Die düsteren Seiten des Vampirseins
Das 19 Jahre alte Pickelgesicht Martin studiert im eher beschaulichen Eichstätt und wird klischeegerecht unter einer Brücke im Regen gebissen und in einen Vampir verwandelt. Damit hat sich das Klischee auch so ziemlich erledigt und deshalb verweigert die Autorin dieser Besprechung jede weitere Inhaltsangabe, weil selbst der Klappentext nach ihrem Geschmack schon zu ausführlich ist.
Endlich mal ein ganz anderer Vampirroman! Weg von den knackigen Schönlingen und Diven als Blutsauger. Weg von der Mischung aus skrupelloser Brutalität und tief empfundener Liebe, die dann natürlich einem Wesen fremder Art gebührt. Er ist ein wenig schwer einzuordnen, weil er Elemente aus Horror, Krimi, Dark Fantasy und Urban Fantasy vereint.
Der Debütroman der Wahl-Schwedterin Andrea Weil beleuchtet die düsteren Seiten des Vampirdaseins, das von Zwängen dominiert wird. Diese Vampire können nicht einfach mal mit einem magischen Ring lustig in der Sonne herumspazieren oder den Tag zur Nacht machen. Er ist auch völlig frei von einer trivialen Liebesgeschichte, die durch die Andersartigkeit der Protagonisten ihren Plot bekommt. Was aber natürlich nicht heißt, dass er frei von romantischen Gefühlen wäre. Die Art und Weise, wie die Autorin die inneren Zwänge beschreibt, lässt den Leser das Gefangensein miterleben, schaudernd und mit sich sträubenden Nackenhaaren. Die Sklavin Alina bekommt Befehle vom Frischvampir Martin, die ihren eigenen Moralvorstellungen und Prinzipien diametral entgegengesetzt sind. Sie protestiert erfrischend dagegen und sucht nach Tricks, die Zwänge zu umgehen. Andersherum funktioniert das auch. Nämlich, wenn es eine Instanz von außen gibt, die vehement Menschlichkeit und Maßhalten von den Vampiren fordert. Damit schafft Weil ein großes Gleichnis: in den Verstrickungen der Welt gefangen zu sein und trotzdem an den eigenen Werten festzuhalten.
Das Buch spielt hauptsächlich in München und es macht Spaß, wenn einige Mitglieder des Ältestenrates bayrisch redn. Das lockert die Gemetzel etwas auf.
Kurz und knapp zur Größe finden
Es ist ein kurzer, knapper Roman, der die Protagonisten und ihr Verhalten auch kurz und knapp umreißt. Also nichts für Freunde der langen Epen, in denen die Vorgeschichte, Entwicklung und das Umfeld der Protagonisten ausführlich hinterfragt wird. Bei den Hauptfiguren Martin und Alina funktioniert das. Ausgezeichnet auch der Ausflug in die Nazivergangenheit der Vampirin Liza. Der geheimnisvolle Ravic und Schöpfer Martins bleibt geheimnisvoll. Da es mit ein wenig mehr als 200 Seiten ein abgeschlossener Roman ist, fehlt der Raum für wirkliche Tiefe und zwar vor allem bei den Gegenspielern. Warum der Böse sein böses Spiel treibt, bleibt zu sehr im Dunklen. Seine Motivation wird nur oberflächlich beschrieben und ist für den Leser nicht wirklich nachvollziehbar. Dabei hätte Weil das Talent dazu, genau wie bei dem Neu-Vampir Martin und seiner Sklavin Alina diese dringende Besessenheit von einer Idee auch nachfühlbar werden zu lassen.
Schade ist, dass der Roman schon nach diesen 200 Seiten vorbei war. Gerade als Vampir Martin anfing, sich mit seinem neuen Sein zu arrangieren und es ein spannendes Wechselspiel von ihm und seiner Sklavin gab. Der Debütroman lässt erahnen, dass die Autorin zu Größerem berufen ist. Ich freue mich auf Andrea Weils zweiten und dritten Roman.
Diese Rezension hat Gastrezensentin Amandara M. Schulzke geschrieben – Vielen Dank! ?
Vampire-Band 1
(Urban)-Fantasy
Fabylon-Verlag
Januar 2017
217
Funtastik-Faktor: 74