Met-Magie – Amandara M. Schulzke, Nadine Muriel (Hrsg)

Süß oder herb, dunkel oder glitzernd

Met-Magie (Der Trank der Götter, Barden und Bauern) - Amandara M. Schulzke, Nadine Muriel (Hrsg) © acabus Verlag, heller Hintergrund, Himmel, Vulkan, Meer, Segelschiff, Mönch, Met-Flasche Bienen und Esel
Met-Magie © Acabus Verlag

Met – wer kennt ihn nicht? Den süß-samtigen Honigwein, pur oder mit Kräutern und Früchten verfeinert. Die Anthologie „Met-Magie“ erzählt 15 Phantastische Geschichten um jeweils eine bestimmte Met-Sorte, die die Autor:innen zu ihrer Geschichte inspiriert hat:

  • Met(h)ode – Tommy Krappweis
  • Die Tränen des Ra (Süßer Met) – Amandara M. Schulzke
  • Die Jagd der Katzenfrau (Waldfruchtmet)– Sandra Melli
  • Winterzauber (Winterzauber) – Nadine Muriel
  • Ein Hauch von Minze (Westminster Fog) – Thomas Heidemann
  • Das Hochzeitsgeschenk (Waldmeistermet)- Megan E. Moll
  • Du, Martin (Grüner Galgenstrick) – Rainer Wüst
  • Hexenblut (Hexenblut) – Mira Valentin
  • Der Berg und der Prophet (Zitronenmet) – Sam Feuerbach
  • Met für Amerika (Jolly Roger) – Friedhelm Schneidewind
  • Ein letzter Schluck (Bardensang) – Stefan Cernohuby
  • Das Gegenmittel (Tannenmet)– Laurence Horn
  • Die Blaubeerbrücke (Blaubeermet)– Petra Hartmann
  • Schottisches Blut (Schottisches Blut) – Astrid Rauner
  • Hüttenzauber (Original Met) – Ju Honisch

So süffig und abwechslungsreich wie das Leben

Die Herausgeberinnen sind dem aus Honig vergorenen Getränk eng verbunden. Amandara M. Schulzke zog lange Jahre als Marktverkäuferin mit eigenem Laden über Mittelalterfeste und Conventions, das komplette Sortiment von Met-Lieferant Metwabe im Angebot. Noch immer sieht man sie gelegentlich auf Festen am Stand vor den Flaschen, verkostet und verkauft den goldenen Schluck. Die Lektorin und Autorin Nadine Muriel bietet geführte Literatur-Wanderungen an, in diesem Jahr in Kombination mit Met-Verkostung. Und da beide Frauen der Phantastischen Literatur verfallen sind, bot es sich an, gleich beide Leidenschaften auszuleben. Die Idee zur Anthologie „Met-Magie-Der Trunk der Götter, Barden und Bauern“ war geboren.

Heiter und charmant..

..startet die Anthologie. Tommy Krappweis ersann mit „Met(h)ode“ eine Ode an den Met. Ein Gedicht über die Vorzüge des Getränks, das aber auch vor allzu übermäßigem Genuss warnt.

„Die Tränen des Ra“ von Amandara M. Schulzke spielt im alten Ägypten und erzählt eine anrührende Geschichte. Es geht um einen Jungen, der seinen Esel sucht und sowohl den Gott der Sonnenscheibe Ra, als auch besonderen Honig findet. Die Geschichte verzaubert durch eine magische Wendung und den liebenswerten Protagonisten Scheri.

„Winterzauber“ von Nadine Muriel erzählt das Märchen vom Prinzen, der keinerlei Gefühl auszudrücken vermag. Der Barde ergründet nicht nur das Geheimnis des Prinzen, sondern schenkt ihm Glück. Wunderbar an dieser Geschichte ist, dass sie zunächst im klassischen Gewand eines Märchens daherkommt und schließlich mit einer wunderbaren, queeren Wendung verzaubert.

Düster und spannend

In Rainer Wüsts Geschichte „Du, Martin“ erlebt der Bestseller-Autor Raimund Hegeler eine Schreibblockade. Sein Verleger schickt ihm eine Flasche Hanf-Met, löst damit eine traurige Erinnerung und zugleich eine Inspiration aus. Es ist eine melancholische und gefühlvolle Geschichte und einem Protagonisten, dessen Leid zu Herzen geht.

Die Geschichte „Hexenblut“ von Mira Valentin beruht auf historischen Ereignissen aus der unrühmlichen Zeit der Hexenverbrennung. Bürgermeister und Advokat schickten eine Reihe von unschuldigen Frauen in einen grausamen Tod. Als sich beide inkognito betrinken möchten, begegnen sie der einzigen wirklichen Hexe, die den Herren eine bittere Wahrheit einschenkt. An dieser Geschichte fasziniert die im zynischen Ton beschriebene Scheinheiligkeit derjenigen, die sich im Mittelalter für Gottes Werkzeug hielten. Und die entwaffnende Botschaft einer mutigen Frau.

