Stunde der Macht – Ilona Andrews

Es herrscht Magie

Stunde der Macht - Ilona Andrews © Lyx-Verlag
Stunde der Macht © Lyx-Verlag

Die »Stadt der Finsternis« Romane vom Autorenehepaar Ilona Andrews bilden eine besondere Reihe in der Phantastik-Literatur. Sie zählt zu den wenigen Urban Fantasy-Serien, die seit dem Ende des Genre-Booms Ende der 2000er weiterhin verlegt werden. Jetzt liegt mit »Stunde der Macht« der Abschluss vor, zehn Jahre nach der Veröffentlichung des ersten Teils »Die Nacht der Magie«.

In der Welt von »Stadt der Finsternis« veränderte sich die Realität. Auf einmal war Magie präsent und lieferte sich einen Kampf mit der Technik. Gleichzeitig tauchten mythologische Wesen wie Vampire und Werwesen auf. In punkto Dominanz wechseln sich Magie und Technik seither in Zyklen ab, es herrschen die ‚Gezeiten der Magie‘.

Der Zweikampf Tochter gegen Vater scheint unausweichlich

Die große Bedrohung dieser Welt ist seit jeher der uralte Kriegsherr Roland. Als die Magie das letzte Mal die absolute Übermacht innehatte, herrschte er unangefochten über die Erde. Nachdem Roland seine Macht einbüßte, wartete er auf ein erneutes Erstarken der Magie. Nun versucht er, sich erneut als Alleinherrscher zu etablieren und fokussiert sich besonders auf Atlanta.

Denn in dieser Stadt lebt sein einziges noch lebendes Kind, seine Tochter Kate, die er ursprünglich nicht haben wollte. Von Kindheitsbeinen an wurde ihr anerzogen, dass sie ihren Vater eines Tages töten muss. Doch anders, als von ihrem Ziehvater vorgesehen, entwickelte sich Kate Daniels nicht zu einer Psychopathin. Vielmehr verliebte sie sich ausgerechnet in Curran, den Werlöwen und zeitweiligen Anführer der Organisation aller Gestaltwandler von Atlanta. Für Kate verließ Curran diese Position, beide heirateten, bezogen ein Haus und wurden Eltern des Jungen Conlan.

Nun ist Kind im Spiel

Dreizehn Monate sind seit der Geburt des kleinen Conlan vergangen. Erneut sieht sich die Stadt Atlanta, die unter Kates Schutz steht, einer großen Bedrohung ausgesetzt. Allerdings ist dieses Mal nicht Roland der Feind, sondern ein anderes uraltes Geschöpf. Mit unglaublicher Grausamkeit fordern er und seine Getreuen Kate heraus. Die muss ihrerseits nicht nur mit diesem neuen Feind fertigwerden, sondern ihren Sohn erziehen. Was leichter gesagt ist, als getan, weil ihr Kind voller Überraschungen steckt. Nicht zuletzt lauert auch noch Roland darauf, sie und die Stadt unter seine Kontrolle zu bringen.

Und ein anderer Gegenspieler

Es ist eine Tour de Force, die das Autorenpaar Ilona Andrews seinen Leser zumutet. Ein Wechselbad der Gefühle, bei der der Leser in einem Moment wegen der geschilderten Brutalität zurückschreckt, nur um dann im nächsten Moment laut loszulachen. Eine typische Ilona Andrews-Qualität, wie die Fans sie von den Autoren nicht anders kennen.

Leider ist der große Gegenspieler in diesem Roman nicht Roland. Die erwartete Konfrontation mit ihm findet erst im Finale der Erzählung statt, wo sie eher wie ein Nachklang wirkt. So muss man sich mit einem anderen Antagonisten begnügen, der auf demselben Niveau wie beispielsweise Erra agiert. Sprich: Er ist böse, er ist brutal, er verfügt über ein gewaltiges Ego und seine Macht erscheint schier überwältigend. Trotzdem ist er, wie andere seines Formats in den meisten »Stadt der Finsternis«-Geschichten, mehr Mittel zum Zweck, damit sich die Protagonisten weiterentwickeln.

Mächtig aber nicht übermächtig

Nacht der Magie- Ilona Andrews © Lyx-Verlag
Nacht der Magie © Lyx-Verlag

Wenn man die Kate aus dem Auftaktband »Stunde der Macht«, mit der aus »Die Nacht der Magie« vergleicht, fällt auf, wie viel Stärke sie gewonnen hat. Hatte sie damals Probleme, ein einziges Wort der Macht auszusprechen, ist sie jetzt in der Lage, diese Sprache fließend einzusetzen, ohne dass sich die negativen Auswirkungen von früher bemerkbar machen. Auch ihre Fähigkeit beim Einsatz von Blutmagie verbesserte sich deutlich, sodass sie jetzt in der Lage ist, eine sogenannte Blutrüstung zu formen. Trotzdem wirkt sie nicht übermächtig. Es gibt wiederholt Situationen, die sie fordern und sogar Auseinandersetzungen, in denen sie gerade so ihr und das Leben ihres Sohnes rettet. Zum Glück kann sie erneut auf die Unterstützung ihrer Freunde und Familie zählen, wie zum Beispiel ihrem Mündel Julie.

(Nahezu) Jeder kommt mal dran

Schön an dieser Geschichte ist, dass jede Figur, die der Leser in den vorherigen Romanen kennenlernte, einmal mehr zur Geltung kommt oder zumindest erwähnt wird. Andrea hat ebenso ihre Momente, wie auch Dali oder Ghastek. Je nach Vorlieben des Lesers reicht für einige Charaktere eine bloße Erwähnung sicherlich nicht aus. So wäre es wünschenswert, wenn Grendel, der Kampfpudel von Kate, präsenter wäre oder ein vielversprechender Plot mit den Boudas (Werhyänen) fortgesetzt worden wäre. Doch das ist eher Jammern auf hohem Niveau, da Ilona Andrews sich wirklich bemühen, möglichst vielen Charakteren gerecht zu werden. Dass dabei ein paar nicht voll zum Zug kommen, gilt es zu akzeptieren. Der Roman wäre sonst wesentlich umfangreicher geworden und dieser zusätzliche Inhalt zu Füllermaterial verkommen.

»Stunde der Macht« ist ein würdiger Abschied von Kate Daniels. Von der ersten bis zur letzten Seiten wird der Leser bestens unterhalten. Nicht zuletzt dank Conlan, der wiederholt für Überraschungen gut ist. Ilona Andrews verzichten zum Glück darauf, ihn zu sehr in den Mittelpunkt zu stellen. Er ist zwar ständig präsent, was aber daran liegt, dass er noch ein Baby ist. Eins mit überraschenden Kräften.

Kate Daniels Geschichte wird in diesem finalen Band mit einem äußerst zufriedenstellenden Abschluss zu Ende erzählt. Doch gleichzeitig bietet diese Welt noch so viele weitere interessante Ansätze und Stories. In den USA ist erst vor kurzem ein Spinoff mit Hugh D‘Ambray als Hauptcharakter erschienen, das hoffentlich bald auch hierzulande erscheinen wird. Und der Epilog offeriert ebenfalls eine Möglichkeit, weitere Stories aus diesem Universum mit anderen Protagonisten zu erzählen. Es würde sich garantiert lohnen.

Götz Piesbergen

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Stunde der Macht
Stadt der Finsternis - Reihe, Band 11
Ilona Andrews
Urban-Fantasy
Lyx-Verlag
Februar 2019
404

Funtastik-Faktor: 95

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