Das Reich der Grasländer 1-(Der letze König von Osten Ard 2) – Tad Williams

Das Verhängnis betrifft jedes Volk und jede Person

Das Reich der Grasländer 1 © Klett Cotta
Das Reich der Grasländer 1 © Klett Cotta

»„Was haben wir getan? Wir waren ein prächtiger, großer Trupp – der Geleittrupp des Prinzen und eines der höchsten Adligen von ganz Osten Ard. Jetzt sind wir ein lumpiger Rest, ein Fetzchen, das von zwei Seiten aufgeribbelt wird.“ « [S.117]

In „Die Hexenholzkrone“ traf Simons Enkel Morgan mit der Hand des Königs die Sithi. Nach der frostigen Begegnung überfielen Banditen aus dem Grasland die Abordnung des Hochhorst. Graf Eolair wurde gefangen genommen, während Morgan floh. Nun irrt er durch den Wald Aldheorte, hört in seinen Träumen die Stimme der Sithikönigin und trifft die Tschikri. Die seltsamen Wesen helfen ihm zu überleben, bis er im Nebeltal einem Ungeheuer gegenübersteht.

Königin Miriamel reiste nach Nabban zur Hochzeit von Graf Drusis und Komtess Turia. Willkommen fühlt sie sich dort nicht. Die Niskies, Wechselwesen, die am Hafen leben und die Stadt Nabban vor Seeungeheuern schützen, warnen vor einer kommenden Katastrophe. Und schließlich auch Graf Dallo, ein Gegner des herrschenden Herzog Saluceris. Auf der Hochzeit ereignet sich ein Überfall.

Als Überraschung offenbarte „Die Hexenholzkrone“, was aus Josuas Kindern Deonorth und Derra wurde. Josuas Sohn wuchs im Grasland auf und ist nun Unver, der Than des Hengst-Clan. Einige Thrithingbewohner sehen in ihm den neuen Shan, eine gottähnliche Figur aus der Mythologie des Graslands. Doch der selbsternannte Than der Thane, Rotbart, lockt Unver in eine Falle.

Derra wuchs bei den Astalinnischen Schwestern auf und lernte die Heilkunst. Auf Umwegen wurde sie eine Sklavin der Nornen und die Geliebte des Baumeisters Viyeki. Als der von der Nornenkönigin nach Naglimund geschickt wird, muss Tzoja (so heißt sie bei den Nornen) vor Vijekys Ehefrau fliehen. Und trifft auf ungewöhnliche Verbündete und Verräter.

In Naglimund beginnt der Krieg. Ritter Aelin kommt gerade rechtzeitig in die Stadt, um zu erkennen, dass sich hinter der Wolke am Boden ein tödlicher Feind verbirgt.

Auf Reisen in der Gegenwart und in die Vergangenheit

„Das Reich der Grasländer“ konzentriert sich im ersten Teil auf viele verschiedene Protagonisten und schickt einige von ihnen auf Reisen. Die für die Fantasy typische Quest feiert ein Comeback. Neben den Protagonisten Morgan und Miriamel begeben sich weitere Personen – freiwillig oder unfreiwillig – auf eine Fahrt ins Ungewisse. Nezeru, Nornen-Mensch Mischling, verlässt ihren Trupp, der den Drachen transportiert, und gerät in die Gefangenschaft der Kampfharpyrien. Tiamaks Gehilfe Bruder Etan folgt immer noch den längst erkalteten Spuren Josuas. Den Zuhause verblieben ergeht es jedoch nicht besser.

Im Hochhorst wirft eine bösartige Intrige ihre Schatten voraus, von der König Simon nichts ahnt. Der einst so entschlossene Held wirkt müde und ohne Miriamel an seiner Seite hilflos. Dem ersten Teil von „Das Reich der Grasländer“ fehlen die ganz großen überraschenden Wendungen und Aktionen. Vielmehr verdichten sich die Hinweise darauf, dass ein gewaltiger Umsturz auf das Königreich zukommt. Tad Williams lässt die Protagonisten reifen und lernen und vermittelt uns und ihnen noch mehr Hintergründe über die komplexe Welt von Osten Ard. Die Atmosphäre bleibt überwiegend melancholisch, obwohl den Trollen ihre markanten Redensarten nicht ausgehen. Doch auch sie, vor allem Binabik und seine Tochter Qina, tragen Konflikte aus und treffen schwere Entscheidungen.

Gesellschaftliche Verbrechen führen zu politischen Verschwörungen

Was sich in den letzten 30 Jahren in Osten Ard ereignete und nun an die Oberfläche brodelt, reicht weiter, als bisher beschrieben. Neben dem, was sich an Konflikten und Unheil abzeichnet, erfahren wir mehr darüber, was die Nornen und die Unruhestifter in Nabban antreibt, den Hochkönigsbann anzugreifen. Dabei erinnert vieles an gegenwärtige politische Konflikte in unserer Realität, zum Beispiel die Siedlungspolitik Nabbans auf dem Gebiet der Grasländer.

»„Doch jetzt, „ dachte er „rasseln törichte, nabbanaische Adlige unter Drusis‘ Führung mit dem Schwert und reden täglich davon, „die Barbaren zu züchtigen““, während sie ihre neuen Gehöfte und Siedlungen immer weiter auf Thrithinggebiet verschieben. Allen Göttern sei Dank, dass Herzog Saluceris mehr Verstand hat, als die Übrigen. Zumal, wenn sich im Norden die Nornen wieder erheben.““ « [S.219]

Ich fühlte mich an die aggressive Siedlungspolitik Israels erinnert, die mit Wohngebieten auf palästinensischem Gebiet Tatsachen schaffen, UN Resolutionen missachten und Konflikte provozieren.
Nornen und Sithi bildeten ursprünglich gemeinsam das Volk der Keida’ya. Wir erfahren, warum es zu einem Zerwürfnis kam und die Hikeda’ya (Nornen) sich weit in den Norden und die Zida’ya (Sithi) in das Waldgebiet der Aldehorte zurückzogen. Auch hier bieten sich Parallelen zu historischen Vertreibungsschicksalen geradezu an. Dazu bilden Unterdrückung, Versklavung oder Missachtung von Völkern und Spezies wiederholt den Hintergrund zur Handlung. Welches Volk wird sich erheben? Und was wird das Königspaar unternehmen? Die weiteren Bände von „Der letzte König von Osten Ard“ werden Geschichten um diese Fragen erzählen.

Teil zwei ist bereits in Reichweite

„Das Reich der Grasländer“ Teil zwei der deutschsprachigen Ausgabe steht zum Glück schon in den Startlöchern und erscheint im Juni 2020. Trotzdem dass es in Teil eins eher gemächlich zuging und die großen Überraschungen fehlen, erwächst aus den Hintergründen und Entwicklungen Substanz und Spannung. Beides dürfte eine fruchtbare Basis für entscheidende Ereignisse im zweiten Teil sein.

Eva Bergschneider

Das Reich der Grasländer (Teil 1 der deutschsprachigen Ausgabe)
Der letze König von Osten Ard, Band 2
Tad Williams (Übersetzung: Cornelia Holfelder von der Tann und Wolfram Ströle)
Fantasy
Klett Cotta
März 2020
664
Max Meinzold

Funtastik-Faktor: 82

Schreibe einen Kommentar