Ein Spiel von Licht und Schatten (Nightside 2) – Simon R. Green

Skurril, skurriler, Nightside

Ein Spiel von Licht und Schatten © Feder & Schwert

John Taylor arbeitet als Privatdetektiv an einem bemerkenswerten Ort, der Nightside. Dies ist ein Teil Londons, in dem es immer drei Uhr nachts ist und den die seltsamsten Personen bevölkern. Frauen, wie Flintensuzie, die stets ihre Repetierschrotflinte im Anschlag hält und nur gute Laune hat, wenn sie abdrücken kann. Typen, wie der Sammler, der über Leichen geht, um ein seltenes, seltsames Stück zu bekommen. Alex, der Wirt im Strangefellows, der den Pub hermetisch abriegelt und auf olympischem Niveau Trübsal bläst. Und John Taylor, der die Gabe hat, Dinge zu finden. Besonders die, die nicht gefunden werden wollen. Dazu Dämonen, Werwölfe, Vampire, Untote, Ghoule, und Geister aller Art. Wenn es besonders schlimm kommt, sogar Engel.

Johns neuester Auftrag lautet, den Unheiligen Gral zu finden. Jenes Gefäß, aus dem Judas Iskariot beim letzten Abendmahl trank. Es verkörpert das ultimative Böse und verwandelt jeden, der es berührt. Johns Auftraggeber ist ein Typ namens Jude aus dem Vatikan und er bietet ein fürstliches Honorar. Und er bleibt nicht der einzige. Weiterte potenzielle Kunden treten an John heran, doch der bleibt stur. Er muss jedoch auf die althergebrachte Weise arbeiten: einschlägige Informanten abklappern, dubiose Orte der Nightside durchsuchen. Der Einsatz seiner magischen Gabe bleibt von anderen mit besonderen Talenten nicht unbemerkt.

Engel schwärmen in die Nightside aus und verfolgen ihn und jeden, der Informationen über den Gral hat. Mancher Schauplatz erweist sich als Massengrab, weil andere Interessenten John zuvorkamen. Nur auf eine Verbündete kann John Taylor zählen, auf Suzie Shooter. Die obendrein entzückt ist, eine neue Waffe, die sprechende Pistole, in die Hände zu bekommen. Allein sie kann Engel töten, aber zu welchem Preis? Der Wettlauf um den Gral gleicht einer hereinbrechenden Apokalypse.

Das heiterte Suzie ein wenig auf. „Du meinst, Türen eintreten, laute, bohrende Fragen stellen, Leben und Eigentum bedrohen und vielleicht ein Hauch von sinnloser Gewalt?“  „Ich dachte mehr an Indizien sammeln, Informationen verarbeiten und nützliche Theorien entwickeln. Auch wenn Deine Methode ebenfalls so einiges für sich hat.“ [S. 92]

Schräge Typen, kraftvolle Sprüche, Reminiszenzen an die Popkultur

 „Ein Spiel von Licht und Schatten“ ist der zweite Band der „Geschichten aus der Nightside“ Reihe von Simon R. Green, er lässt sich allerdings problemlos zum Einstieg lesen. Wie die Nightside und deren Bewohner ticken, wird nur allzu schnell klar: handfest, abgründig und skurril. Eine gute Portion Humor, zuweilen tiefschwarz, sorgt dafür, dass die teilweise gewaltvollen und ekligen Szenen erträglich bleiben. Maßlos überzogen dargestellte Aktionen und krude, coole Sprüche der Protagonisten sorgen für Spaß im Gruselkabinett.

Vor allen denkbaren Vertretern der Dark-Fantasy, drängen sich die Protagonisten John Taylor und Suzie Shooter in den Vordergrund des Geschehens. Die Handlung gleicht einer Schnitzeljagd durch die Geisterbahn. Sie führt zu den denkbar grässlichsten Orten und den niederträchtigsten Typen. Doch zu den Rätseln und dem allgegenwärtigen Terror gesellen sich auch melancholische Bilder und emotionale Szenen. Für Suzies kaltes und gewalttätiges Auftreten gibt es einen erschütternden Grund. Und auch John Taylor hat seine schwachen Seiten, über die man in den Folgebänden sicherlich noch mehr erfährt.

„Es war ein billiger Laden, bestehend aus hässlicher Tapete, grellem Licht und Platiktischtücher. [..] Die Spezialität der Hot&Spicy Kette sind extrem scharfe Chilis in allen Varianten, von denen der erste Löffel einem alle Plomben wegschmilzt und das Haar in Brand setzt. Chilis aus der Hölle. Drei Klos, keine Wartezeiten und das Toilettenpapier wird im Kühlschrank gelagert.“ [S. 96]

Storyaufbau überwiegend hakelig, am Ende überraschend rund.

An die Storyführung sollte man nicht allzu hohe Ansprüche stellen. Sie ist von einer logischen Abfolge weit entfernt. Suzie und John geraten auf der Suche nach Informationen an fiese Bastarde mit dem Talent, umgebende Personen mit ihren stärksten Ängsten zu konfrontieren. Der dort gefundenen Hinweis führt sie zu einem Bühnenkünstler, der seine bizarre Theater-Show einem untoten Publikum darbietet. Nachdem sie beide Orte in ein zerstörtes Chaos verwandelt haben, klingelt plötzlich Johns Handy. Ein alter Weggefährte verrät einfach so, wo sich der Gesuchte befindet. Dabei hatte John zuvor Erkundigungen bei seiner Juniorpartnerin Cathy eingeholt. Einer Dame mit den angeblich besten Beziehungen, die alle Informationen bereit und jeden Mitspieler im Auge behält.

An andere Stelle zückt John Taylor in letzter Sekunde einen magischen Trick als Rettungsanker und selbst Suzie fragt, warum es zuvor unbedingt die ganz harte Tour sein musste. Am Ende reißt der Autor das Ruder jedoch herum und präsentiert eine nicht ganz überraschende, aber absolut schlüssige und befriedigende Auflösung.

„Ein Spiel von Licht und Schatten“ lebt von den Sprüchen und Gags, von den Reminiszenzen an die Popkultur quer durch die Jahrzehnte. Selbst die Übersetzerinnen nutzten eine solche als Extra-Bonbon für das deutschsprachige Lesepublikum:

„Ich bin mit der Gesamtsituation unzufrieden, Taylor.“ [S. 129]

Simon R. Greens „Nightside“-Reihe erinnert an Jim Butchers „Harry Dresden“ Romane. Allerdings ist der Plot zumindest in diesem zweiten Teil weniger ausgereift. Dafür sind die Schauplätze und Akteure um einiges kaputter, schrulliger, schräger und noch absurder. Wer so etwas mag, wird an den „Geschichten aus der Nightside“ viel Freude haben.

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Eva Bergschneider

Ein Spiel von Licht und Schatten
Geschichten aus der Nightside-Band 2
Simon R. Green (Übersetzung: J. Abrahams und N. Schmidt)
Urban Fantasy
Feder & Schwert
Januar 2007
201

Funtastik-Faktor: 70

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