Der Avatar ist endlich da und wird gefordert
Mit dem Serienauftakt „Der Aufstieg von Kyoshi“ aus der Reihe „Avatar-Der Herr der Elemente“ konnte der US-Autor F. C. Yee begeistern. Er bot eine abwechslungsreiche Story die erzählte, wie eine der einflussreichsten Avatare überhaupt, die Erdbändigerin Kyoshi, zu der Person wurde, die einst die TV-Serie bekannt und beliebt machte. Die Fortsetzung „Der Schatten von Kyoshi“ knüpft an den Vorgänger an.
Es ist einiges an Zeit vergangen, seitdem Kyoshi erkannte, dass ihr und der Welt eine weitreichende Lüge aufgetischt wurde und in Wahrheit sie der Avatar ist. In einem heftigen Kampf setzte sie sich gegen ihre Mentoren durch, wenn auch unter enormen Opfern. Endlich konnte sie die ihr bestimmte Rolle einnehmen. Doch zu den Opfern zählt Yun, der falscher Avatar und gleichzeitig ihr bester Freund.
Seitdem setzt sich Kyoshi in ihrer Heimat für Recht und Ordnung ein, stößt dabei allerdings immer wieder an Grenzen. Da erreicht sie eine Einladung in die Feuernation, wo sie ihre Freundin Rangi wiedertrifft. Allerdings gerät sie dort auch in den Mittelpunkt vieler gefährlicher Intrigen. Und als ob das noch nicht genug wäre, erregt Unruhe das Geisterreich.
Gegen das Unmögliche stemmen
Zu Beginn von „Der Schatten von Kyoshi“ geht es darum, wie sich Kyoshi in ihrer neu gefundenen Rolle zurechtfindet. Sie hat zwar jetzt mehr Macht, sowohl über die Elemente, wie über die Gesellschaft. Doch gleichzeitig zeigt F. C. Yee auch ihre Grenzen. Denn selbst ein Avatar kann nicht von jetzt auf gleich über Jahre etablierte soziale Gewohnheiten ändern. Man erlebt eine Kyoshi, die sich gegen die Widerstände stemmt und daran gefühlt fast kaputt geht. Sie opfert sogar ihren Schlaf, um überall zu helfen. Was ihr dauerhaft nicht guttut.
Die Einladung aus der Feuernation ist zunächst ein Grund zur Freude, denn für Rangi hegt sie mehr als nur freundschaftliche Gefühle. Großartig und glaubwürdig vermittelt der Autor, wie die Atmosphäre dieses Aufenthalts durch die aufkommenden Intrigen kippt. Im Prinzip geht es hier um die Frage, wer der wirkliche Herrscher in der Nation ist.
Brutal, aber nicht zum Selbstzweck
Von Beginn an wird Kyoshi zum Spielball zwischen den verschiedenen Fraktionen, die sie für ihre jeweiligen Zwecke nutzen wollen. Und immer dann, wenn sie meint, etwas Gutes zu tun, stellt sich am Ende heraus, dass das Problem nur ein weiteres Element irgendeiner Intrige war. Zum Teil ist dies ihrer Unerfahrenheit geschuldet, was den Avatar frustriert und ihren Widerstandsgeist erweckt.
„Der Schatten von Kyoshi“ entwickelt sich zu einem gewalttätigen und blutigen Roman. Hier traut sich Yee Aktionen darzustellen, die man aus der Zeichentrickvorlage nicht kennt. Dabei ist diese Gewalttätigkeit allerdings kein Selbstzweck, sondern unterstreicht die Gefährlichkeit der Lage, in die die Titelheldin hineingeraten ist. Gleich von zwei Seiten drohen Ärger und Bedrohungen.
Da ist zum einen Yun, der zur Erleichterung der Protagonistin doch nicht tot ist. Aber er hat sich verändert und will sich dafür revanchieren, dass sie ihm vermeintlich die Rolle des Avatars gestohlen hat. Yun ist nun ein Mann, der aus Rache bereit ist, alles zu tun, sogar im Geisterreich für Chaos zu sorgen. Es ist erschreckend, wie berechnend er vorgeht, wie wenig ihm mittlerweile die Leben anderer Menschen bedeuten. Ein gefährlicher Gegenspieler, der anscheinend stets einen Schritt voraus zu sein scheint.
Fehler der Vergangenheit
Die zweite Seite, von der Kyoshi Gefahr droht, ist das Reich der Geister. Yun hat einen Geist „gegessen“ und dafür gesorgt, dass Spannungen das jenseitige Reich aufrühren. Und dies wirkt sich auf die Welt der Menschen aus, weshalb der Avatar, als Mittler zwischen den Welten gefragt ist.
An dieser Stelle greift Yee auf die Mythologie der Serie zurück. Er lässt zwei Avatare auftreten, die man bereits aus der Zeichentrickserie kennt und baut ihre Fähigkeiten weiter aus. Dabei enthüllt er einige Geheimnisse über Kyoshis Vorgänger, die erklären, warum Chaos in der Geisterwelt herrscht und welche Fehler vor langer Zeit begangen wurden.
Fazit
„Der Schatten von Kyoshi“ ein großartiger Roman. Dass er nicht dieselbe Güteklasse wie „Der Aufstieg von Kyoshi“ erreicht, liegt daran, dass er noch mehr Umfang vertragen hätte. Mit weiteren 100 Seiten und etwas mehr von dieser besonderen Mythologie, wäre dies ein Buch der Extraklasse geworden. Aber so hat man das Gefühl, dass einige Entwicklungen, beispielsweise die Reise Yuns auf der er viele Freveltaten begeht, zu kurz kommen.
Götz Piesbergen
Avatar - Der Herr der Elemente, Band 2
Fantasy (Asien)
Cross Cult
Dezember 2020
Buch
386
Jung Shang Chang
80