Das würdige Ende einer langen Reise
Die Gefährten trennten sich in drei Gruppen auf und versuchen nun die drei Türme zu erreichen, um ihre Lichter erneut zu entzünden. Wanderer Weyd reitet auf Hengst Blìkna mit der Krähe Urth zum Grauen Turm im Norden, Bardin Caer mit Stute Raud, den Soldatinnen Jelscha und Menga und dem Gefangenen Baron Lurin zum Schwarzen Turm nach Osten. Und Richtung Süden zum Weißen Turm ist die Seefahrerin Bahr aufgebrochen, in Begleitung des sprachbegabten Andrin, des hochbetagten Jori und des tapferen Weißfuchs Bellitas. Auf ihrem Weg begegnen ihnen mächtige Gegner: das Nichts, das alles Leben verschluckt, und auch der Fahle Reiter und die Schatten bedrohen sie erneut. Dazu Stimmen, deren manipulativer Kraft sich auch der stärkste Held und die stärkste Heldin nicht entziehen kann.
Währenddessen setzen Lurins Soldaten in Briva ihr zerstörerisches Werk fort. Bürgermeisterin Reyd und Ratsherr Daípu werden vor der Stadt gefesselt gefangen gehalten. Das Willkommenslicht der Stadt ist erloschen, Weyd wird also nicht dorthin zurückfinden. Doch seine Schwester gibt nicht auf.
Ausweglos erscheint die Lage am Grauen Turm, wo Weyd einem Freund begegnet, der ein unmöglich erscheinendes Opfer von ihm verlangt. Im Schwarzen Turm erfahren die dort verbliebenen Gefährten, dass Lurin sie einmal mehr getäuscht hat. Und im Süden kämpfen sie verzweifelt gegen die Elemente Feuer und Wasser. Wird es ihnen dennoch gelingen, das Licht und den Klang nach Erebu zurückzubringen?
Charaktere, die wachsen
Das Finale der Wayfarer-Saga „Der Klang des Feuers“ strotzt nicht gerade vor Handlung und Action, sondern konzentriert sich auf die Geheimnisse der Furcht und die Entwicklung der Protagonist:innen. Die Seefahrerin und Feuerbeschwörerin Bahr setzt ihre Fähigkeiten und ihren Mut bei der Überquerung des Meeres wirkungsvoll ein und lässt nichts unversucht, um ihre Mission zu erfüllen. Caer erweist sich auch ohne Stimme als clevere, selbstbewusste und moralisch gefestigte Strategin, die Lurin seine finsteren Geheimnisse entlockt, ohne auf Gewalt zurückzugreifen. Zu Weyds Heldentaten schweigt die Rezensentin lieber.
Ein wenig langgezogen wirken die Szenen an den Türmen, ein wenig mehr hätte ich gern über Lurin erfahren. Bernard schneidet in dem Zusammenhang das Thema sexualisierte Gewalt an. Sie hätte es vielleicht noch ein wenig mehr aufarbeiten und Lurins Charakter noch etwas weiter ausloten können. Dagegen ist es der Autorin hervorragend gelungen vor allem jene Figuren strahlen zu lassen, die bisher eher Nebenrollen spielten, ohne sie ihrer besonderen Eigenarten zu berauben, oder zu sehr zu Held:innen zu stilisieren. Die rotzige Bahr und der Fuchs Bellitas sind vielleicht die besten Beispiele dafür.
Phantastisch mittelalterlich und zeitlos aktuell zugleich
»So viele waren gestorben, so viele bei der Überfahrt gestorben. Nun lagen ihre Leichen auf dem Grund des Ozeans, wo sie niemand sah, niemand hinsehen musste, niemand um sie wusste oder einen Gedanken an sie verschwendete. [S. 100]«
Neben sexualisierter Gewalt und angstschürender Falschinformationen sind Krieg und Vertreibung aktuelle Themen, die in „Der Klang des Feuers“ präsent sind. Im Nachwort erklärt C. E. Bernard, dass sie darauf geachtet hat, in der gesamten Wayfarer-Saga Geschehnisse zu beschreiben, die tatsächlich in der Menschheitsgeschichte vorkamen. Dazu kommt, dass die genannten Entwicklungen auf das Jahr 1000 n. Chr. und danach zurückgehen. Hier zeigt sich (wenig überraschend, trotzdem beachtenswert), dass sich die beschriebenen Übel durch weite Teile der Menschheitsgeschichte ziehen. Entsprechend verankerte die Autorin diese Themen in ihre Geschichte: sie sind ein Teil der beschriebenen Zeit und Welt, genauso wie in unserer. Dadurch ist es ihr eindrucksvoll gelungen, eine düstere Atmosphäre zu gestalten, in der ein kalter Hauch und Beklemmung spürbar sind.
Fazit
Stilistisch ist C.E. Bernard ihrem cineastischen Schreibstil treu geblieben, inklusiver der bereits aus den ersten beiden Teilen bekannten Umblendungen an andere Schauplätze. Dieses Stilmittel verstärkt wieder einmal die Sogwirkung des Erzählten. Der gefühlt zeitgleiche Einblick auf verschiedene unüberwindbar erscheinende Katastrophen lässt uns umso intensiver mitfiebern. So ist „Der Klang des Feuers“ eine szenenweise extrem düster gestaltete Fortsetzung der Wayfarer-Saga mit einem runden, stimmigen und doch überraschenden Abschluss. Und einer wichtigen zeitlosen Botschaft:
»Fürchtet nicht die Dunkelheit und ergebt Euch nicht der Furcht [S. 391]«
Eva Bergschneider
Triggerwarnung: Schmerz, Gewalt, Tod, Verstümmelungen, Folter
Eine weitere lesenswerte Rezension zu „Der Klang des Feuers“ findet ihr auf dem Blog Weltenwanderer.
Die Wayfarer-Saga, Band 3
Fantasy
Penhaligon Verlag
November 2021
Buch
416
Isabelle Hirtz, Inkcraft
84
Guten Morgen!
Ich fand den Abschluss auch wieder total klasse und ich liebe einfach den Schreibstil!
Du hast alles wunderbar in deiner Rezension zusammengefasst 🙂
Hab einen schönen vierten Advent!
Liebste Grüße, Aleshanee