Eine ungeplant aktuelle Dystopie
Die Apokalypse ist da. Nein, nicht wie sie jetzt vielleicht denken – keine wandelnden Toten auf den Straßen, die nach dem Verzehr von Menschenfleisch gieren. Stattdessen beginnt alles damit, dass eine junge Frau, fast noch ein Mädchen, sich eines Morgens aus ihrem Bett erhebt. Sie beginnt zu wandern, blinzelt dabei nicht, bewegt sich ruhig aber gezielt, spricht nicht. Sie lässt sich von ihrer Schwester nicht aus ihrem Zustand aufwecken.
In kürzester Zeit schließen sich Nessie eine ganze Reihe von weiteren Wanderern an. Sie alle lassen ihr bisheriges Leben und ihre Lieben hinter sich zurück. Sie schauen nicht zurück. Offensichtlich ist es ihnen egal, ob sie ihren Liebsten fehlen, ob diese sich Sorgen machen. Sie wandern still, aber stetig.
Ihr Wohl verdanken sie den sie begleitenden „Hirten“, denn gewalttätige Milizen beginnen mit der Jagd auf sie. Ein immer größer werdender Tross aus Wanderern und Beschützern zieht durch die USA.
Da mag ihre Gesellschaft zerfallen, da mag die MERS-Cov Pandemie die USA heimsuchen – all das schert sie nicht. Auch von den verzweifelten Versuchen, das Geheimnis um ihre Erkrankung zu lüften, lassen sie sich nicht aufhalten. Sie wandern und wandern einem unbekannten Ziel entgegen.
Leise Töne und eine verstörende Aktualität
Mit „Die Schlafwandler“ liegt der erste Teil der „Wanderers“ Dilogie vor mir. Eine Dystopie, eine sehr real wirkende Apokalypse, die, obschon bereits 2019 – vor dem Corona-Ausbruch – geschrieben, höchst aktuelle Themen beinhaltet.
Chuck Wendig erzählt seine Geschichte ruhig, ja fast bedächtig. Natürlich dürfen einige ganz klassische Stereotypen nicht fehlen. Der Zusammenbruch der Zivilisation hinterlässt eben seine Spuren und bringt nicht unbedingt das Beste im Menschen zum Vorschein. Anders als viele seiner Kollegen konzentriert sich der Verfasser jedoch auf seine sehr einfühlsam beschriebenen Charaktere, wie beispielweise Shana, die Schwester der ersten Wanderin.
Daneben schildert er uns, gerade indem er die dramatischen Ereignisse nicht so sehr ins Zentrum stellt, die Auswirkungen der Pandemie auf die Gesellschaft. Diese auf die Menschen fokussierte Geschichte entwickelt eine enorme innere Überzeugungskraft und zieht den Lesenden mit leisen Tönen fast unmerklich in ihren Bann. Sie liest sich heute, nachdem wir alle von Corona massiv aus unserem Gleis befördert wurden, viel aktueller und lebensechter als zu dem Zeitpunkt, an dem der Autor sich seine rein fiktive Handlung hat einfallen lassen. Auch wegen dieser Aktualität kann man den recht umfangreichen ersten Teil „Die Schlafwandler“ kaum aus der Hand legen. Auf die Auflösung der Mysterien, warum die Wanderer wandern und wohin, müssen die Leserinnen und Leser nur noch ein wenig warten. Der finale Teil der „Wanderers“ Serie „Die weisse Maske“ soll Ende November 2021 erscheinen.
Carsten Kuhr
Wanderers, Band 1
Science Fiction/Dystopie
Panini Verlag
September 2021
Buch
476
Geier
78
Oh, Chuck Wendig. Kenne ich nur aufgrund seiner Star Wars-„Aftermath“-Trilogie. Und die war vom Stil her einfach nur grausig zu lesen. Ansonsten hätte mich das Thema – und das Cover – eigentlich angesprochen.
Hey, vielleicht konnte Chuck Wendig seine Schreibe nach „Aftermath“ verbessern. Vielleicht war auch die Übersetzung schlecht. Peter hatte auf phantastik-couch seinerzeit den paranormal Thriller „Blackbirds“ von ihm besprochen und war recht angetan. https://www.phantastik-couch.de/titel/9924-blackbirds/ Ich habe selber noch nichts von Chuck Wendig gelesen, kann dazu also nichts sagen. VG, Eva