Zehn eiserne Pfeile (Die Chroniken von Scar 2) – Sam Sykes

Was für ein Unterschied im Vergleich zum Auftakt der Reihe

Zehn eiserne Pfeile (Die Chroniken von Scar, Band 2) - Sam Sykes © Piper, grüner Hintergrund, weiße Pfeile, schwarzer Nebel
Zehn eiserne Pfeile © Piper

Sal Kakophonie ist zurück. Doch dieses Mal ist sie nicht in eigener Mission unterwegs, sondern erhält einen ungewöhnlichen Auftrag. Sie soll ein Artefakt aus der mächtigsten Flotte stehlen, die es auf der Welt gibt. Man nennt sie „Zehn Eiserne Pfeile“. Immerhin muss sie diese Aufgabe nicht allein bewältigen, sondern erhält Unterstützung. Doch wie bei ihr üblich, gibt es eine Menge Probleme, da ihr mächtige Feinde auflauern. Und sie hält weiterhin an dem Plan fest, all jene umzubringen, die ihr einst die Magie stahlen.

Deutliche Verbesserungen

Wenn man „Zehn eiserne Pfeile“ mit dem Serienauftakt „Sieben schwarze Klingen“ vergleicht, fällt auf, dass der Autor Sam Sykes sehr an der Qualität seines neuen Romans gearbeitet hat. Gefühlt konnte der Autor alle Mankos des Vorgängers beseitigen. Die Handlung ist nun charakterorientiert, die Figuren erhielten Tiefe, ohne dass die Action vernachlässigt wurde.

Genau wie der erste Teil von „Die Chroniken von Scar“ wird der Roman in einer Rückblende erzählt. Dieses Mal stürzt ein Luftschiff in einem abgelegenen Tal ab. Es gibt nur wenige Überlebende, zu denen auch Sal Kakophonie gehört. Während sie sich erholt und Vorbereitungen für einen gegnerischen Angriff trifft, erzählt sie den Bewohnern, was geschehen ist.

Statt Lärm eine wunderbare Melodie

Daraus folgt eine äußerst vergnügliche Geschichte, in der Sam Sykes die Action, die den ersten Roman ausgezeichnet hat, mit einer erstklassigen Charakterarbeit verknüpft. Um es metaphorisch auszudrücken, hat er den Lärm, den seine Heldin verursachte, stark zurückgefahren und dafür im Ausgleich eine wunderschöne Melodie erschaffen, die den Leser von Beginn an in ihren Bann zieht.

In „Zehn eiserne Pfeile“ erlebt man eine ernstere Sal Kakophonie. Vor allem in der Jetztzeithandlung spürt man, dass sie zwar nicht bereit ist, von ihrem eigentlichen Ziel zu lassen. Doch gleichzeitig wird ihr bewusst, dass ihre bisherige Vorgehensweise üble Konsequenzen nach sich zieht. Im ersten Band akzeptierte sie diese schulterzuckend, während sie hier innehält und nachdenkt.

Die anderen Instrumente, die mit zum Gefallen beitragen, sind die Nebenfiguren, die der Autor erstklassig ausbaut. Es ist eine bunte Truppe, mit der Sal zusammenarbeiten muss, um den Auftrag zu erfüllen. Zu der Gemeinschaft gehören: Ein eiskalter Killer, der kaum Emotionen zeigt, eine Belagerungsmagierin, die sich mit dem Einsatz ihrer Fähigkeiten zurückhält, da diese einen Preis fordern, sowie ein Zwillingspaar, darunter eine Portalmagierin. Ein ungewöhnliches Sammelsurium an Individuen, die allerdings genügend Platz erhalten, um sich zu entfalten. Man lernt diese Figuren im Laufe von „Zehn eiserne Pfeile“ kennen und sogar lieben. Keine Abziehfiguren, sondern Protagonisten, die mit ihren skurrilen Eigenschaften, mit ihren Flüchen oder vornehmen Gehabe, um nur zwei der vielen Marotten zu nennen, sich in des Lesers Herz schleichen.

Beide Seiten gleichermaßen grausam

Auch die Welt, in der die Handlung spielt, baut der Autor weiter aus. Man erfährt mehr über die Rebellion und das Kaiserreich. Offensichtlich wird, dass sich beide Konfliktparteien in Bezug auf Gräueltaten, mit denen sie ihre jeweiligen Ziele verfolgen, nichts nehmen. Sie sind zwei Seiten einer Medaille, weshalb es nicht verwundert, dass Sals Auftraggeber gleich beide vernichten will.

Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Action lastigen und ruhigen Szenen

Obwohl Sam Sykes in diesem Roman mehr stille Momente einbaut, bedeutet das nicht, dass er auf Action verzichtet. Noch immer gibt es jede Menge Szenen, in denen es kracht und knallt. Und vor allem das Finale kommt besonders grausam und brutal daher. Angesichts der Charakterisierungen und interessanten Enthüllungen, ist dies allerdings leicht zu verschmerzen. War „Sieben schwarze Klingen“ noch ein großes Blutbad mit oberflächlichen Charakterzeichnungen und übertriebener Action, hat der Autor hier die Hintergrundgeschichte ausgebaut und seiner „Die Chroniken von Scar“-Serie ein neues großes Ziel gegeben. Sal Rache steht nicht länger allein im Mittelpunkt. Vielmehr gilt es sich neuen Herausforderungen und mächtigen Gegnern zu stellen, die ein lebhaftes Interesse an einer weiteren Fortsetzung wecken. Es ist ein Unterschied wie zwischen Tag und Nacht.  Deutlich ruhiger kommt „Zehn Eiserne Pfeile“ daher und davon profitieren Geschichte und Handlung enorm.

Götz Piesbergen

Triggerwarnung: Gräueltaten und Gewalt

Zehn eiserne Pfeile
Die Chroniken von Scar 2
Sam Sykes, Übersetzung: Wolfgang Thon
Fantasy
Piper
April 2021
Buch
667
Sarah Borchart, Guter Punkt
100

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