Miss Maxwells kurioses Zeitarchiv – Jodi Taylor

Kurzweiliger Zeitreisespaß mit zu viel ‚Gedöns‘

Miss Maxwells kurioses Zeitarchiv © Blanvalet

Der Beruf des Historikers ist gemeinhin eine recht brotlose Kunst. Das Studium ist ohne große Höhepunkte, verändert sich doch an der Sicht auf die Vorgänge in der mehr oder minder tiefen Vergangenheit eher wenig. Entsprechend rar gesät sind interessante und zugleich gut dotierte Jobs in diesem Forschungssegment.

Dies muss auch Madeleine Maxwell, kurz Max genannt, erkennen. Umso mehr ist sie ihrer alten Dozentin dankbar, als diese sie dem St. Mary´s Institut für historische Forschung empfiehlt. Das Vorstellungsgespräch übersteht sie gut, auch wenn ihr die vielen Geheimhalteklauseln ein wenig merkwürdig vorkommen. Kurz darauf beginnt ein spezielles Training. Denn Max soll mittels einer Zeitmaschine in die Vergangenheit reisen und beobachten. Beobachten, nicht eingreifen. Niemals eingreifen. Denn das Schicksal weiß sich gar drastisch zu wehren, wenn man die Vergangenheit, bewusst oder unbewusst, ändert.

Nach dem erfolgreichen Abschluss ihrer Zusatzausbildung reist Max also munter in der Zeit herum. Dass sie dabei, ausgerechnet bei den Sauriern, auf einen Verräter trifft, der die Zeitreise nutzten will, um zahlungskräftige Jäger auf längst ausgestorbene Beute loszulassen, ist noch ihr geringstes Problem. Sie wird überfallen, Opfer eines Mordanschlags, verliert die Liebe ihres Lebens in der Zeit. Das Institut wirft sie hinaus und dennoch gibt sie nicht auf. Schließlich lässt Max ihre Kameraden nicht im Stich. Schon gar nicht im Pliozän oder bei den alten Ägyptern.

Eine weitere Selfpublisher Erfolgsgeschichte

Es war einmal eine Hobby-Autorin, die ihren Debutroman als eBook im Eigenverlag veröffentlichte und es ging im wahrsten Sinne des Wortes die Post ab. Die Erfolgsstory von Andy Weir lässt grüßen. Innerhalb kürzester Zeit verschlangen 60.000 britische Leser das Buch, fragten nach mehr und der Überraschungserfolg nahm seinen Lauf. Ein Printverlag sprang auf den fahrenden Zug auf, erste Lizenzen im Ausland kamen hinzu. Inzwischen hat Jodi Taylor bereits zehn Bücher der Chroniken von St. Mary´s veröffentlicht. Annähernd Vergleichbares hat bei uns in Deutschland nur Sam Feuerbach geschafft.

Inhaltlich erinnert das Gebotene ein wenig an die Zeitreiseromane von Connie Willis, die bei Heyne und Cross Cult erschienen. Wobei Mrs. Taylor, ohne ihr hier Unrecht tun zu wollen, vom Duktus her nicht deren Niveau erreicht.

Ihr Text liest sich angenehm und munter, plätschert aber auch mal eher gemächlich vor sich hin. Einzelne inhaltliche Brüche fallen auf und der Plot ist, gerade für den Auftakt einer Serie, deutlich zu lang geraten. Taylor begeht den typischen Anfängerfehler, zu viel in ihren Handlungsbogen integrieren zu wollen. Eine Love-Story darf ebenso wenig fehlen, wie martialisches Schlachtengetümmel, ein Kugelhagel und hungrige Saurier. Hier bestätigt sich die alte Weisheit „Weniger ist manchmal mehr.“

Trotz der inhaltlichen Schwächen liest sich „Miss Maxwells kurioses Zeitarchiv“ erstaunlich flüssig. Nimmt man das Erzählte hin, ohne es auf die interne Logik abzuklopfen, so erwartet den Leser eine durchaus spannende und wendungsreiche Geschichte. Großen Vorbildern wie den Romanen einer Julian May oder der schon genannten Connie Willis kann Miss Maxwell zwar nicht (oder noch nicht) das Wasser reichen, aber kurzweilig zu unterhalten weiss sie allemal.

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Carsten Kuhr

Miss Maxwells kurioses Zeitarchiv
Die Chroniken von St. Mary´s Band 1
Jodi Taylor (Übersetzung Marianne Schmidt)
Urban Fantasy
Blanvalet Verlag
August 2019
510

Funtastik-Faltor: 74

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