich kaum entrinnen, wenn man auch nur irgendeinen Suchbegriff mit Bezug zur Science-Fiction eingibt oder ein Buch des Genres betrachtet.

Inzwischen ist mit „Prion“ der fünfte Teil der Reihe und der zweite Semi-Standalone Roman erschienen. Natürlich auf und um Lumera angesiedelt, dem Schauplatz der ursprünglichen Trilogie (Survive, War, Return) und dem ebenfalls eigenständig aufgezogenen „Projekt Eden“. Das Setting ist schnell erklärt: Die Erde ist (mal wieder) ziemlich im Eimer. Dank exotischer Portaltechnolgie gibt es jedoch eine Fluchtmöglichkeit –  auf den scheinbar paradiesischen Planeten Lumera. Wo es jedoch nicht nur gefährliche Fauna und Flora, sondern auch die keinesfalls primitive Kultur der Kidj´Dan gibt. Konflikte sind vorprogrammiert, auch wenn auf beiden Seiten Stimmen der Vernunft die friedliche Koexistenz vorantreiben. Eine Mischung aus Camerons „Avatar“, Petersons „Transport“, Stargate Motiven und Primeval. Nicht die schlechteste Ausgangsposition.


Endlich eine AutorIN, die ganz vorne mitmischt!

Das war so ziemlich mein erster Gedanke, als mir vor etwas mehr als einem Jahr der erste Lumera-Band „Survive“ auffiel. Denn, seien wir ehrlich, die Welt der deutschsprachigen Science-Fiction Selfpublisher ist eine sehr männlich dominierte. Zumindest, wenn es um Sichtbarkeit und Verkaufserfolge geht. Die Namen auf den vorderen Plätzen sind stets dieselben – Tree, Morris, Thariot, Ertlov, Peterson und gelegentlich Cliff Allister oder Ralph Edenhofer teilen sich die Beute untereinander auf. Der Frauenanteil an den Top-Sellern war bis 2019 nicht einfach niedrig, er war unsichtbar. Und das, obwohl zum Beispiel Gabriele Nolte überaus kreative und gelungene SF-Stories selbst verlegt. Jona Sheffield kam aus dem Nichts, sah und siegte – nicht zuletzt dank überragendem Marketing. Professionelle Produktseiten, der Aufbau einer eigenen Community fast vom ersten Tag an, bei den ersten drei Teilen Dutzende 5-Sterne Rezensionen, am und kurz nach dem Erscheinungstag, von fleißigen „Vorab- und Testlesern“ geschrieben. Dazu schlichte, aber ansprechende Cover, packende Klappentexte, nun sogar ein Releasetrailer für „Prion“. Und nicht zuletzt die eingangs erwähnten massiv geschalteten Werbeanzeigen. All das hat dafür gesorgt, dass zumindest in diversen Subkategorien „Lumera“ seit 2019 ein Dauergast in den Top 10 ist. Auch wenn manche dieser Kategorien sehr zweifelhaft gewählt sind.


Aber was taugen die Bücher?

