Das Dunkle Zeitalter (Red Rising Bd 5, Teil 1) – Pierce Brown

Überzogene Brutalität und ein fatales Missverständnis

Das Dunkle Zeitalter, Teil 1 (Red Rising, Bd.5) - Pierce Brown © Cross Cult
Das Dunkle Zeitalter, Teil 1 © Cross Cult

„Red Rising: Das Dunkle Zeitalter – Teil Eins“ als erstes Buch des „Red Rising“ Kosmos zu lesen war ein Fehler. Bei der Lektüre des Klappentextes ging ich davon aus, dass dieses Buch der Auftakt zu einem neuen Geschichtszyklus innerhalb des Werks von Pierce Brown wäre. Stattdessen hat man es mit dem Mittelteil einer neuen Trilogie zu tun. Um die Zusammenhänge zu verstehen, wäre es empfehlenswert, den Vorgängerroman „Asche zu Asche“ zu lesen und dies hatte ich nicht getan. In Bezug auf den Zusammenhang der Stories in insgesamt fünf Bänden drückte sich der Cross Cult-Verlag missverständlich aus.

Dieses Missverständnis prägte mein Leseerlebnis. Entsprechend aufgeschmissen war ich, als ich den Roman das erste Mal las. Die Figuren, die Technik, das ganze Universum; all das war mir fremd und wurde mir auch nicht erklärt. Ich habe mir letzten Endes über Wikipedia das nötige Wissen über die Vorgeschichte angeeignet, um die Story des Buches halbwegs nachzuvollziehen zu können.

Die Herrschaft der Farben

Der Roman spielt in der Zukunft. Die menschliche Gesellschaft, wie wir sie kennen, existiert nicht mehr. An ihrer Stelle ist ein extremes Kastensystem getreten, wo die Hautfarbe darüber entscheidet, wo du hingehörst und als was du arbeitest. Die oberste Kaste bilden die Goldenen. Darunter existieren noch die Blauen und die Roten.

Die ersten drei Bände, die hierzulande bei Heyne herauskamen („Red Rising“, „Im Haus der Entscheidung“, „Tag der Entscheidung“, Band 4 „Asche zu Asche“ erschien bei Cross Cult), schildern, wie der rote Darrow nach dem Verlust seiner Ehefrau eine schreckliche Wahrheit entdeckte. Im Laufe der Romane wurde er äußerlich zu einem Goldenen umgemodelt und führte einen Bürgerkrieg gegen eben diese herrschende Kaste. Am Ende schaffte er es, einige Planeten des Sonnensystems zu befreien, andere verblieben unter der Kontrolle der Goldenen.

In „Das Dunkle Zeitalter – Teil Eins“ (das eigentlich dem ersten Teil von Band 5 „Dark Age“ entspricht) führt Darrow gemeinsam mit seinen Freunden einen schrecklichen Krieg auf dem terraformten Merkur. Der Kampf ist verlustreich und von Verrat geprägt. Er setzt auf Unterstützung von der Erde, wo seine Ehefrau Virginia versucht, die frisch entstandene Sonnenrepublik zu retten. Gleichzeitig will sie Darrow Nachschub liefern, was angesichts der radikalen Kräfte in der Republik alles andere als einfach ist.

Parallelen zur realen Geschichte

Wie gesagt, als ich anfing „Das Dunkle Zeitalter – Teil Eins“ zu lesen, stand ich wie der sprichwörtliche Ochs vorm Berg da. Zwar findet sich in dem Roman eine Charakterliste und eine Weltkarte des Merkurs. Doch von den aufgelisteten Figuren überlebt gefühlt nur ein Drittel den Beginn des Buchs.

Pierce Brown beschreibt eine schreckliche Welt, in der hochentwickelte Technologie dazu genutzt wird, Lebewesen haufenweise abzuschlachten. Und gleichzeitig schildert er auch Gräueltaten, wie sie nur der Krieg hervorbringen kann. Wenn etwa eine Seite dieses Konfliktes Gefangene am lebendigen Leibe aufspießt und sie verdursten lässt, nur um dem Kriegsgegner eine Falle zu stellen, ist das schon heftig.

Doch dies ist in der „Red Rising“-Welt Alltag. Eine gewalttätige Realität, in der einige Kasten den Kampf zelebrieren und das Vergießen des ersten Bluts zum Männlichkeitsritual hochstilisierten. Hier erweckt der Autor bewusst Parallelen zu der römischen Gesellschaft, in der das Militär ein wesentlicher Bestandteil der Gesellschaft und des Lebens war.

Es gibt hier keine Helden

Dass Pierce Brown es schafft, eine Welt zu kreieren, die einerseits starke Anleihen an die irdische Geschichte enthält, aber andererseits ausreichend eigene Elemente erschafft, zählt zu den starken Seiten des Werks. Gleichzeitig versteht er sich darauf, glaubwürdige Figuren zu erschaffen. Sein Darrow mag der Held des Buches sein. Doch wirklich heldenhaft sieht man ihn nur selten agieren. Die Botschaft des Autors lautet, dass der Krieg ein Gleichmacher ist und es niemanden gibt, der davon verschont bleibt.

Trotzdem fällt es schwer, Begeisterung für das Buch zu entwickeln. Zwar fokussiert sich der Autor bei „Das Dunkle Zeitalter-Teil Eins“ auf wenige Hauptcharaktere. Doch gleichzeitig bevölkert er seinen Roman mit vielen Nebenfiguren, die in verschiedenen Konstellationen zueinanderstehen, die nicht immer auf Anhieb nachvollziehbar sind. Was vermutlich auch eine Folge dessen ist, dass ich den direkten Vorgänger noch nicht gelesen habe.

Detailverliebte Gewalt

Davon unbeeinflusst ist jedoch meine Meinung über die Gewalt. Stellenweise empfand ich das Buch als zu grausam, zu brutal. Das Lesen war manchmal richtig zermürbend, eben weil man ständig neue Gräueltaten las, die mich entsetzten. Es mag zwar sein, dass die Brutalität kein Selbstzweck ist, sondern zu der Welt des Romans passt, sogar durch sie bedingt ist. Aber stellenweise hätte Pierce Brown ruhig bei den detaillierten Schilderungen ein paar Gänge zurückschalten können und Dinge vielleicht nicht ganz so plastisch darstellen müssen.

Das Buch hat seine Stärken, aber auch einige Schwächen. Ich bin gespannt, wie der zweite Teil wird.

Götz Piesbergen

Das Dunkle Zeitalter, Teil 1
Red Rising, Band 5, Teil 1
Pierce Brown, Übersetzung: Claudia Kern
Science Fiction
Cross Cult
April 2020
507
Charles Brock
50

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