Die Entführung der Dinharazade – Christina Wermescher

1001 Nacht in modernem Gewand mit  Steampunk und großen Gefühlen

Die Entführung der Dinharazade - Christina Wermescher © Amrûn Verlag,  blauer Hintergrund, Moschee, Zahnräder, Schmetterling, hellblaue und beige Schrift
Die Entführung der Dinharazade © Amrûn Verlag

Wir alle kennen die Geschichte der Scheherazade. Die, um ihr Leben zu retten, dem König jede Nacht eine Geschichte erzählen muss. Mittlerweile hat sie dem Herrscher einen Sohn geschenkt. Auf die Geschichten aber mag der Sultan nach wie vor nicht verzichten.

Dass ihre Schwester Dinharazade zusammen mit ihr in Samarkand weilt, wissen dagegen die Wenigsten. Als Tochter des Großwesirs ist sie eine gute Partie, die Möchtegern-Bräutigame stehen bei ihrem Vater Schlange. Dabei will die junge Frau eigentlich nur ihrem Faible für technische Erfindungen zusammen mit ihrem Freund, dem Waffenmeisters des Kalifen, nachgehen. Und vielleicht gar, was für eine Frau von Stand eigentlich undenkbar ist, die Kunst des bewaffneten Kampfes lernen.

Eines Tages, der Kalif und sein engster Hofstaat weilen gerade außerhalb der Stadt, wird Dinharazade vom berüchtigten Wüstenkönig Khan Bassam direkt aus dem königlichen Anwesen entführt. An Bord eines mechanischen Wüstenschiffes gelangt sie unterirdisch direkt in die geheime Oase, die Khans Heimat ist. Hier stehen der jungen Frau nicht nur, unerwartet und höchst willkommen, bislang undenkbare Entwicklungsmöglichkeiten offen. Sie hat auch das Herz ihres Entführers im Sturm erobert und auch sie ist von dem charismatischen Herrscher durchaus angetan.

Als dieser vom Schah eine Mitgift fordert, kommt es zum Eklat. Ein Krieg droht, eine Auseinandersetzung, bei der auch die dunkle Magie der Metallhexe zum Einsatz kommt. Abdi, Erfinder in Diensten des Sultans, wird zu Hilfe gerufen. Doch auch der Waffenmeister des Sultans ist gegen die Magie der Metallhexe hilflos.

Ein Märchen wird zum Abenteuer voller Überraschungen

Wir alle kennen die Geschichten aus Tausend und einer Nacht. Orientalische Märchen voller Exotik, voller Gefahren und großer Gefühle. In eine vergleichbare Kulisse entführt uns Christina Wermescher mit „Die Entführung der Dinharazade“. Mehr noch, sie nutzt die uns bekannte Protagonistin Scheherazade, erzählt dann aber ihre ganz eigene Geschichte.

Und sie macht dies richtig gut. Aufsetzend auf die bekannten Grundbausteine – Wüste, Samarkand, Oase – erzählt sie uns von Erfindungen, die wir dort niemals vermutet hätten. Ein Hauch von Steampunk weht durch die Wüstenluft.

Da schrauben sich riesige, von Dampf betriebene metallene Würmer durch das Sandmeer, fliegen künstliche Vögel als Boten durch die Luft und erhellen Solarspiegel die Katakomben unterhalb der Oase. Dazu gesellen sich magische Wesen und Hexen, es gibt Dramatik und Romantik, sowohl hetero- als auch homosexuell. Bedeutsamer als die sexuelle Orientierung, sind die nachvollziehbar tiefen Gefühle, die die Liebenden zueinander hegen.

Spannend geht es zu. Zwar weist der Plot ein paar kleine Ungereimtheiten auf, doch überliest man diese als Rezipient gerne, will man doch wissen, wie die gefahrvollen Situationen letztlich gemeistert werden. Trotz der Kürze des Texts sind die Figuren gut nachvollziehbar charakterisiert, liest sich die Erzählung angenehm und flüssig.

So bietet der wohltuend kurze Roman „Die Entführung der Dinharazade“ dem Lesenden einen Ausflug in das für hiesige Augen immer noch ungewohnte und farbenprächtige Arabien an. Die Geschichte weiß mit interessanten mechanischen Entwicklungen zu überraschen und offenbart uns eine etwas andere Love-Story voller Dramatik und großer Gefühle.

Carsten Kuhr

Die Entführung der Dinharazade
Christina Wermescher
Fantasy
Amrûn
November 2021
Buch
242
Julia Dibbern
70

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