Der Erstkontakt mit der Reihe verlief für mich persönlich nicht gerade euphorisierend. Die Anfangskapitel von „Survive“ lesen sich wie ein wirres Sammelsurium aus verschiedensten Ideen der Science-Fiction, von bedrohlicher Nanotech versteckt in Impfungen über Kryostase für Todkranke (beziehungsweise, in diesem Fall, sogar Verstorbene), bis hin zu der bereits erwähnten heruntergewirtschafteten Erde und einem vermeintlich urtümlichen Paradies als Fluchtort. Lediglich der Aspekt des Klimawandels kommt glaubwürdig, wenn auch (Roland Emmerich lässt grüßen!) drastisch beschleunigt um die Ecke. Die Kapitel springen zwischen Protagonisten und Zeitebenen ohne erkennbaren Zusammenhang. Die Sprache ist erschreckend schlicht, alles wirkt wie für ein Fanzine oder von einer (veralteten) KI geschrieben. Normalerweise genug Gründe, um das Buch nach einem Drittel frustriert vom Kindle zu löschen.
Das habe ich nicht getan – und siehe da, mit der Zeit entwickelt „Lumera“ sogar eine gewisse morbide Faszination. Aber es hapert dennoch an allen Ecken und Enden. Die Science in der Science-Fiction ist hanebüchen, die Thriller-Elemente dümpeln eher auf Cozy-Niveau herum oder werden von den holzschnittartigen Charakteren in Lächerliche gezogen. Szenen, Konstellationen und sogar Namen (Stichwort: Dr. Silvermann) sind derart offensichtlich aus anderen Werken „inspiriert“, dass man immer wieder kopfschüttelnd innehält. Das Ganze bessert sich geringfügig in Band zwei, erreicht aber erst im dritten Teil sprachlich ein Niveau, das großzügig als Mittelmaß durchgeht. Dafür verabschiedet sich das letzte, einsame Fünkchen Science und stirbt den Tod eines unerklärten Überlichtantriebs.


Zurück zu „Prion“

Womit wir „Projekt Eden“ mal schnell überspringen und jetzt bei „Prion“ wären, das diesmal mit der biogenen Kriegsführung (oder dem Versuch dessen) ein durchaus heißes Eisen anpackt. Wenn zwei hochentwickelte Spezies mehr oder weniger (oft genug weniger) friedlich koexistieren und dann ein Krankheitserreger auftaucht, der einen der Akteure auslöschen kann, kommt das fragile Gleichgewicht schnell ins Wanken. Die Bedrohung wirkt real und wird gut geschildert, über die Wissenschaftlichkeit zerbreche ich mir mal lieber nicht den Kopf. Die Geschichte springt zwischen verschiedenen Perspektiven, oft im Schnellfeuertakt, wirkt dadurch anfangs fahrig und zerstückelt. Aber spätestens wenn es wirklich nach Endzeit riecht und jede falsche Entscheidung einen katastrophalen Krieg auslösen könnte, kommt doch noch Spannung auf. Die Story wird gut aufgelöst, lässt aber natürlich reichlich Spielraum für den bereits angekündigten Nachfolger.

Sprachlich schlägt sich „Prion“ ebenso wie „Projekt Eden“ besser als die ersten drei Teile rund um „Lumera“, erreicht jedoch auch in dieser Kategorie nur Mittelmaß. Vor allem dank fragwürdiger Wortwahl werden manche Szenenbilder gezeichnet, die so einfach keinen Sinn machen. Wenn sich eine Protagonistin im Jahr 2387 durch den Dschungel einer fremdartigen Welt kämpft, dann ist das erstmal spannend. Falls sie das aber „in einem traditionellen indischen Sari“ macht und dabei eine Machete „wie eine Samurai-Kriegerin schwenkt“ (sic!), vergeht die Faszination schnell wieder. Glücklicherweise halten sich solche Ausrutscher in Grenzen.

Fazit:

Für sich allein betrachtet ist „Prion“ ebenso wie der direkte Vorgänger „Projekt Eden“ eine annehmbare futuristische Erzählung, das Wort Thriller würde ich nur mit Vorsicht verwenden. Und für Science-Fiction kommt die Science zu kurz. Es ist, was es ist: einfach gestrickte Unterhaltungsliteratur mit simpler Sprache, wogegen prinzipiell nichts einzuwenden ist. Betrachtet man die Reihe jedoch in chronologischer Abfolge, so ist eine deutliche Steigerung vorhanden. Jona Sheffield ist auf dem richtigen Weg. Für eine eindeutige Empfehlung reicht es aber noch nicht. Vielleicht dann beim sechsten Band der Reihe, der in Richtung Politthriller schwenken soll. Auch ohne Machete.

DANKE an Gastredakteurin Tamara Yùshān

Prion
Lumera-Expedition, Band 5
Jona Sheffield
Science Fiction
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August 2021
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