Der letzte Held von Sunder City (Fetch Phillips, Bd. 1) – Luke Arnold

Ein Leben ohne Magie in einer verkommenen Fantasy-Stadt

Der letzte Held von Sunder City - Luke Arnold © Knaur
Der letzte Held von Sunder City © Knaur

Fetch Phillips ist ein Mensch, was ja eigentlich nichts Ungewöhnliches ist. Nur lebt er in Sunder City, einer Stadt, die überwiegend von anderen Spezies, wie Elfen oder Zwergen bewohnt ist. Und all diese Wesen leiden darunter, dass nach einem Krieg die Magie versiegt ist, weshalb beispielsweise Vampire ihr Leben nicht mehr durch Blutsaugen verlängern können.

Und ausgerechnet Fetch Phillips, einst einer der Soldaten der Menschen, die für das Versiegen der Magie verantwortlich waren, wird engagiert, um das Verschwinden eines Blutsaugers aufzuklären. Doch schon bald stellt sich heraus, dass dahinter mehr steckt, als ursprünglich vermutet. Fetch benötigt seine ganze Lebenserfahrung, um die Ermittlungsarbeiten auch nur zu überleben.

Ein gebrochener Held

„Der letzte Held von Sunder City“ ist das Debüt als Schriftsteller von Luke Arnold und ein Urban-Fantasy-Roman. Das Buch hat eine interessante Prämisse. So ist sämtliche Magie ist aus dieser Welt verschwunden, was vielerlei Auswirkungen hat. Unter anderem verloren die Elfen ihre ewige Jugend und Werwölfe befinden sich in einer Art Zwitterzustand zwischen Mensch und Wolf. Die meisten von diesen unglücklichen Wesen leben in der titelgebenden Stadt. Diese ist ein wahrer Schmelztiegel und voll mit Konflikten, vor allem zwischen den Menschen und den anderen Rassen.

Fetch Phillips selbst ist kein glanzvoller Held. Im Gegenteil: ein gebrochener Mann, der in seinem Leben schon viel Scheiße mitgemacht hat. Er ist ein Alkoholiker, der noch dazu ständig Clayfields kaut, Stäbchen, die Schmerzen jeglicher Art betäuben. Und er führt mehr schlecht als recht seine eigene Detektei.

Viele Ideen, wenig Plan

Aus diesen Zutaten versuchte Luke Arnold, seine Geschichte zu stricken. Über einen Mangel an Ideen braucht sich der Leser wahrlich nicht zu beschweren. Es gibt viele interessante Details. Zum Beispiel den ungewöhnlichen Umstand, dass einige ehemalige Blutsauger künstliche Zähne nutzen, um ihre Nahrung zu sich zu nehmen. Ihre vampirhaften Beißer sind ihnen mit dem Verschwinden der Magie abhanden gekommen. Oder dass die Elfen in dieser magielosen Realität in Sekundenschnelle altern. Es sind solche kleinen Momente, in denen die Story des Romans glänzt.
Denn ansonsten tut sie dies nicht, sondern hat gravierende Schwächen. Darunter auch eine gewisse Planlosigkeit des Autors, was die Atmosphäre seines Romans angeht.

Alles düster, oder lieber doch nicht?

Eigentlich sollte eine düstere Grundstimmung erzeugt werden. Alles wirkt heruntergekommen und kaputt, ohne dass sich jemand die Mühe macht, Reparaturen anzugehen und Dinge wieder zu fixen. Stattdessen lässt ein skrupelloser Immobilienhai Familienhäuser von Zwergen räumen, um dort teure neue Wohnungen zu errichten, in denen entsprechend hohe Mieten zu zahlen sind. Derartiges ist Standard in Sunder City. Auch den Protagonisten Fetch Phillips umgibt Tristesse. Er ist in Trunkenbold, der einige sehr fragwürdige und egoistische Entscheidungen trifft. Eben ein Anti-Held im wörtlichen Sinn.

Wenn Luke Arnold diese pessimistische und düstere Atmosphäre beibehalten hätte, hätte sie zum Roman gepasst und sogar glaubwürdig gewirkt. Doch stattdessen streut er wiederholt „Oneliner“ (kurze, witzige Sequenzen) wie aus einem Actionfilm ein. Die Tonlage verändert sich dadurch so krass, dass es den Leser immer wieder aus dem Lesefluss wirft. Es macht den Eindruck, als habe Luke Arnold diesen Roman aus verschiedenen Szenen zusammengebastelt hat, die er im Laufe der Jahre ansammelte. Und beim Zusammenfügen versäumt, das Endergebnis einheitlich und rund zu gestalten.

Überzogen und unglaubwürdig

Auch die Darstellung des Fetch Phillips begeistert nicht gerade, denn der Autor übertreibt bei der Darstellung seiner Schwächen. Man fragt sich, wie die Figur es schafft, mit so einem immensen Alkohol- und Drogenkonsum überhaupt zu funktionieren. Es mag Leute geben, die einen gewissen Alkoholpegel im Blut brauchen, um normal zu agieren. Aber die Mengen Gift, die Fetch zu sich nimmt, wirken vollkommen maßlos und unglaubwürdig. Darüber hinaus arbeitet Fetch Phillips nie wirklich investigativ. Vielmehr fallen ihm Fortschritte vor die Füße, ohne dass er sich selbst darum bemühen muss.

All diese Unzulänglichkeiten führen letztendlich dazu, dass „Der letzte Held von Sunder City“ als Urban Fantasy-Roman enttäuscht. Aus den grandioser Story-Ansätzen hat der Autor einfach zu wenig gemacht.

Götz Piebergen

Der letzte Held von Sunder City
Fetch Phillips, Band 1
Luke Arnold, Übersetzung: Christoph Hardebusch
Fantasy
Knaur
Oktober 2020
319
Guter Punkt, München
15

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