Ein Durchhänger im Maxwell’schen Serienvergnügen
Zeitreisen sind eine gefährliche Angelegenheit. Nicht nur das die Zeitreisenden, in unserem Fall die Agenten von St. Marys Institut, aufpassen müssen, ja die Zeitlinie nicht zu stören. Die Agenten selbst sind vor Unfällen, Heimsuchungen und Gewalt nicht gefeit. Nicht umsonst hinterlegt jeder Agent, bevor er oder sie das erste Mal in den Einsatz geht, sein oder ihr Testament.
Dr. Madeleine Maxwell, von jedem nur schlicht Max genannt, ist einem üblen Schicksal schon so manches Mal von der Klinge gesprungen. Vor Troja sah es so aus, als ob sie als Beute vergewaltigt und entsorgt würde. In Ägypten machten verrückte Wissenschaftler auf sie Jagd und die Dinosaurier waren ebenfalls schon hinter ihr her.
Doch das es sie ausgerechnet bei ihrem letzten aktiven Ausflug zur Schlacht von Azincourt erwischt und sie plötzlich und unerwartet ein rostiges Stück geschärften Eisens aus ihrem Bauch ragen sieht, kommt dann doch überraschend. Erstaunlicherweise rechnet nie jemand damit, dass so etwas ausgerechnet ihr oder ihm passiert
Statt aber ihre Vorangegangenen nach dem Flug durch eine Röhre im Licht zu erblicken, trifft sie auf Mrs. Partridge, die Muse. Und die versetzt sie fluchs in ein Paralleluniversum in dem – geschickt gemacht Jodi Taylor – Max´ Lover Leon noch unter den Lebenden weilt.
Dass beide von in Schwarz gekleideten Zeitpolizisten (seit der Gestapo haben Verfasser diese Kluft für Bösewichter abonniert ) gejagt und immer wieder gefunden werden, peppt das Wiedersehen zusätzlich auf. Wo auch immer sie sich hinbegeben – Ägypten, Mittelmeerinsel, Britannien oder Pompeji – die Schwarzkittel finden sie nach spätestens einer Stunde. Ihr kennt den Spruch von den zu vielen Hunden und Hasen?
Die Hoffnung auf die Rückkehr zur Qualität der Vorgänger stirbt zuletzt
„Miss Maxwells wunderliches Zeitversteck“ ist der vierte von bisher elf Originaltiteln um unsere wackere Historikerin. Bereits im dritten Band „Doktor Maxwells skurriles Zeitexperiment“ schlichen sich gewisse Längen ein, schlug die innere Logik so manche Kapriolen. Im vorliegenden Band wird dies nicht besser – auch, weil der Roman an Umfang noch einmal zugelegt hat.
Das soll ausdrücklich nicht heißen, dass Jodie Taylor das Talent zum Fabulieren eingebüßt hätte. Sie ist eine geborene Erzählerin. Wenn sie sich auf die Beschreibung der Abenteuer in der Vergangenheit konzentriert, schafft sie es mühelos, ihre Leserinnen und Leser an die Seiten zu fesseln. Weniger gelungen sind dagegen der Handlungsstrang um die Gerichtsverhandlung, der Kampf gegen die Zeitpolizei, die vielen glücklichen Zufälle und schließlich die Love-Story. Nicht dass ich Max ein bisschen persönliches Glück nicht gönnen würde. Nur leider wirken die Szenen aufgesetzt und stören den Lesefluss. Gerade was Kampfszenen betrifft, wirkt das Gebotene wie billiges Action-Kino ohne wirkliche Inspiration, ohne Finesse oder Plausibilität. Ach, würde Mrs. Taylor sich doch auf die Reisen in der Vergangenheit konzentrieren. In jenen Passagen finden wir all das Vermisste reichlich: Dynamik, Dramatik, Witz.
„Miss Maxwells wunderliches Zeitversteck“ ist ein Roman, der zwar Potential zeigt, jedoch so viel besser unterhalten würde, wenn die Autorin sich ein wenig kürzer gefasst hätte. Immerhin deutet die Handlung an, dass Taylor noch einige Ideen in der Hinterhand hat. Hoffen wir also auf einen nächsten Band, der wieder zur gewohnten Form aufläuft.
Carsten Kuhr
St. Mary's Chroniken, Band 4
Fantasy
Blanvalet Verlag
Juli 2021
507
Isabelle Hirtz
62
Ein Gedanke zu „Doktor Maxwells wunderliches Zeitversteck – Jodie Taylor“