Die silberne Königin – Katharina Seck

Bezaubernd – magisch – eiskalt

Die silberne Königin-Katharina Seck © Bastei-Lübbe
Die silberne Königin © Bastei-Lübbe

In einem Land, in dem ewiger Winter herrscht, kämpft die 24jährige Emma Tag für Tag um ihr täglich Brot. Ihr Vater zerbrach innerlich, als ihre Mutter starb und sie muss sich um ihn sorgen. Als sie mit Mühe fast unbeschadet ein Unglück im Bergwerk überlebt, beschließt sie, nie wieder dorthin zurückzukehren. Ihr sehnsüchtiger Wunsch war es schon lange, in der Chocolaterie der Madame Weltfremd zu arbeiten. Obwohl sie zerlumpt ist und nicht in dieses feine Geschäft passt, sieht die Ladeninhaberin das Blitzen in ihren Augen. Am Ende des ersten Tages erzählt sie ihren Lehrmädchen das Märchen von der silbernen Königin, dem Kristallmädchen und dem Frostprinz. Was die jungen Frauen nicht ahnen – darin verborgen liegt die Wahrheit – über den Winterfluch, den kaltherzigen König und über Emma selbst.

Atmosphärisch dicht

Was für ein wundervolles Buch. Schon während des Prologs wird dem Leser kalt und warm zugleich. Aus der vereisten Stadt voller Schneeberge sollen Gäste zur Geschichtennacht kommen. Madame Weltfremd heizt für ihre Gäste ein und stellt kleine Schokoladenkostbarkeiten auf die dicken Teppiche. Kati Seck gewann mit diesem zauberhaften Märchen aus über 100 eingesandten Romanen den SERAPH 2017, den von der Phantastischen Akademie ausgelobten Preis, der alljährlich auf der Leipziger Buchmesse verliehen wird. Spracheleganz bescheinigten ihr die Juroren.

Mit ihrer Feinsinnigkeit, ihren Wortschöpfungen zieht sie den Leser immer tiefer in die eisige Welt. Ambivalent beschreibt sie die Faszination dieser schillernden Wunderstadt und das durch die Kälte verbreitete Grauen. Der Leser ist stets hin- und hergerissen zwischen Bewunderung und Schaudern. Nie wieder werde ich eine Tasse heiße Schokolade trinken können, ohne an Emmas erste Tasse und ihre Gefühle dabei zu denken. Einfach nur schön.

„Geschichten, die fesselten, die einen in den Bann zogen und von denen man nicht mehr ablassen wollte. Geschichten, die man mit in seine Träume nehmen und deren Ende man nicht hören wollte, weil es dann kein Zurück mehr gab.“ S. 218

Tatsächlich hat ein Freund von mir die letzten Seiten nicht gelesen, weil das Buch ja dann zu Ende wäre und er den Abschied hinaus zögern will, um sich zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal daran zu erfreuen.

Der Roman erzählt ein Märchen im Märchen. Wir finden Parallelen zu der Schneekönigin, zum kalten Herz, zu der Schönen und das Biest. Trotzdem habe ich das nie als klischeehaft oder aufgesetzt empfunden, sondern als gekonnt adaptiert. Die Autorin braucht nur wenige handelnde Personen. Die breite Masse skizziert sie mit knappen Wörtern an den richtigen Stellen. Zwischendurch streut sie kleinere und größere Lebensweisheiten hinein, die symbiotisch in den Fluss der Geschichte gehören.

Die beiden Hauptfiguren entwickeln sich fast unmerklich. König Casper ist ihr Gegenspieler, der sie aus seinem Leben haben möchte und sie doch nicht zur Eisskulptur verwandeln kann. Stück für Stück werden sich beide selbst bewusster. Stück für Stück handeln sie nach ihren neuen Erkenntnissen über sich. Genauso wie die Figuren in dem erzählten Märchen, das mit der Realität magisch verwoben ist. Ich rechne Katharina Seck hoch an, dass sie uns vor einem simplen Happy-End verschont. Nach dem letzten Satz bleibt ein Gefühl von wohltuender Fülle und Befriedigung zurück.

Ende November 2017 erscheint „Tochter des dunklen Waldes“. Es verspricht ähnlich faszinierend zu werden wie „Die silberne Königin“.

Amandara M. Schulzke

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Die silberne Königin
Katharina Seck
Fantasy Märchen
Bastei Lübbe
Oktober 2016
366

Funtastik-Faktor: 99

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