Eine Perle für Fans der Gritty-Fantasy
Willkommen in Tradea, der Metropole des Reiches. In dem die Korruption ebenso gedeiht, wie das Laster, das Verbrechen und natürlich die illegalen Drogen. Hier, wo Alchemisten dafür sorgen, dass alle ihr Leid vergessen können. Und wo Banden das Geschäft mit Schmuggel, käuflicher Liebe und Raubzügen unter sich aufgeteilen. Tradea droht Unheil.
Viele sagen nicht ganz zu Unrecht, dass es schlimmer als in diesem Sündenpfuhl kaum werden kann. Doch es kann, es wird viel schlimmer werden. Untote, die Draugar, erheben sich aus ihren Gräbern, bedrohen das Leben aller Bewohner der Stadt. Das in einem Grabhügel wiedergefundene Schwert der Totengöttin Nif erweckt die, die eigentlich ruhen sollten, zu untotem Leben. Dass ausgerechnet der Skorpion, einer der Verbrecherfürsten, sich des Artefakts bemächtigte, macht die Suche nach diesem nicht einfacher. Als sich die Toten im Auftrag des Oberhaupts der Schmuggler und Diebe erheben, erschüttert die Metropole ein aus fauligem Fleisch bestehender Alptraum.
Zwei ungleiche Menschen machen sich auf, die Bedrohung durch Nifs Rückgrat, wie das Schwert genannt wird, zu beseitigen.
Erik Zejn zog einst für das Reich als Kampfmagier ins Gefecht, bevor er von einem mächtigen Rivalen seines Rangs beraubt wurde. Es ging darum, seine Verlobung aufzulösen. Inzwischen dient er, nach Tradea zurückbeordert, als Sergent in der Metropole. Schon als er degradiert und in die tiefste Provinz verbannt Dienst tat, machte er die Bekanntschaft der Alchimistin Mirage. Einer Totgeburt, die eine spezielle Beziehung zu Nif unterhält. Obwohl die beiden gegensätzlich wie Feuer und Wasser sind, verbindet sie etwas. Beide haben eine sehr persönliche Verbindung zu Nifs Rückgrat und wissen um dessen Gefährlichkeit.
Um die Gefahr durch das Schwert ein für alle Mal auszuschalten, müssen sie, bei aller Antipathie, zusammenarbeiten. Das fällt den (Anti)helden der Saga mehr als schwer – zumal sie tief unter der Erde auf drei Gegner treffen, die ihnen haushoch überlegen sind.
Auch sprachlich innovativ und originell
Die in Österreich beheimatete Autorin Katharina V. Haderer legt auch im Mittelband ihrer „Black Alchemy“ Trilogie ein packend zu lesendes Gritty Fantasy-Garn vor. Wandelnde Tote, jede Menge blutiger Kämpfe, Intrigen und Verrat satt, das freut den Fan von Abercrombie, Ryan und den Orgels.
Auffällig ist, dass sich die Autorin erfolgreich bemüht, auch sprachlich dem Setting folgend neue Wege zu gehen. Nicht nur eingestreute französischen Sätze und altertümliche Ausdrücke, sondern eine an die jeweilige Herkunft angepasste, individuelle Sprache der Figuren, lassen den Text authentisch wirken.
Im Verlauf der rasant aufgezogenen Handlung rücken die Nebendarsteller zunehmend in den Vordergrund. Wobei der jugendliche Informant, der treue Elf und die mitfühlende Prostituierte manchmal doch ein wenig zu sehr dem Gewohnten entsprechen. Im Zentrum bleiben dennoch unsere beiden Protagonisten, die abwechselnd im Sitz des Erzählers Platz nehmen. Ihre gegenseitige Abneigung wirkt glaubwürdig. Sie hilft ihnen aber nicht wirklich, die Bedrohung abzuwenden. Zur Erreichung ihres Ziels ist Teamarbeit unabdingbar und auch diesen Aspekt transportiert die Autorin plausibel.
In den Hintergrund rücken dieses Mal die Metropole und ihr jugendlicher Herrscher. Stattdessen konzentriert sich Haderer auf den roten Faden um die Suche nach dem Unheil bringenden Schwert. Sie führt diesen Plot rasant und mit unerwarteten Wendungen fort. Schade, dass die Hexenrebellinnen – Feministinnen, die sich gegen die Geschlechterrolle auflehnen – nein, ihr Schicksal wird hier aus Spoilergründen nicht verraten.
Insgesamt gesehen ist „Der Garten der schwarzen Lilien“ ein erneut sprachlich ansprechender und inhaltlich fesselnder Roman, der die abenteuerliche Handlung massiv vorantreibt. Teil zwei der „Black Alchemy“ -Trilogie bannt Leser und Leserinnen an die Seiten und wird schon in ein paar Monaten mit dem Abschlussband vollendet.
Carsten Kuhr
Black Alchemy, Band 2
Fantasy
Knaur Verlag
Februar 2020
395
Funtastik-Faktor: 92