Ein Epochen umspannende Jagd beginnt
„Willkommen in der Messestadt Leipzig“
Dieser Gruß stand schon vor der Wende und steht noch immer am Ortseingang der blühenden Metropole an der weißen Elster. Hier wurde eine Frau sesshaft, die Zeit ihres Lebens Deutschland bereiste und weiß, wo es schön ist. Die Rede ist von Geneve Cornelius, ihres Zeichens die Tochter eines öffentlich bestellten Henkers. Sie ist Heilerin und, Dank eines geheimnisvollen Tranks, unsterblich.
Sie trennte sich von ihrer Familie. Denn sie wollte weder in die Vendetta mit der italienischstämmigen Familie Bugatti, noch in die Zwiste der Anderswelt verwickelt werden. Ihre Künste in der Naturmedizin stellt sie allen zur Verfügung, die an ihre Tür klopfen, unabhängig von Stand und Ansehen. In die Auseinandersetzungen zwischen Vampiren, Werwölfen und fernöstlichen Dämonen, die neu in der Stadt sind, mischt sie sich ganz bewusst nicht ein.
Doch ein Schicksalsschlag zwingt sie ihre Haltung zu überdenken und ihre Neutralität aufzugeben. Unbekannte haben ihren Bruder in London umgebracht, kurz darauf ereilt ihre Mutter dasselbe Schicksal. Beiden wurde mit einem Henkerschwert der Kopf abgeschlagen. Die an den Leichen hinterlassenen rituellen Brandwunden weisen auf den Bugatti-Clan als Täter hin.
In London angekommen, macht Geneve die Bekanntschaft von Alessandro Bugatti, den letzten Spross des verfeindeten Henkergeschlechts. Zusammen begeben sie sich auf die Suche nach dem wahren Täter. Und stoßen auf eine Bedrohung, die die Erde, wie wir sie kennen, vernichten könnte. Denn ein gefallener Engel, ein Dämon aus den tiefsten Tiefen der Hölle, regt sich und seine Jünger planen die Übernahme der Macht auf Erden.
Spannung pur – Abstriche bei Schauplätzen und Charakteren
Ein neues Werk von Markus Heitz liegt in den Buchläden aus, eine Freude für den geplagten Handel und die interessierte Leserschaft zugleich. Beide Parteien wissen, dass Lesestoff von Heitz immer eines verspricht – Spannung pur.
Mit „Die Meisterin-Der Beginn“ erwartet den Leser der Auftakt einer Trilogie, die Heitz bereits als Hörbuch vorgelegte. Wie gewohnt erscheinen seine phantastischen Thriller, die zumeist in der Jetztzeit angesiedelt sind, beim Knaur Verlag. Während Piper die eher klassischen Fantasy-Abenteuer veröffentlicht.
In dem vorliegenden Buch geht der Autor zunächst ungewöhnliche und neue Wege, was die Erzählweise betrifft. Wahrscheinlich hat er vom ursprünglichen Hörspielformat (siehe unten) übernommen, dass eine Erzählerin die Geschehnisse aus dem Grab heraus kommentiert. In erster Linie streut sie Hintergrundwissen um die historische Geschichte der Henker ein. Hier kommt dem Autor zugute, dass er als studierter Historiker etwas von Recherche versteht. Im Vorwort berichtet er, dass er schon lange mit einem entsprechenden Projekt schwanger ging. So trug er über die Zeit viel Wissenswertes zusammen, was er hier en passent zur Verfügung stellt. Allerdings unterbrechen diese Einschübe den Lesefluss immer wieder nicht unerheblich.
Daneben hat Heitz seine Handlung in zwei Zeitebenen unterteilt. Zum einen erfahren wir die Hintergründe des Zwists zwischen den beiden Henkerfamilien. Wir begleiten Geneve in ihrer Jugend und werden Zeugen der Arbeit ihrer Mutter und ihres Bruders. Begegnungen mit der römischen Inquisition, die sich der denunzierten oder echten Hexen annimmt, gehören zu der Zeit zum Alltag. Geneve versucht allen, ob schuldig oder unschuldig, das Leiden zu erleichtern und gerät so selbst unter Verdacht.
Der dominantere Handlungsstrang in der Jetztzeit beschäftigt sich mit der Suche nach dem Mörder und dem anschließenden Kampf gegen die Schergen des Dämons. Dafür dient zunächst London und später New Orleans als Bühne. Allerdings nutzt der Autor diese kaum. Beide Ortsbeschreibungen bleiben auf das allgemein bekannte beschränkt, ohne dass hier das Flair der Städte am Mississippi Delta oder an der Themse herüberkommt. Heitz konzentriert sich darauf, seinen Plot mit jeder Menge Wendungen voranzutreiben. Die Haupthandlung rast abwechslungsreich und mit jeder Menge Dramatik und Gewalt angereichert voran. Die auftretenden Figuren bleiben jedoch recht blass. Insbesondere bei den Antagonisten bedient sich der Autor an gängigen Schemata.
So ist „Die Meisterin-Der Beginn“ einmal mehr ein Roman, der ganz auf den (Spannungs)Punkt geschrieben ist. Als Bonus kommen die historischen Einschübe hinzu, trotzdem sie den Lesesog stören. Die Fans der Heitz´schen Phantastik-Thriller werden diesen Auftaktband sicherlich feiern und der für Herbst 2020 eingeplanten Fortsetzung entgegenfiebern.
