Roboter weinen heimlich – André Nagerski

Viel Spaß für wenig Geld – schräg, durchgeknallt, liebevoll

© André Nagerski (Illustrator Stefan Kolmsperger)

Bop ist der erbarmungswürdigste Planet des gesamten Universums, radioaktiv verseucht, mit stinkendem Müll bedeckt und zu allem Überfluss von ausgesetzten, verwahrlosten, veralteten, ungeliebten Robotern zum Pilgerplaneten auserkoren worden. Nur dort können sie sich von ihren Sünden reinwaschen. Sie verstopfen Straßen und Wege und betteln um Akkus.

Ted leidet so sehr unter den unhaltbaren Zuständen, dass er Trost und Zuspruch bei einem arschteuren Psychiater – einem Roboter – sucht. Mit seinen Kumpels trifft er sich allabendlich zum gemeinsamen Besäufnis in „Zur Lösung“. Ausgerechnet Roboter Karl, dem er einen Akku verweigert hat, rettet Ted das Leben. Als ein ehrbarer Schrotthändler in der „Lösung“ auftaucht, wittern die vier Freunde ihre Chance, Bop den Rücken zu kehren und klauen ihm sein Raumschiff. Auf der „Tankstelle“, einer riesigen Raumstation, beginnt das größte Abenteuer ihres Lebens.

In großen Fußstapfen unterwegs

Selfpublisher André Nagerski hat sich mit seinen drei Bänden der Bop-Saga zum neuen Terry Pratchett des Weltraums und zum würdigen Erbe von Douglas Adams gemausert. Auf jeder einzelnen Seite des ersten Bandes kann der Leser den Kopf schütteln ob des erfundenen genialen Blödsinns. Ihm gelingt das Kunststück, dabei weder profan zu wirken, noch alte ausgelatschte Witze neu besohlen zu wollen. Spielerisch geht der Autor mit Klischees um, souverän spielt er nicht nur mit Motiven der klassischen Science-Fiction-Literatur.

Leser fragt sich, wo sich der Herr Autor überall herumgetrieben haben mag, um so ein durchgeknalltes Buch, respektive Saga zu schreiben. Seine Charaktere hat er auf der Straße oder in der Stammkneipe aufgelesen. Sie träumen von einer besseren Welt und als sie endlich dort ankommen, treten sie von einem Fettnäpfchen ins nächste. Das ist zum Schießen komisch, aber nur, wenn es einem nicht selbst passiert. Lange nicht mehr so gelacht. Ein Joke jagt den anderen.

„Ach, Quatsch! Viel Gefahr bedeutet auch viele Möglichkeiten, und wer sollte uns ernsthaft aufhalten können?“ S. 59

Und wenn „Roboter weinen heimlich“ von Sprecher Omid-Paul Eftekhari vorgelesen – äh vorgesungen wird, steigt der Genuss um ein Vielfaches. Die Erlebnisse schreiten rasch voran, sodass der Hörer gar nicht hinterherkommt, jedes Detail ausreichend zu würdigen. Beim ersten Hören geht so einiges unter, weil er zwischendurch lacht und die nächste Ungeheuerlichkeit versäumt. Deshalb hat sich die Rezensentin zusätzlich das Buch angeschafft, um sich die Bonbons auf der Zunge zergehen zu lassen.

Unheimlich weinen müssten sie – unheimlich!

Ob der Trotteligkeit der Protagonisten, die immer wieder von Roboter Karl gerettet werden müssen. Es ist die Grundgeschichte: Bauer entdeckt die Großstadt. Die vier Antihelden haben alle ihre kleinen Macken, Vorlieben und Befindlichkeiten und bleiben in der schillernden Welt der Tankstelle immer sie selbst. Kennt Ihr das Gleichnis vom Porsche, der vor dem Bauernhaus steht? Gerade das macht die Story so liebenswürdig. Die Bop-Saga wirkt, als säße ein Märchenerzähler vor staunenden Kindern und müsse sich schnell etwas Neues ausdenken. Da sich die Protagonisten in die unmöglichsten Situationen bringen, zieht sich eine knisternde Spannung durch das Buch. Ein Wunder, dass sie all das überleben, was sie sich eingebrockt haben.

Bauernschläue und naive Frechheit sorgen dafür, dass sie die Brocken verdauen können. Nagerski führt einige Idiotien unserer Menschheit und Gesellschaft vor – doch stets ohne erhobenen Zeigefinger. Die Werbebranche scheint es ihm angetan zu haben. In der Story schlägt der Autor kleine Haken und beleuchtet das ein und andere Detail näher. Diese kleinen Nichtigkeiten, die er hervorhebt, sorgen für Hör- und Lesegenuss. Sein Wortwitz, seine Einfälle sind abstrus, skurril und touchieren oft schwarzen Humor.

Ein Freund in den sozialen Medien schrieb: „Eine absolute Empfehlung für alle Freunde der gepflegten Anarchie.“ Dem schließt sich die Rezensentin an, deren Toaster jeden Morgen piept: “Wo geht’s nach Bop?“

Amandara M. Schulzke

Roboter weinen nicht
Bop-Saga, Band 1
André Nagerski (Hörbuch Sprecher: Omid-Paul Eftekhari)
Science-Fiction Satire
Independently published (Hörbuch: hörbuchmanufaktur Berlin)
November 2017 (Hörbuch: Oktober 2019)
115

Funtastik-Faktor: 96

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