Schon der Anfang in „Schottisches Blut“ von Astrid Rauner zog mich gleich in seinen Bann. Eine Frau verbringt einen Abend in einem schottischen Pub bei Whisky und Ale. Was ein freudiges Trinkfest sein könnte, hat einen tragischen Hintergrund. Es folgt eine dramatische Zeitreise und ein lehrreiches Erwachen. Außer einer tiefen Melancholie schwingt ein wenig „Feuer und Stein“ Atmosphäre in dieser Geschichte mit. Bittersüß wie reife Kirsche und ein leicht rauchiger Single Malt. 

Kurios und schräg

„Der Berg und der Prophet“ von Sam Feuerbach erzählt ebenfalls einen Zeitreise-Plot, allerdings spielt der im alten Pompeji. Ausgelöst durch unbändige Neugier und dem verführerischen Aroma von Zitronen-Met erlebt ein Tourist eine herbe Überraschung. Und stellt am Ende seines Abenteuers fest, dass es Folgen hatte. Eine kuriose Wendung krönt diese lebendig erzählte Geschichte, die uns in ein selten betrachtetes Zeitalter entführt.

Ju Honischs „Hüttenzauber“ zaubert die Geschichte um zwei Freunde, die eine Bergtour unternehmen. In der Berghütte finden und verkosten sie Met, was den Ingenieur dazu bewegt, sein Leid zu klagen. Seine Erfindung, ein besonderes GPS-Gerät, findet nicht die Anerkennung, die es verdient. Die beiden probieren die Technologie aus und kommen zu drei so verrückten, wie amüsanten Schlussfolgerungen. „Hüttenzauber“ ist eine witzige und überdrehte Geschichte, die in unserer Realität anfängt und sich elegant nach Absurdistan verabschiedet.

Meine Favoriten

„Die Blaubeerbrücke“ von Petra Hartmann ist eine humorvolle Erzählung, die mit dem Auftritt des forschen Recken Ardua beginnt, jedoch nachfolgend eine alte Dame als Heldin präsentiert. Die Frau mit dem Blaubeerkorb schickt ihn in eine Traumwelt, in der er scheitert und aus der er geläutert zurückkommt. „Die Blaubeerbrücke“ erzählt ein modernes Märchen voller Esprit und Witz, in dem das Atlantis-Motiv mitschwingt und verzaubert.

Die spannendste Erzählung schrieb Thomas Heidemann mit „Ein Hauch von Minze“. Sie atmet ganz tief die Atmosphäre der „Jack the Ripper“ Ära im viktorianischen London. William Atherton, der angeblich von den Toten auferstanden ist, macht Jagd auf einen mysteriösen Serienmörder. Mit Hilfe eines Wirts und dessen Sohn, sowie einer besonderen Met-Komposition, begibt sich der Untote auf eine schaurige Suche durch das nächtliche London. Der Autor inszeniert auf den 15 Seiten, die „Ein Hauch von Minze“ umfasst, eine gruselige Geschichte, deren faszinierende Protagonisten und düsteres Ambiente absolute Sogwirkung auslösen.   

Vorfreude garantiert

Einmal mehr stelle ich fest, dass es den Herausgeberinnen wie schon in „Wir sind die Bunten“ und „Das geheime Sanatorium“ gelungen ist, Geschichten von gleichbleibend überzeugender Qualität zu präsentieren. Zwei der Geschichten haben mich nicht ganz abgeholt. In einer ist mir die Handlung zu einseitig, die andere sprachlich etwas sperrig. Alle anderen Geschichten sind gut geschrieben, voller kreativer, berührender, spannender und durchgeknallter Ideen und einfach ein kurzweiliger Lesespaß.

So vielfältig, wie die Figuren, die Plots, die Schauplätze und historischen Hintergründe, so unterschiedlich sind auch die vorgestellten Met-Sorten. Oder habt ihr schon einmal Glitzer-Minze-, Hanf-Met, Met mit Thymian und Salbei oder mit Rum, Apfel und Meersalz getrunken? Wem diese Sorten zu exotisch sind, dem läuft vielleicht bei der Beschreibung des Geschmacks von Waldfruchtmet, Waldmeistermet oder Tannenmet das Wasser im Mund zusammen. Ganz ohne finanziellen Benefit verlinke ich die Produktseite des Onlineshops der Metwabe, wo es diese und viele weitere Met-Leckereien zu kaufen gibt. Wenn ihr dann gleich auch noch die Anthologie bestellt, ist doppelte Vorfreude garantiert: auf einen literarischen und einen kulinarischen Genuss.

Eva Bergschneider

Met-Magie - Der Trunk der Götter, Barden und Bauern
Anthologie
Amandara M. Schulzke und Nadine Muriel (Hrsg)
Fantasy
Acabus Verlag
April 2022
Buch
216
Charles Wiegmann
84

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