Perry Rhodan – Das größte Abenteuer – Andreas Eschbach

Die realste Biographie einer fiktiven Person

Perry Rhodan – Das größte Abenteuer - Andreas Eschbach © Fischer-Tor
Perry Rhodan – Das größte Abenteuer © Fischer-Tor

Perry Rhodans Geschichte erzählt ein zu Unrecht verurteilter Banker, der im Gefängnis in London sitzt. Gemeinsam mit den anderen Sträflingen erwartet er, dass die Welt in einem atomaren Super-Gau untergeht. Schuld daran soll ein gewisser Perry Rhodan sein. Genauso werden die Menschen diesen später feiern, weil er den Gau verhindert. Zu diesem Zeitpunkt wird jedem klar, dass Perry Rhodan eine außergewöhnliche Person ist.

Wer ist dieser Perry Rhodan?

Die Beantwortung dieser Frage beginnt mit dem Ehepaar Rhodan, Perrys Geburt und dem tragischen Unfalltod seiner Schwester Deborah. Während des Zweiten Weltkriegs wurde sein Vater eingezogen, seine Mutter meldet sich freiwillig als Krankenschwester. Onkel und Tante ziehen ihn groß. Später lebt er bei dem Cousin seiner Mutter nahe eines Armeestützpunktes. Von jedem der Verwandten und seinem von elektrischen Geräten fasziniertem Vater lernt er Dinge und Verhaltensweisen, die sein Leben prägen. Perry kämpft dafür, eines Tages in den Weltraum aufbrechen zu können, lässt sich jahrelang beim Militär ausbilden, erduldet Schikane, liest und lernt, verliert einen seiner besten Freunde und steht auf, als es nötig ist. Ein hochgeschätzter Revoluzzer und Kämpfer für das höchste Gut der Menschheit: die Freiheit.

Autor Andreas Eschbach gehört zu den bekanntesten und preisgekröntesten SciFi-Schreibern Deutschlands. Perry Rhodan ist die dienstälteste SciFi-Serie der Welt, die in ihrer Standard-Reihe 2019 ihren 3000. Band feiern konnte. Dazu gesellen sich hunderte Sonderausgaben und Reihen innerhalb des Perryversums. Wer sollte denn besser gefragt werden, als ein absoluter Fan der Serie, die Erlebnisse und Begebenheiten von Perry Rhodans Kindheit und Jugend nieder zu schreiben?

Eschbach verdient sich in der Zusammenschau von Perry Rhodans Kinder- und Jugendjahren eine Lorbeere. Der Leser merkt es dem Autor an, dass er unzählige Perry-Rhodan-Hefte selbst gelesen haben muss. Er hat außerdem Luft- und Raumfahrttechnik studiert und ist somit ebenso prädestiniert dafür, die Geschichte Perry Rhodans in die Technikgeschichte einzubetten. Das beginnt mit dem Laden des Vaters für elektrische Geräte, als ein Fernseher noch eine zu bewundernde Rarität war.

»Genau wie Sie, Mister Rhodan, glaube ich an die Menschheit. Wenn wir an einem Strang ziehen, anstatt uns gegenseitig zu bekriegen, dann gibt es nichts, was uns aufhalten kann.« S. 837

Für welche Zielgruppe gedacht?

Jetzt wird es zwei Sorten Leser/Hörer geben: diejenigen, die trotz Interesse an Geschichten, die in der Zukunft im Weltall spielen an Perry Rhodan vorbeigeschrammt sind und diejenigen, die eingefleischte Fans sind. Die Autorin dieser Kritik fühlt sich besonders durch Perry Rhodan Neo unterhalten und inspiriert. Für Erstere ist es ein klasse Buch, da es in das Perryversum einführt, die Besonderheiten der fiktiven Person herausstellt mit all ihren Ecken und Kanten. Und weil es zugleich ein Streifzug durch die internationale Raumfahrttechnik ist. Während der meisten Passagen kurzweilig und spannend, ab und zu etwas langatmig.

Für die Fans muss sich Eschbach an der Serie messen lassen, an der hunderte talentierter Autoren über die Jahrzehnte mitgeschrieben haben. Das gibt für gewisse Abschnitte volle Punktzahl und für andere ein resigniertes Schulterzucken.

Eschbach verbindet einfühlsam die politischen Entwicklungen vom II. Weltkrieg an, wie den Kalten Krieg und den Vietnamkrieg, mit der Technikentwicklung und der Persönlichkeit des Helden. Übrigens fliegt Perry Rhodan in diesem Buch bereits 1971 zum Mond, in der Serie erst 2036.

Schwierig fand ich die Erzählperspektive. Homer G. Adams, dessen Aufgabe später sein wird, ein gesundes Wirtschaftssystem auf der Erde aufzubauen, erzählt Perrys Geschichte vom Hören-Sagen. Dadurch ergibt sich eine gewisse Distanz zum Leser/Hörer. Bei der Serie ist es einfach, in die Geschichten einzutauchen, ganz nah dran zu sein, sich zu amüsieren, zu weinen, alle emotionalen Zustände zu erleben. Das geschieht hier nicht. Selbst dann nicht, als Perrys Schwester stirbt oder er in einer Schule gequält wird. Fans der Serie sollten mit S. 716 aufhören, alles, was danach kommt, ist für sie irrelevant und enttäuschend. Für Nicht-Fans fällt es mir schwer, zu beurteilen, ob der Roman funktioniert.

Auf jeden Fall funktioniert die Art und Weise von Sprecher Uve Teschner, seine angenehme professionelle Interpretation trägt über viele Stunden hinweg. Es macht Freude, ihm zuzuhören. Famos!

2020 gewann Eschbach mit diesem Roman den Kurd-Laßwitz-Preis, für einen Preis fehlt mir die Innovation, die wahrhaft neuen Gedanken und Szenarios. Trotz aller kritischen Bemerkungen ist »Perry Rhodan – Das größte Abenteuer« ein bemerkenwertes, lesenswertes Werk. Chapeau!

Amandara M. Schulzke

Perry Rhodan – Das größte Abenteuer
Andreas Eschbach (Hörbuchsprecher: Uve Teschner)
Science Fiction
Fischer Tor (Hörbuch: audible)
März 2019
850

Funtastik-Faktor: 74

Ein Gedanke zu „Perry Rhodan – Das größte Abenteuer – Andreas Eschbach

  1. Ich kann das Urteil nachvollziehen, insbesondere in Bezug auf den KLP. Für diesen hätte es im Erscheinungsjahr 2019 eindeutig bessere, innovativere Kandidaten gegeben.
    Gut kommt aber die der Serie innewohnende Menschlichkeit und der Glaube an die Menschheit an sich rüber, das hat Eschbach perfekt eingefangen.

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