Durchdachter und spannender Genre-Mix zwischen SF-Thriller und Katastrophenfilm
Ein Komet (Chiron), der die Erde zerstören wird. Tapfere Männer und Frauen, die sich dem Schicksal entgegenstellen. Gierige Geschäftemacher und abgehobene Eliten, die für sich selbst Sicherheit um jeden Preis erkaufen. das zum Spielball finstrer Mächte und Protegé eines unwahrscheinlichen menschlichen Schutzengels wird.
Es menschelt, aber gut
Aus all diesen Zutaten spinnt Meister Thariot eine rasante Weltuntergangsgeschichte, in der das Armageddon oft genug vornehm in den Hintergrund tritt. Und dieses Mal durchaus sympathischen Protagonisten die Bühne überlässt. Menschliche Interaktionen werden ausgeleuchtet, Gedankengänge reflektiert, während rundherum die Welt vor die Hunde geht. Das macht auf allen Ebenen Spaß. Aber auch menschliche Abgründe kommen nicht zu kurz. Skrupellose Antagonisten und Nebencharaktere wirken so glaubwürdig, dass man sie selbst zu hassen beginnt. Mein persönlicher Lieblings-Protagonist war hier Sugar, aus vielfältigen Gründen.
Altbewährtes routiniert neu erzählt
Keine Frage: Die meisten Elemente kennt man schon aus anderen Büchern, Serien oder Hollywood Filmen. Die Versuche, den Kometen abzuwehren, die Flucht- und Bunkeransätze der Superreichen und Mächtigen, die Verfolgungen – all das wirkt vertraut. Sogar manche Einzelszenen und Dialoge wecken ein leichtes Deja Vu Gefühl. Und trotzdem könnte „Yellowstone“ nicht weiter von einem einer simplen Kopie oder gar einem Plagiat entfernt sein, im Gegenteil. Thariot versteht es meisterhaft, sich geschickt bei Hollywood, Netflix und seinen Kollegen gleichermaßen zu bedienen, ohne Eigenständigkeit vermissen zu lassen. Das Gesamtwerk ist dann immer wieder ein Unikat – und diesmal ein ausgesprochen gelungenes. Die Perspektivenwechsel haben es mir hier besonders angetan.
Die schwierige Genre-Frage
Was ist Yellowstone genau? Science-Fiction, wie man es von Thariot erwartet? Nicht ganz, oder besser gesagt: nicht nur. Vieles fühlt sich wie ein gut gemachter Katastrophenfilm an, aber auch die im Untertitel angedeutete Verschwörung kommt nicht zu kurz. Thriller? In manchen Passagen auf jeden Fall. Von Hard-SF à la Brandon Q. Morris ist Thariot ohnehin meistens weit entfernt. Es gibt technische Details und Beschreibungen, zu intensiv sollte man diese aber nicht recherchieren. Das ist für die Spannung auch nicht nötig. Insgesamt ist es ein Genre-Mix, der auch Leser abseits der Kern-SF-Zielgruppe begeistern kann. Dennoch, ohne zu spoilern: Sowohl in der versuchten Kometenabwehr, als auch im Finale kommen die SF Fans mehr als nur auf ihre Kosten.
Fazit:
Nach dem für mich persönlich eher durchwachsenen Ausflug in die alternative Realität der „Blue Armor“ Reihe meldet sich „der alte Thariot“ hier beeindruckend zurück. Die Story ist durchdacht und spannend, die Charaktere exzellent ausgearbeitet. Man kommt schnell in den Lesefluss und fiebert bis zum Schluss mit. Wer damit leben kann, dass Kraftausdrücke reichlich fallen und viele Handlungen nichts für zartbesaitete Seelen sind, bekommt erstklassige Unterhaltung von der ersten bis zur letzten Seite. Hinter dem unscheinbaren Cover verbirgt sich einer der besten Thariot Romane der letzten Jahre.
DANKE an Gastredakteurin Tamara Yùshān
Science-Fiction
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April 2020
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Funtastik-Faktor: 82