Im Refugium der Schwingen – Marie Brennan

Eine Drachen-Saga, die hervorsticht

Im Refugium der Schwingen - Marie Brennan © Cross Cult Verlag
Im Refugium der Schwingen © Cross Cult Verlag

Lady Trent hat fast alles erreicht, von dem sie geträumt hat. Zweimal hat sie ihre Liebe gefunden. Sie heiratete einen Mann, der sie nicht nur als nett anzusehendes Anhängsel betrachtete. Sondern ihren Intellekt ebenso schätzte und ihre Ambitionen unterstützte. Einen Sohn brachte sie zur Welt und erwarb sich unter den Gelehrten Reputation.

Dank ihrer gefährlichen, skandalösen Forschungsexpeditionen klärte die Wissenschaft Mysterien um Drachen auf. Man erwarb Wissen und machte bahnbrechende Entdeckungen. Mehr noch, dank ihres ebenso forschen wie aufopfernden Einsatzes, trat Lady Trent Türen auf, die den Vertreterinnen ihres Geschlechts bis dahin verschlossen waren. Ein letztes Ziel allerdings erreichte sie bislang nicht. Die Aufnahme ins Philosophen-Kolloquium blieb ihr bis dato verwehrt.

Anlässlich eines Vortrags ihres Gatten spricht ein Yelangese Lady Trent an, der ihr ein unwiderstehliches Angebot unterbreitet. Für die politische Unterstützung einer Rebellengruppe würde er sie zum Fundort eines nicht verwesten Drachenkörpers führen. Jeder der Lady Trent kennt, kann sich vorstellen, wie unwiderstehlich dieses Lockmittel für unsere wackere Forscherin ist. So begibt sie sich an Bord eines Caeligers ins unwirtlich-majestätische Mrtyahaimagebirge, begleitet von ihrem erprobten Expeditionsteam. In „Im Refugium der Schwingen“ macht sich die Gruppe ein letztes Mal auf, das Überbleibsel aus einer lang vergessenen Zeit zu suchen. Selbst in dieser unwirtlichen Gegend, umgeben von riesigen Bergmassiven und in einer Höhe, in der man kaum atmen kann, verfolgen sie Feinde aus der Heimat. Dennoch stößt das Team auf weit interessantere Phänomene, als es je erwartet oder erhofft hätte.

Ein positives Resümee

Band fünf der Memoiren Lady Trents liegt vor, respektive hinter mir. Zeit, sich nicht nur mit dem vorliegenden Roman, sondern auch noch einmal mit der ganzen Reihe zu beschäftigen.

Im Lauf der Jahrzehnte haben sich so einige Autoren des Mythos um Drachen angenommen. In Michael Endes „Unendlicher Geschichte“ kommt ein fliegender Lindwurm vor. Die zu Unrecht vergessene Anne McCaffrey hat mit den „Drachenreitern von Pern“ eine umfassende Reihe um die Fabelwesen vorgelegt. Christopher Paolini, Naomi Novik und Akram El-Bahay haben sich in den letzten Jahren dieses Themas angenommen. Marie Brennans fünfbändige Saga um Lady Trents Memoiren sticht aus dieser beispielhaften Aufzählung jedoch hervor.

Zum einen deshalb, weil sie uns eine vergleichsweise vage erkundete Welt des 19. Jahrhunderts anbietet, in der die weißen Flecken auf der Landkarte noch weit größer waren, als das bekannte Territorium. In denen die Forschung noch sensationelle Entdeckungen en masse präsentieren konnte. In erster Linie ist diese Reihe jedoch deswegen etwas Besonderes, weil die Autorin uns eine Protagonistin vorstellte, die eindrucksvoll für Gleichberechtigung eintritt. Eine Suffragette im positivsten Sinn, eine mutige Frau, die sich mit ganzem Einsatz ihrer Forschung widmet. Lady Trent ist eine Figur, die uns jede Menge Respekt abnötigt. Die wir bewundern können und der wir gerne in ihre Abenteuer folgen.

Nachdem sie Vorderindien, Afrika, die Südsee und Arabien bereist und deren Drachenrelikte erforscht hat, zieht es sie dieses Mal auf das höchste Gebirgsmassiv der Welt. Auch wenn in der ersten Hälfte des Romans wenig Dramatisches passiert, bildet die Darstellung der umfangreichen Reisevorbereitungen eine solide Grundlage für die anschließenden sensationellen Entdeckungen. Ohne hier zu viel verraten zu wollen, sei angemerkt, dass Lady Trent in ihrem letzten Abenteuer ihren ganzen, beträchtlichen Mut und ihre ebenfalls nicht unerhebliche Erfahrung auffahren muss. Dazu kommt eine gehörige Portion Glück, mit der sie die Fährnisse heil übersteht und am Ende ihr Ziel erreicht.

Marie Brennan hat mit ihrer Saga nicht nur das Sittenbild einer elisabethanischen Zeit hinterfragt, sondern mit der Art der Erforschung von Drachen für jede Menge Sense of Wonder gesorgt. Dabei hat sie über fünf Bände ihrer Saga hinweg die Figuren glaubwürdig und in sich nachvollziehbar fortentwickelt und uns jede Menge exotischer Handlungsschauplätze präsentiert. Dabei gelang es ihr ihre Leser stets ebenso packend, wie anrührend unterhalten. Das ist wahrlich nicht das Schlechteste, was man über eine Roman-Reihe sagen kann!

DANKE, DANKE an Gastrezensent Carsten Kuhr, der uns diese besondere Reihe vorgestellt hat.

Im Refugium der Schwingen
Lady Trents Memoiren Band 5
Marie Brennan, Übersetzer Andrea Blendl
Fantasy
Cross Cult Verlag
März 2019
399

Funtstik-Faktor: 78

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