Carsten Kuhr
Ergänzung zum Hörspiel „Die Meisterin“ Teil 1 von Markus Heitz und Carsten Steenbergen
Was im Buch nicht vollständig gelingt, funktioniert im Hörspiel umso besser.
Auf einer Autofahrt von Köln nach Berlin und zurück (was mit einer Spieldauer von 10:20 Stunden zeitlich übrigens gut passt) genoss ich das Hörspiel „Die Meisterin“ Teil 1 von Markus Heitz und Carsten Steenbergen. Produziert hat es die Bumm Film GmbH von Tommy Krappweis und vertrieben wird es von audible. Das Hörspiel entstand zuerst und das Buch wurde nachfolgend von Knaur veröffentlicht. Carsten Steenbergen, ein erfahrener Hörspiel- und Fantasy-Autor, textete die Geschichte von Markus Heitz im Hörspiel-Format als Dialogbuch.
Wie das Buch, ist auch das Hörspiel in drei Handlungsebenen unterteilt:
Ein Dämonen-Thriller in der aktuellen Zeit, ein historischer Hexenprozess mit einer Familienclan- Fehde, sowie historische Details zur Hexenverfolgung und zur Tätigkeit und gesellschaftlichen Stellung des Henker-Gewerbes.
Carsten Kuhr empfand beim Lesen des Buchs die historischen Einschübe als interessant und spannend, kritisierte jedoch, dass sie den Lesefluss nicht unerheblich beeinträchtigen.
Eine perfekte Aufteilung
Im Hörspiel-Format ist die Verknüpfung der verschiedenen Handlungsebenen dagegen perfekt gelungen. Es erweist sich als Kunstgriff der Autoren, dass sie darauf verzichteten, die Erzählstränge mit harten Cliffhängern zu trennen. Im Gegenteil. Katharina Cornelius (überragend gesprochen von Angelika Bender, auch bekannt als Stimme von Chrisjen Avasarala in „The Expanse“) ergreift aus dem Grab dann das Wort, wenn die Protagonisten in der aktuellen Zeitlinie gerade von einem Ort zum anderen reisen. Oder andere Dinge tun, die für die Handlung nicht relevant sind.
Dieser Trick vermeidet es, dass der Zuhörer abrupt aus dem Geschehen herausgerissen wird und vermittelt zugleich ein Echtzeit-Gefühl. Das Timing der Einschübe ist so gut gewählt, dass sie immer willkommen sind. Denn sie sind abwechslungs- und lehrreich und nutzen die Übergangsphasen gewinnbringend. Es wirkt im Hörspiel eben nicht so, als wäre ausschließlich das Spannungselement der Thriller-Handlung entscheidend. Sondern es entwickelt sich eine ausgeglichene Balance zwischen Action und Wissensvermittlung. Letzteres konnten die beiden Autoren so geschickt in die Handlungsebenen integrieren, dass kein Info-Dumping Effekt auftritt.
Wenige Schwächen, viel Hörspielgenuss
Auf hohem Niveau bemängeln möchte ich, dass mir die wunderbar starke, kluge und selbstbewusste Protagonistin zu gut wirkt und ihr ein paar mehr Ecken und Kanten gut getan hätten. Der sympathische und nicht minder clevere Alessandro Bugatti geht neben ihr oft unter, was ich schade fand. Des Weiteren erscheint mancher Streich gegen die mächtigen Dämonen allzu leicht zu gelingen, besonders in der Schlussphase. Dies beeinträchtigt den Hörgenuss der spannenden Geschichte jedoch nur wenig.
Die Sprecher und Sprecherinnen, unter anderem Bettina Zimmermann (Geneve) und Stephan Luca (Alessandro), überzeugen und hauchen den Protagonisten Leben ein. Die akustischen Elemente unterstreichen die sinistere Atmosphäre, anstatt sich aufzudrängen. Alles in allem bietet das Hörspiel „Die Meisterin“ einen anregenden und kurzweiligen Zeitvertreib, auf langen Autofahrten oder bei anderen Gelegenheiten.
Eva Bergschneider
Die Meisterin, Band 1
Fantasy
Knaur Verlag, Hörspiel Bumm Film und audible
März 2020
469, Hörspiel 10:20 Stunden
Funtastik-Faktor
Buch: 74
Hörspiel: 80
Hallo Eva,
hm, von Markus Heitz habe ich vor einiger Zeit mal den Drachenkaiser gelesen. Fand ich aber echt klasse gemacht..sonst kenne ich ihn nur in Verbindung mit der Zwergen-Reihe ..grins…
LG..Karin..
Hallo Karin, von Markus Heitz gibt es ja unendlich viele Bücher. Von klassischer über contemporary Fantasy bis hin zu SF und phantastischen Thrillern ist alles dabei. Ich bin selber nicht der große Heitz Kenner, mehr die Kollegen Carsten und Amandara. Aber von „Die Meisterin“ war ich ganz angetan. Ich kann mir allerdings vorstellen, dass diese historischen Einschübe im Hörspiel besser funktionieren, als im Buch. Gehört fand ich es wirklich spannend und interessant. LG, Eva