Zwischen den Welten-Fallen – Myra Frost

Ungewöhnliche SF-Fantasy zwischen Dreschflegelschwert, Romanze und Hochhaus-Artillerie

Zwischen den Welten – Fallen © Myra Frost

Als mir aus berufener Quelle der Lesetipp „Zwischen den Welten-Fallen“ von Myra Frost zugeflüstert wurde, kam mir der Name der Autorin irgendwie bekannt vor. Und tatsächlich, bereits vor ein oder zwei Jahren hatte ich mit „Die Dämonenschiede“ das Vergnügen, eines ihrer Bücher zu lesen. Wenn mich die Erinnerung nicht täuscht, war es „ziemlich gut, mit fragwürdigem Ende“. Irgendwo zwischen Horror, Fantasy und Urban Goth angesiedelt.

Auf jeden Fall eine ganz andere Richtung als „Zwischen den Welten“, das sich am ehesten als Urban Fantasy- SF – Dystopie Genremix einordnen lässt. Das Cover wirkt stimmig, weckt anfangs aber vor allem „WTF?“ Assoziationen. Man fragt sich, WAS man da sieht. Im Laufe der Geschichte macht das Dargestellte durchaus Sinn. Aber alles der Reihe nach.

Der Krieger aus dem Nichts

Der Start erfolgt in unserer Welt, ganz ohne SF und Fantasy Elemente. Erzählt wird in der Gegenwartsform aus der Ich-Perspektive von Muriel, einer jungen (?) Dame, die ihre Brötchen mit Burgführungen verdient und daher viel Zeit in alten Gemäuern verbringt.

Plötzlich erscheint in einem Burgfried eine Art Portal. Heraus fallen ein mächtiger Krieger und sein Widersacher, in heftigem Kampf verwickelt. Der Krieger tötet seinen Gegner und wundert sich erst einmal, wo er gelandet ist.
Dass der nächste Weg nicht in die Klapsmühle oder das Gefängnis führt, hat der Conan-Verschnitt Arik vor allem Muriel zu verdanken. Mithilfe ihrer Family-Connections zur Mafia lässt sie die Leiche beseitigen und nimmt den Krieger kurzerhand in ihre Wohnung mit.

Besser als erwartet

Wer an dieser Stelle die Augen verdreht und das Buch zur Seite legt, hat mein Verständnis. Sollte man aber trotzdem nicht tun. Man würde ein überaus spannendes, teils brutales, teils humorvolles Abenteuer verpassen.
Nach dem etwas hanebüchenen Einstieg dreht Myra Frost nämlich ordentlich an der Glaubwürdigkeit. Missverständnisse, Missgeschicke und kulturelle Zwischenfälle häufen sich, der Krieger kann nicht bleiben. Zumindest nicht in unserer Welt. Und so lässt die Autorin die beiden bald durch das Dimensionstor in Ariks Welt steigen. Was der Geschichte sehr zugutekommt.

Worldbuilding vom Feinsten

Die größte Stärke von „Zwischen den Welten-Fallen“ ist die außergewöhnliche, detailliert erdachte Heimat Ariks. Anstatt in einer 08/15 hochmittelalterlichen Fantasywelt zu landen, finden wir uns in einer archaischen Dystopie wieder. In gigantischen Hochhäusern situierte Stadt-Staaten bilden miteinander verfeindete Reiche, zwischen denen dicht bewaldete Finsternis und Barbaren den Reisenden nach dem Leben trachten. Schwerter und Schusswaffen, urtümliche Heiler und moderne Artillerie, Leibeigenschaft und Elektroautos.

Die Leserin kommt aus dem Staunen nur selten heraus, und dann eher, um sich über die Ungerechtigkeiten der Welt zu ereifern. Zuviel will ich jetzt nicht verraten. Aber es gibt eine Art Kastensystem, in dem die Krieger nicht die Spitze, sondern nützliche und daher privilegierte Idioten darstellen. Die Fäden ziehen andere und besonders sympathisch sind sie nicht.

Ruppige Romantik, plätschernde Spannung

Wenn man – außer dem einer 80er Jahre Trash-Serie würdigen Einstieg – Kritikpunkte finden will, so vor allem an zwei Fronten:
Die Romantik und Emotionalität schwankt zwischen „schwülstigem Pathos“ und „Anmache in der Rockerkneipe“, ohne sich für eines davon zu entscheiden. Überhaupt sind in den zwischenmenschlichen Momenten so einige klischeehafte Wendungen und Reaktionen verborgen. Andererseits sind genau diese in mancher Situation dann doch passend.

Was den Spannungsbogen betrifft, ist „Zwischen den Welten“ ein zweischneidiges Barbarenschwert:
Einerseits wird das Buch an keiner Stelle langweilig und bietet immer wieder hervorragende Dramatik. Teils auch sehr brutale Kämpfe.
Andererseits wird keine große Drohkulisse aufgebaut und kein grandioses Finale vorbereitet. Bedrohungen gibt es immer nur lokal und temporär, aber dort mit viel Biss. Da ist es immerhin  konsequent, dass der Schluss eher wie eine Überleitung zur Fortsetzung wirkt. Auf die ich mich trotz aller Kritikpunkte freue.

Mein Fazit:

Ein gelungener Genremix in einem faszinierenden Setting, für Fans von Urban Fantasy und packenden Dystopien ein Pflichtkauf.
Kleinere zwischenmenschliche Merkwürdigkeiten und die Namensgebung aus der „Schwarze-Auge-Charakterkiste“ muss man aber verkraften können. In Sachen kreativer Weltenbau ist „Zwischen den Welten-Fallen“ aber auf jeden Fall eine Klasse für sich.

Danke! an Gastredakteurin Tamara Yùshān

Zwischen den Welten- Fallen
Zwischen den Welten, Band 1
Myra Frost
Fantasy (Urban Fantasy)
Amazon Media
Januar 2020
249

Funtastik Faktor: 80

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